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Liberias Präsidentin

11. November 2009

Ellen Johnson-Sirleaf ist die erste Präsidentin Liberias und auch das erste weibliche Staatsoberhaupt Afrikas. Jetzt erscheint ihre Autobiographie "Mein Leben für Liberia" in deutscher Übersetzung.

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picture-alliance/Zuma PRess (Foto: Ellen Johnson-Sirleaf)
Eine starke Frau - Ellen Johnson-Sirleaf, die erste weibliche Präsidentin AfrikasBild: picture-alliance / s65 / ZUMA Press

Der 16. Januar 2006 ist ein Tag, der Liberia für immer verändert. Zum ersten Mal in der Geschichte Afrikas kommt in dem kriegsgeschüttelten Land eine Frau an die Macht: Ellen Johnson-Sirleaf. Große Aufgaben warten auf sie. Denn nach 14 Jahren Krieg muss sie Liberia wieder aufbauen, die Korruption bekämpfen und neue Jobs für die Kindersoldaten finden. Ein unmöglicher Job, doch Ellen Johnson-Sirleaf schafft es. Sie gibt einer schon fast abgeschriebenen Krisenregion die Zuversicht zurück. Ihre Autobiographie mit mehr als 400 Seiten halten manche für den Gründungsmythos des neuen Liberia. Die Autorin selbst ist da bescheidener. Für sie ist das Buch eine erste Bilanz. Und eine Antwort an ihre Kritiker. "Die Leute fragen mich: Warum haben Sie jetzt diese Memoiren aufgeschrieben, statt das Ende Ihrer Amtszeit abzuwarten? Meine Antwort ist ganz einfach: Die Vergangenheit schwindet, die Zukunft steht uns noch bevor. Also tue Dinge in der Gegenwart." Sie wolle ihre Erfahrungen teilen, denn vielleicht machten sie anderen Menschen Mut, einen ähnlichen Weg zu gehen, sagt Johnson-Sirleaf.

Die "Eiserne Lady"

Ellen Johnson-Sirleaf(Foto:AP)
Die "Eiserne Lady" kämpft für eine bessere Zukunft Liberias...Bild: AP

Von ihren Landsleuten wird Ellen Johnson-Sirleaf nicht nur liebevoll "Ma Ellen" genannt, sondern auch wegen ihres stahlharten Willens "eiserne Lady". Dieser Wille hat sie, die Enkelin eines deutschen Großvaters, als junge Frau auf die amerikanische Edel-Uni Harvard gebracht und ihr in Weltbank und UNO Führungspositionen beschert. In Liberia engagiert sie sich Zeit ihres Lebens politisch Ende der Siebziger Jahre als Finanzministerin, dann als scharfe Kritikerin des korrupten Regimes von Samuel Doe. Dafür geht sie sogar ins Gefängnis.Später kandidiert sie erfolglos für die Präsidentschaft, muss schließlich ihre Heimat verlassen.

"Die Zukunft gehört den Frauen"

Frauenkolloquium in Monrovia (Foto: Bettina Ambach)
...setzt sich für die Rechte der Frauen Liberias ein...Bild: Bettina Ambach

Nach den Kriegswirren und der Verhaftung von Diktator Charles Taylor kehrt sie zurück. Für sie ein großer Triumph. "Ich bin ein Profi", sagt sie von sich, "ein Experte, ein Politiker, der zufällig eine Frau ist." Vor allem das Wohl der Frauen in Afrika liegt ihr am Herzen und ganz besonders das Wohl der Frauen von Liberia. "Unsere Frauen haben hier im Bürgerkrieg die schlimmsten Dinge erlebt. Sie wurden vergewaltigt und versklavt und doch haben sie sich für den Frieden in unserem Land eingesetzt." Ihnen zu Ehren werde ihre Regierung den Frauen eine herausragende Rolle geben, denn die Zukunft gehöre den Frauen. Ellen Johnson-Sirleaf will, dass Liberia zum Paradebeispiel für Demokratie, Transparenz und gute Regierungsführung wird.

Der Kampf für ein besseres Liberia

Liberia Soldaten Kriegsökonomie
...und kümmert sich um die ehemaligen Kindersoldaten LiberiasBild: AP

Doch Ma Ellen muss weiterkämpfen, denn die Wirtschaft liegt trotz beachtlicher Wachstumsraten immer noch am Boden. In Teilen der Hauptstadt Monrovia gibt es Strom und fließend Wasser, der Großteil der Infrastruktur des Landes aber ist noch immer zerstört. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung sollen ohne Job sein und auch die Zahl der Analphabeten ist riesengroß. Das macht viele Menschen unzufrieden mit der Regierung. Eine Unzufriedenheit, die ihre politischen Gegner ausnutzen wollen. So auch Johnson-Sirleafs Vorgänger Charles Taylor. Der Mann, der in Den Haag vor einem UN-Kriegsverbrechertribunal steht, weil er den jahrelangen Bürgerkrieg mit Sierra Leone mitverantwortet hat. "Wir werden versuchen, sicherzustellen, dass Herr Taylor im Mülleimer der Geschichte landet. Ich und das liberianische Volk, wir wollen Herrn Taylor hinter uns lassen!", sagt die Präsidentin bestimmt.

Die Vergangenheit ruht nicht

Doch so einfach ist die Sache nicht. Die Geschichte hat Johnson-Sirleaf eingeholt, denn Taylor hat sie aus der Zelle heraus belastet und die alten Seilschaften mobilisiert. Das Image der eisernen Lady hat Kratzer bekommen, doch sie wehrt sich. Auch mit ihren Memoiren. "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich damals Charles Taylor unterstützt habe, um einen brutalen Dikator wie Samuel Doe zu stürzen. Als sich dann aber Taylors wahres Gesicht zeigte, wurde ich zu seiner leidenschaftlichsten und schärfsten Kritikerin." Das habe sie immer offen angesprochen. Auch habe sie das liberianische Volk um Verzeihung gebeten, Taylor damals falsch eingeschätzt zu haben.

Ma Ellen bleibt vorerst fest im Sattel. Zum einen, weil sie die Nähe zum Volk sucht und mit offenen Karten spielt. Zum anderen, weil sie fest entschlossen ist, Liberia in eine bessere Zukunft zu führen. Nicht ohne Stolz schreibt die mehrfache Großmutter, wie kurz nach ihrer Geburt vor nunmehr 71 Jahren in Monrovia ein alter Nachbar vorbeikam, um der Familie zum Nachwuchs zu gratulieren. Er betrachtete das Baby lange und sagte zu Johnson-Sirleafs Mutter: "This child will be great!" – "Dieses Kind wird Großartiges leisten."

Autor: Alexander Göbel

Redaktion: Michaela Paul