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"Die 'Oath Keepers' gießen Öl ins Feuer"

Michael Knigge / cr12. August 2015

Die bewaffnete Anti-Regierungsgruppe "Oath Keepers" patroulliert durch Ferguson. Die Gruppe könnte die explosive Situation weiter verschärfen, sagt US-Extremismusforscher Mark Potok.

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Oath Keepers in Ferguson (Foto: AFP)
Bild: M. B. Thomas/AFP/Getty Images

DW: Laut Medienberichten wurden während der Proteste am Jahrestag der tödlichen Schüsse auf Michael Brown bewaffnete Mitglieder der regierungsfeindlichen Gruppe "Oath Keepers" auf den Straßen von Ferguson gesehen. Können Sie das bestätigen?

Potok: Es wurde in einer ganzen Reihe von Medienberichten bestätigt und ich habe keinen Zweifel, dass es stimmt. Wir haben außerdem gesehen, dass die "Oath Keepers" über ihre Präsenz in Ferguson geschrieben haben. Das erstaunliche ist, dass sie in diesem Fall "Reporter" einer Organisation, die sich "Infowars" nennt, beschützen wollten. Das ist allerdings keineswegs ein Nachrichtenunternehmen, sondern eine Webseite für Verschwörungstheorien.

Für diejenigen, die sich mit den "Oath Keepers" nicht auskennen: Können Sie erklären, an welcher Stelle sie im breiten Spektrum der Regierungsgegner in den USA stehen?

Die "Oath Keepers" wurden 2009 gegründet, kurz nach Amtsantritt von unserem ersten schwarzen Präsidenten Barack Obama. Sie waren Teil der Reaktion der politischen Rechten in diesem Land. Wir haben eine enorme Anzahl von regierungsfeindlichen Gruppen, die nach der Wahl Obamas wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Die "Oath Keepers" behaupten, dass sie einfach eine Gruppe aufrechter Bürger sind, die die Verfassung verteidigen wollen. Ihr Name – auf Deutsch: "Hüter des Eides" - geht zurück auf die Idee, einen Eid auf die Verteidigung der Verfassung abzulegen, so wie es Ordnungskräfte und Armeeangehörige in diesem Land tun.

Aber in Wirklichkeit stimmt das nicht. Die "Oath Keepers" sind eine Organisation die völlig von lächerlichen Verschwörungstheorien durchsetzt ist. Und das wird offensichtlich, wenn man sich das Dokument "Die zehn Befehle, denen wir uns nicht beugen werden", einer Art Kernprogramm der Gruppe, anschaut. Die "Oath Keepers", zumindest ihre Führung, setzt sich aus aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Polizei und des Militärs zusammen. Unter den Befehlen in dem Dokument, denen sie nicht folgen wollen, sind Dinge wie: die Amerikaner in Konzentrationslager treiben, Städte militärisch abriegeln und so weiter. Das alles hängt im Kern mit Verschwörungstheorien der radikalen Rechten in diesem Land zusammen. Diese Leute glauben pauschal, dass die Vereinigten Staaten oder geheime Eliten innerhalb der Regierung kurz davor sind, das Kriegsrecht auszurufen, den Amerikanern die Waffen wegzunehmen und letztendlich diejenigen, die sich widersetzen, in Konzentrationslager zu stecken. Solche Leute gibt es da draußen.

Porträt Mark Potok (Foto: privat)
US-Extremismusforscher Mark PotokBild: privat

Zurück zu Ferguson, wo ja wegen des Jahrestags der tödlichen Schüsse auf Michael Brown der Notstand ausgerufen wurde: Ist es unter diesen Umständen rechtlich erlaubt für eine Gruppe von Männern, bewaffnet und in Tarnfleck, auf die Straßen zu gehen?

Das hängt von den regionalen Gesetzen ab. Und dort ist es offensichtlich erlaubt, die Waffe "offen zu tragen", wie diese Leute das ausdrücken. Während sie sich rein rechtlich nichts zuschulden kommen lassen, beschweren sich Polizisten in und um Ferguson, dass sie die ohnehin schon explosive Situation noch weiter verschärfen. Die "Oath Keepers", die in den vergangenen Tagen nach Ferguson gekommen sind, sind in Wirklichkeit weiße Männer, die große Waffen in einer Menschenmenge tragen, die hauptsächlich aus Schwarzen besteht, und die sie, wie ich vermute, im Wesentlichen als Feinde wahrnehmen. Sie gießen Öl ins Feuer und es besteht eine echte Gefahr, dass dieses Feuer außer Kontrolle gerät.

Die "Oath Keepers" sagen, dass sie helfen, Frieden zu schaffen und Polizei und Medien in Ferguson beschützen, wie sie eben erwähnten. Aber was glauben Sie, ist der wahre Grund?

Ich glaube, da gibt es eine ziemlich offensichtliche rassistische Komponente in dieser Sache. Die Idee, die Verfassung zu verteidigen, haben sie übersetzt und verteidigen nun die Polizei, die Medien oder wen auch immer gegen die Menschenmenge in Ferguson, die ja ihrerseits für die Bürgerrechte und gegen die Polizeigewalt gegen Schwarze kämpft. Das ist recht typisch für die "Oath Keepers". Sie neigen dazu, sich selbst in diese explosiven Situationen einzubringen und ich denke, das tun sie hauptsächlich, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Und wieder einmal haben sie es geschafft.

Mark Potok vom Southern Poverty Law Center ist einer der führenden Extermismusforscher in den USA.

Das Interview führte Michael Knigge.