Die Kaufhäuser sterben
8. August 2008Früher waren Kaufhäuser Magneten, die die Menschen in die Innenstädte zogen. Jede achte Mark, die im deutschen Einzelhandel umgesetzt wurde, landete in den 1970er Jahren noch in den Kassen der Warenhauskonzerne. Ihr Marktanteil summierte sich auf rund zwölf Prozent. Doch das Konzept, alles unter einem Dach anzubieten, funktioniert nicht mehr. Heute bleiben die Kunden weg und der Marktanteil ist auf rund 3,5 Prozent gefallen. Die Warenhauskonzerne stecken in der Krise.
Schon einmal, in den 1990er Jahren, steckten die Warenhäuser in der Klemme. Die Konkurrenz der Cash-and-Carry-Märkte auf der grünen Wiese machte ihnen zu schaffen. Damals verschwanden die Traditionshäuser wie Horten und Hertie vom Markt. Hertie wurde zwar später als Marke wiederbelebt, doch jetzt ist die Gruppe erneut zahlungsunfähig. Nur rund die Hälfte der 72 verbliebenen Hertie-Filialen wird vermutlich überleben.
Der schleichende Verlust der Mitte
Weder die Billig- noch die Luxusketten haben Probleme, sondern die Warenhäuser aus dem mittleren Preissegment. "Dieser Verlust der Mitte schleicht seit 15 Jahren voran, doch die Warenhauskonzerne haben erst spät auf diese Entwicklung reagiert", erklärt Marco Atzberger vom Kölner Handels-Forschungsinstitut EHI. Zu wenig sei in die Marke, in das Sortiment und in die Geschäfte investiert worden. Deshalb fehle es am Ambiente, das zum Einkaufen verführen würde.
Außerdem fehlt es nach Einschätzung des Handelsforschers an neuen Konzepten, wie dem des "Shop in Shop". Dieses Konzept beinhaltet, dass Flächen an Textilmarken oder Betreiber von Haushaltswaren untervermietet werden. "Das Ganze wird in Deutschland aber nicht so konsequent betrieben wie im Ausland", bemängelt Atzberger. "Dort funktionieren diese Konzepte."
Neue Konkurrenz durch Internet und Shopping-Center
Auch der Handel über das Internet macht den traditionellen Kaufhäusern zu schaffen. Sie seien, so Atzberger, gut beraten, erst gar nicht zu versuchen, sich auf Preiskämpfe mit den virtuellen Shops einzulassen. "Deshalb versuchen Warenhäuser statt eine Preisführerschaft anzupeilen, eine gewisse Emotionalität in ihren Geschäften zu erzeugen." Dies falle den meisten Kaufhäusern aber schwer. "Wenn Sie sich das KaDeWe in Berlin oder das Alsterhaus in Hamburg vorstellen, dort wird etwas umgesetzt in Richtung Emotionalisierung." Die Problematik liege an vielen weniger prominenten Standorten vor allem in der Bausubstanz und dem hohen Investitionsaufkommen "um ein Geschäft wieder flott zu machen".
Noch schärfer in die Zange genommen werden die Dinosaurier des Einzelhandels von den neuen Shopping-Centern. Die vereinen das Angebot von Spezialisten aus allen Branchen unter einem Dach und machen, so Atzberger den alten Alles-Könnern Konkurrenz: "Wir sehen, dass die Warenhäuser heute diesen Anspruch, alles unter einem Dach zu haben, nicht mehr alleine haben." Der Vorteil der Shoppingcenter sei, dass sie lauter Spezialisten unter einem Dach vereinbaren würden.
Alles aus einer Hand
Rund 400 dieser neuen Shoppingcenter gibt es schon in Deutschland, 15 weitere sollen im nächsten Jahr eröffnet werden, heißt es in einer Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts. Die Betreiber sind nicht die traditionellen Handelskonzerne, sondern Finanzinvestoren, die das Gebäude errichten und für ein gutes Management sorgen. "Dort wird alles aus einer Hand gemanagt. Da sind Öffnungszeiten auf einander abgeglichen, es gibt kostenlose Parkplatzangebote, es achtet jemand auf einen Mietermix, so dass sowohl Textilmarken unterschiedlicher Preislagen dort sind, als auch viele andere Zusatzsortimente." Das findet nach Einschätzung Atzbergers in der Innenstadt nicht statt: "Dem entsprechend sehen wir eine Schwäche der Innenstadt und damit auch eine Schwäche des Kaufhauses.“