1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Chilenen wollen keine neue Verfassung

5. September 2022

Eine sehr fortschrittliche Verfassung stand zur Wahl, es wird sie aber nicht geben. In einem Referendum hat Chile den Entwurf abgelehnt. Und zwar mit einer Deutlichkeit, die so nicht erwartet wurde.

https://p.dw.com/p/4GPi4
Unterstützer einer neuen chilenischen Verfassung trösten sich, nachdem das Ergebnis des Referendums bekannt wurde
In Chile sind viele Hoffnungen auf grundlegende Veränderungen zerstoben Bild: Matias Basualdo/AP Photo/picture alliance

Zur Wahl stand eine neue Verfassung, die sich auf soziale Rechte, die Umwelt, die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der chilenischen Ureinwohner konzentriert. Sie sollte den derzeitigen Text ersetzen, der noch aus der Diktatur von Augusto Pinochet stammt. Doch für die Magna Charta, die das südamerikanische Land grundlegend verändert hätte, stimmten nach vorläufigen Berechnungen nur 38 Prozent der Wähler.

Jüngste Umfragen hatten darauf hingedeutet, dass der fortschrittliche Entwurf für einen "sozialen und demokratischen Rechtsstaat" in Chile abgelehnt werden könnte. Die Deutlichkeit überrascht aber doch. Vor allem an den vorgesehenen neuen Rechten für die Ureinwohner schieden sich die Geister. Die Indigenen machen etwa 13 Prozent der chilenischen Bevölkerung aus. Der neue Entwurf hätte ihnen größere Autonomie und die Anwendung ihrer eigenen Rechtsprechung zugestanden.

Jubelnde Menschen feiern den modernen Verfassungsentwurf für Chile, der im Referendum schließlich gescheitert ist
Die Euphorie war groß bei den Befürwortern der Magna ChartaBild: Matias Basualdo/AP Photo/picture alliance

Der chilenische Präsident Gabriel Boric baute für den Fall einer Niederlage bereits vor. Für Montag lud er alle politischen Parteien in den Präsidentenpalast ein, um die Weiterführung des verfassungsgebenden Prozesses zu analysieren, wie die chilenische Zeitung "La Tercera" berichtet.

Die sozialen Spannungen werden bleiben

Hauptauslöser für den verfassunggebenden Prozess waren die sozialen Unruhen des Jahres 2019. Viele Menschen führten die wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheiten auf die alte Verfassung zurück. Diese wurde zwar seit 1990 mehrfach reformiert, lässt der Privatwirtschaft jedoch weiterhin freie Hand in vielen Bereichen.

Eine Verfassungsgebende Versammlung hatte die Magna Charta ein Jahr lang ausarbeitet. 15 Millionen Menschen waren dazu berechtigt, an der verpflichtenden Abstimmung teilzunehmen.

rb/mak (AFP, AP, dpa, Reuters)