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Diskussion, nicht Vision

Henrik Böhme8. Juni 2004

Diese Woche treffen sich die Wirtschaftsmächte der G8 zu ihrem Gipfel. In Sea Island stellt US-Präsident George W. Bush seine Nahost-Visionen vorerst zurück versucht sich im Dialog. Doch nicht alle wollten mitreden.

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George W. Bush will redenBild: AP

Es ist wie immer, wenn sich die Chefs der sieben wichtigsten Industriestaaten und Russlands treffen: Die Tagesordnung der G8 ist prall gefüllt, und es gibt eine lange Themenliste, die abgearbeitet werden soll. Für den Gastgeber, den US-Präsidenten George W. Bush ist eines ganz besonders wichtig: Er will, dass von Sea Island ein Signal der Geschlossenheit der westlichen Welt ausgeht. Nach dem Streit um den Irak-Krieg sei das wichtig - so sieht man das auch in deutschen Regierungskreisen in Berlin. Zum sichtbaren Bemühen um Harmonie soll auch ein formelles Treffen des amerikanischen Präsidenten mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder beitragen - es soll unmittelbar nach Schröders Ankunft in Sea Island am Dienstag (8.6.) stattfinden.

Dialog statt amerikanische Vision

Auf dem Weltwirtschaftsgipfel soll der arabischen Welt ein Angebot für eine engere Zusammenarbeit gemacht werden. Eigentlich wollte George W. Bush die von ihm angestoßene "Vision eines befriedeten und demokratischen Nahen Ostens" ("Greater Middle East Initiative") in den Mittelpunkt stellen. Diese Initiative aber ist nicht nur in der arabischen Welt auf schroffe Ablehnung gestoßen, sondern war auch innerhalb der G8 sehr umstritten.

In der jetzt geplanten politischen Deklaration wird viel mehr ein Dialog angeboten - um nicht den Eindruck zu erwecken, man wolle der anderen Seite Vorstellungen über die weitere politische Entwicklung aufdrücken. Für viele Beobachter wird die Suche nach einer gemeinsamen Strategie für den Nahen und Mittleren Osten zu einem Testfall für einen neuen transatlantischen Konsens zwischen Europa und Amerika.

Wohl auch, um diesem Thema Nachdruck zu verleihen, hat der US-Präsident einige Staatschefs aus der Region nach Sea Island eingeladen. Kommen werden die Premiers der Türkei und Afghanistans, die Könige von Bahrein und Jordanien und der Präsident Jemens. Ägypten und Tunesien schlugen die Einladung aus.

Optimismus bei der Weltwirtschaft

Werden beim Thema Nahost kaum Fortschritte erwartet, sieht es bei den wirtschaftlichen Fragen anders aus: Denn die Aussichten der Weltwirtschaft sind seit 15 Jahren nicht mehr so gut gewesen wie heute: Das Wachstum beträgt weltweit im Schnitt vier Prozent - und das Umfeld wird von den G8 sehr positiv gesehen: Denn die wirtschaftliche Erholung findet mit Ausnahme von Teilen Afrikas praktisch überall statt.

Besonders die Zuwächse in Japan und den USA, aber auch in Ländern wie Brasilien oder den Beitrittsländern der Europäischen Union seien erfreulich, heißt es in Berlin aus dem Umfeld des Bundeskanzlers. Die Globalisierung habe für viele Länder positive Effekte. Positiv sehen die G8 auch die Entwicklung des Weltwährungssystems. Die Lage auf den internationalen Ölmärkten wird auf dem Gipfel sicher eine Rolle spielen - wohl aber gäbe es keinen Anlass, die Sache zu dramatisieren: Schließlich seien es vor allem Marktprozesse und nicht Terroranschläge, die den Ölpreis nach oben getrieben hätten.

Acht Reiche und viele Arme

Weiterhin will sich die Runde der Acht mit der weiteren Entwicklung des Welthandels befassen - allem voran mit der EU-Initiative, die zum Ziel hat, die Agrarexportsubventionen zu beenden. Hier liegt der Ball jetzt im Feld der Amerikaner. Auf der Tagesordnung steht außerdem die Entschuldungsinitiative der G8 für die ärmsten Staaten der Welt, beschlossen auf dem Kölner Gipfel im Jahr 1999. (HIPC-Initiative - Heavily Indebted Poor Countries). Hier will sich der Bundeskanzler für eine Fortführung einsetzen. Deutschland - so heißt es in Berlin - werde sich der Aufnahme von zehn weiteren Ländern, denen die Schulden erlassen werden sollen, nicht verschliessen.

Neben zahlreiche weiteren Themen wollen die G 8 auch eine Zwischenbilanz ihres Afrika-Aktionsplanes ziehen, der vor zwei Jahren beim Gipfel in Kanada beschlossen worden war. Er gilt als Antwort der G8 auf die sogenannte NEPAD-Initiative (New Partnership for Africa´s Development) einiger afrikanischer Staaten - die im Westen oft mit dem Marshall-Plan (für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg) verglichen wird. Dazu hat Gastgeber George W. Bush in der Tradition der vergangenen drei Gipfeltreffen wieder einige afrikanische Staatsmänner eingeladen (Algerien, Ghana, Nigeria, Senegal, Südafrika, Uganda).

Eine Insel wird zur Festung

Stattfinden wird das Gipfeltreffen unter extremen Sicherheitsvorkehrungen. Das begann mit der Wahl des Tagungsortes: Seal Island ist eine rund acht Kilometer lange Insel im Atlantik vor der Küste des US-Bundesstaates Georgia. Das Luxushotel "Sea Island Resort" ist hermetisch abgeriegelt, inclusive Flugabwehrraketen und Luftraumüberwachung. 20.000 Beamte der US-Polizei werden im Einsatz sein. Weit entfernt werden auch die zahlreichen Journalisten aus aller Welt und mögliche Demonstranten gehalten: Sie müssen den Gipfel aus gut 100 Kilometer Entfernung beobachten - von der Küstenstadt Savannah aus.