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Investigativer Journalismus in der digitalen Ära

Jennifer Fraczek3. Dezember 2013

Moderne Datentechnik erleichtert die Arbeit von Journalisten - und erschwert sie zugleich. Denn Analyse- und Kommunikationsmöglichkeiten, die sie zur Recherche nutzen, werden auch gegen sie eingesetzt.

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Symbol Offshore Leaks APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Bild: picture alliance/APA/picturedesk.com

Wichtige journalistische Arbeiten der jüngsten Vergangenheit wäre ohne digitale Technik nicht möglich gewesen. Beispiel Offshore-Leaks: 1,5 Millionen Daten mit einem Volumen von weit mehr als 200 Gigabyte wurden Journalisten zugespielt. Darunter waren E-Mails, Pdf-Dateien, Bilder und Datenbanksätze. Ohne spezielle Software wäre es den Rechercheuren unmöglich gewesen, zu ihren Lebzeiten die Daten zu analysieren und zu einer Geschichte über zwielichtige Geschäfte in Steueroasen zu verdichten.

Das sind die segensreichen Auswirkungen der Digitalisierung: Software hilft bei der Datenanalyse, das Internet bei der Suche nach Geschichten und möglichen Informanten. Interessiert sich ein Journalist etwa für eine spezielle Firma oder Behörde, kann er über Karriereportale nach ehemaligen Mitarbeitern suchen. Lebensläufe und Tätigkeitsprofile geben mitunter erste Einblicke in Tätigkeiten von Firmen, wenn Mitarbeiter dort zum Beispiel ihre Aufgaben beschreiben.

Internet kein Garant für Informationsfreiheit

Aber natürlich wissen nicht nur Journalisten, wie man sich Informationen beschafft und sie durchforstet. Dieselben oder ähnliche Techniken, die sie für Recherchen nutzen, verwenden Staaten und deren Geheimdienste, um E-Mails oder Gespräche herauszufiltern, die sie für verdächtig halten. Das wiederum erschwert die Arbeit von Journalisten - vor allem in Ländern, wo die Pressefreiheit eingeschränkt ist oder gar nicht existiert.

Symbolbild Bürgerjournalismus foto: Richard Gutjahr, DPA (http://gutjahr.biz/blog)
Hilfreiche Elektronik: In Ägypten zeichnet eine Frau mit dem Handy Szenen einer Demonstration aufBild: picture-alliance/dpa

Die digitale Revolution und das Internet sind für sich genommen keine Garanten für Informationsfreiheit. "Sie bieten neue Chancen, aber auch viele neue Risiken", sagt Hauke Gierow von der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen. Während professionelle Blogs oder Bürgerjournalismus einerseits zur Informationsfreiheit beitrügen, verschaffe die Digitalisierung repressiven Regierungen andererseits die Möglichkeit, den Internetverkehr flächendeckend zu überwachen oder den Zugang zu bestimmten Webseiten zu erschweren. In China etwa werde die Geschwindigkeit der Datenübertragung bei der Eingabe bestimmter Suchbegriffe für eine gewisse Zeit gedrosselt, sagt Gierow.

Schutz von Informanten erschwert

Das Problem der Überwachung, das haben die Enthüllungen von Whistleblower Edward Snowden gelehrt, gibt es nicht nur in Diktaturen. Der Journalist Sebastian Mondial, der an den Offshore-Leaks maßgeblich beteiligt war, macht sich vor allem um den Informantenschutz Sorgen - auch in demokratischen Staaten.

Sebastian Mondial Foto: Sebastian Mondial
Sebastian Mondial: Sorge um InformantenBild: Sebastian Mondial

Mondial empfiehlt, beim ersten Kontakt unbedingt darauf zu achten, dass Informant und Journalist nicht über Inhalte sprechen und die Identitäten geheim bleiben. "Einige Medienunternehmen haben mittlerweile sichere Dropboxen, über die man mitteilen kann, dass man Informationen hat, die man den Journalisten gerne weitergeben möchte." Die Journalisten könnten dann über einen sicheren Rückkanal Interesse bekunden und sich verabreden.

Auch rät Mondial von der beruflichen Nutzung bestimmter Dienste ab. Skype etwa habe eine sogenannte Lawful-Interception-Schnittstelle, über die Polizei und Strafverfolgungsbehörden auf Daten zugreifen können - die Befugnisse von Geheimdiensten gingen in der Regel darüber hinaus. Ähnliches gelte für Facebook.

Anonym oder verschlüsselt

Hauke Gierow plädiert für den Einsatz von Verschlüsselungstechniken und hofft auf deren schnelle Verbreitung. "Denn je mehr verschlüsselte Kommunikation es insgesamt gibt, desto unauffälliger ist eine individuelle verschlüsselte Kommunikation." Das heißt, eine brisante, verschlüsselte Mail würde in einer großen Masse verschlüsselter Mails nicht mehr so stark auffallen und der Überwachung möglicherweise entgehen. Auch anonymes Surfen, etwa über das Tor-Netzwerk, sei eine Möglichkeit.

Dem Thema "Digitale Sicherheit für Journalisten" widmet sich ein Workshop der DW-Akademie, der noch bis zum 6. Dezember dauert und an dem unter anderem Hauke Gierow und Sebastian Mondial teilnehmen. In Live-Online-Seminaren werden verschiedene Aspekte besprochen: Am Mittwoch (15.00 Uhr) geht es um digitale Spuren, am Donnerstag (14.00 Uhr) um Spähangriffe auf Journalisten und am Freitag um eine sichere Smartphonenutzung (14.00 Uhr) sowie gefährliche Links und Attachments (16.00 Uhr).