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Die Rückkehr der UNO

Heinrich Bergstresser9. Juni 2004

Schwere Krisen sind noch immer die stärkste Triebfeder für Veränderungen. Diesen Grundsatz müssen auch die USA anerkennen. Die Irak-Resolution und die Rolle der UNO kommentiert Heinrich Bergstresser.

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Es ist vollbracht, könnte man meinen. Die UNO und ihr Sicherheitsrat sind nach der einstimmig verabschiedeten Irak-Resolution wieder ins Zentrum der internationalen Diplomatie gerückt. Es wäre schön, wenn es immer so einfach wäre. Denn dann könnten wirklich gefährliche Brandherde dieser Welt leichter gelöscht, könnten bestehende Konflikte leichter gelöst und drohende Konflikte vielleicht schon im Vorfeld leichter abgewendet werden.

Die Bombenattentate im Irak am Tag der Verabschiedung der Resolution sprechen eine deutliche Sprache über das, was die internationale Gemeinschaft im Irak und in der Region noch auf unbestimmte Zeit hinaus erwartet. Schon deshalb war eine Resolution nach Kapitel VII der UN-Charta notwendig, die nur Anwendung findet, wenn der Sicherheitsrat den Weltfrieden gefährdet sieht.

Zurück zum Ursprung

Der Problemfall Irak - und damit auch die Problemregion Nah- und Mittel-Ost - ist wieder dort angesiedelt, wo er auch hingehört: bei den Vereinten Nationen. So schwer die Last auch wiegt, die die USA und Großbritannien hinterlassen haben - die angestrebte Entschuldung beim Pariser Club beleuchtet dabei nur die Finanzseite - es geht kein Weg an einer gemeinsamen Strategie zur Befriedung und Stabilisierung der Region vorbei. Und die kann nur mit den Irakern und den Nachbarstaaten erarbeitet und durchgesetzt werden, nicht ohne oder gar gegen sie. Doch liegt da das eigentliche Problem: Die arabischen Potentaten und politischen Führer, die radikales Gedankengut teils stärker verinnerlicht haben als sie öffentlich zugeben, zu überzeugen, dass dieser Weg letztlich ins Verderben führt.

Noch liegt kein wirklicher und überzeugender Masterplan vor, geschweige denn ein Lösungweg. Aber allein schon das eng gesteckte Zeitfenster des Überganges zu einer legitim gewählten Regierung und die allgemein akzeptierte führende Rolle der UNO bieten überhaupt erst einmal die Chance, einen politischen Prozess zur Stabilisierung des Irak beginnen zu können.

Nächstes Ziel: Glaubwürdigkeit

Für die USA und ihre Koalitionäre ist diese Resolution sowohl bitter wie auch süß. Denn sie zeigt dem selbst ernannten Weltpolizisten seine politischen und auch militärischen Grenzen auf und zeigt der ganzen Welt, dass transnationale Konflikte sich ohne die UNO zu Flächenbränden entwickeln können, die dann wirklich den Weltfrieden bedrohen. Der Brief von Colin Powell an den Sicherheitsrat, in dem die USA den Schutz der UN-Mitarbeiter im Irak garantieren, ist mehr als nur eine Geste. Er belegt die bittere Erkenntnis der Supermacht, nur mit der UNO aus dem selbst verschuldeten Dilemma herauszukommen - mit schweren Blessuren und ein bisschen Machtverlust zwar, aber einer einigermaßen erträglichen Gesichtswahrung. Und dies versüßt den USA ihr Einlenken ein wenig.

Die internationale Gemeinschaft geht einen schweren Gang. Denn die Glaubwürdigkeit der USA in der Region, es ernst zu meinen mit Frieden, Stabilität und Entwicklung, ist fast auf den Nullpunkt gesunken. Aber auch das Image der UNO ist nach den Erfahrungen der vergangenen 15 Jahre alles andere als positiv. Das hat zur Folge, dass die unmittelbare Hauptaufgabe nur sein kann, ein Mindestmaß an Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufzubauen. Man kann nur hoffen, dass Kofi Annan, Lahkdar Brahimi und ihre Teams die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft - allen voran der USA - erhalten, die notwendig ist, die Ausweitung von Chaos und Terror zu verhindern. Es gibt nämlich keine andere Institution als die UNO, die die moralische Autorität und auch die militärische Macht besitzt - wenn es politisch gewollt ist - den Konfliktherd Nah- und Mittelost im Sinne der UN-Charta zu befrieden.