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Die Folgen der Rekordhitze

19. Juli 2022

Extrem hohe Temperaturen haben Großbrände in London ausgelöst. Zum ersten Mal überhaupt wurden in Großbritannien Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius gemessen. Im Westen Deutschlands ist es ähnlich warm.

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Ausgebrannte Häuser in Wennington im Osten Londons
Ausgebrannte Häuser in Wennington im Osten LondonsBild: Yui Mok/AP Photo/picture alliance

Der britische Wetterdienst Met Office hat in Coningsby in der ostenglischen Grafschaft Lincolnshire am Nachmittag 40,3 Grad gemessen. Es ist die höchste je gemessene Temperatur in Großbritannien. Der bisherige Temperaturrekord liegt bei 38,7 Grad und wurde 2019 in Cambridge gemessen.

Met Office hatte Ende vergangener Woche erstmals eine rote Wetterwarnung wegen Hitze ausgegeben. Die Nacht zum Dienstag war laut Met Office bereits die wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Regierung in London hat angesichts der Hitze den Notstand ausgerufen.

Rauchwolken über Ost-London
Rauchwolken über Ost-LondonBild: Tony O'Brien/REUTERS

Hitzeschäden und brennende Wohnhäuser

Auch die Feuerwehr in der britischen Hauptstadt hat wegen zahlreicher Brände eine Großschadenslage ausgerufen. Die Feuerwehr sei unter enormem Druck, twitterte Londons Bürgermeister Sadiq Khan.

Er rief die Menschen unter anderem dazu auf, nicht auf Gras oder Balkonen zu grillen und Zigaretten sicher zu entsorgen. Im Großraum London kam es zu mehreren Bränden, die von ausgedörrten Grasflächen auf Wohngebiete übergriffen.

In Teilen Englands ruht der Bahnverkehr. Wie der Streckennetzbetreiber Network Rail mitteilte, ist der Betrieb auf den Hauptbahntrassen entlang der englischen Ostküste und in die Midlands komplett eingestellt. Die Menschen sind aufgerufen, ihre Reisepläne zu ändern. "Wir treffen diese Entscheidungen nicht leichtfertig. Unsere Techniker arbeiten sehr hart daran, die Infrastruktur auf ihre Widerstandsfähigkeit angesichts dieser Rekordhitze zu prüfen und wir haben beschlossen, dass wir keine andere Wahl hatten, als sie zu sperren", teilte Network Rail mit. Befürchtet wird, dass sich Gleise durch die extreme Hitze verformen könnten.

Die Temperaturen sorgten bereits am Montag am Londoner Flughafen Luton für erhebliche Störungen. Die Oberfläche des Rollfeldes  sei beschädigt worden, teilte der Flughafen mit. Mehrere Flüge wurden gestrichen oder umgeleitet. Auch weiter im Westen auf der irischen Insel war es extrem heiß. In der irischen Hauptstadt Dublin wurden 33 Grad gemessen, der höchste Wert seit 1887.

Im Westen Deutschlands knapp unter 40 Grad

Insgesamt wandert das Hoch über Mitteleuropa, das für die Rekordtemperaturen verantwortlich ist, langsam weiter nord-ostwärts. Extreme Werte von um die 40 Grad herrschten an diesem Dienstag punktuell im Osten Frankreichs, in den Beneluxländern sowie im Westens Deutschlands.

Ein städtischer Mitarbeiter spritzt Wasser auf die Fahrbahn
Im Zentrum von Amsterdam werden Straßen mit Wasser gekühltBild: Ramon van Flymen/picture alliance/ANP

Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) wurden Temperaturen von verbreitet 34 bis 38 Grad, im Südwesten und Westen bis knapp unter 40 Grad gemessen. Den höchsten Wert von 39,5 Grad hat im Ruhrgebiet die Station Duisburg-Baerl gemeldet, Tönisvorst am Niederrhein bei Krefeld folgte mit 39,2 Grad. Der deutsche Temperaturrekord ist von all diesen Werten noch einiges entfernt. Laut DWD wurden am 25. Juli 2019 an den Stationen in Duisburg und Tönisvorst 41,2 Grad Celsius gemessen.

Gesundheitsbehörden mahnen zur Vorsicht und raten: viel trinken und direkte Sonne vermeiden. Am Mittwoch werden die Temperaturen laut Meteorologen im Westen zurückgehen, dafür wird es in der Osthälfte heißer.

Rhein mit zurückgegangenem Wasserstand, im Hintergrund der Kölner Dom
Abkühlung am und im Rhein in KölnBild: Christian Knieps/dpa/picture alliance

Verkehrseinschränkungen löst das hochsommerliche Wetter in Frankreich aus. Im Osten soll es bis zu 40 Grad heiß werden. Wegen einer durch Sonne und Hitze verursachten Luftverschmutzung verhängte die Region Grand Est im Osten des Landes Einschränkungen für Autofahrer. Zu den Maßnahmen zählt eine Temporeduzierung um 20 Stundenkilometer auf Autobahnen und Straßen mit zwei Richtungsfahrbahnen.

Derweil klingt die Hitzewelle im Westen des Landes voraussichtlich etwas ab und lässt die Bewohner an der Atlantikküste aufatmen. Der französische Wetterdienst Météo-France hob die höchste Hitze-Warnstufe für 15 Départements an der Atlantikküste auf. Für 73 der 101 Départements in Frankreich gilt jedoch weiterhin die zweithöchste Warnstufe.

Toxische Kombination - Hitze und Dürre

In der Nähe von Bordeaux kämpfen fast 1700 Feuerwehrleute weiter gegen die Brände, die nach Angaben der Behörden bislang rund 17.000 Hektar Wald zerstörten. In den umliegenden Gebieten mussten am Montag rund 16.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Westlich von Bordeaux unweit der höchsten Sanddüne Europas, der Dune du Pilat, brannten fünf Campingplätze nach Behördenangaben "zu 90 Prozent ab". 6000 Urlauber waren dort bereits vergangene Woche evakuiert worden.

Strand, im Hintergrund Wolken von Waldbränden
Während sich im französischen Département Gironde Besucher am Strand vergnügen, brennen im Hintergrund PinienwälderBild: Jerome Gilles/NurPhoto/picture alliance

In Italien sind von Hitze und schwüler Luft unter anderem Bozen, Brescia, Florenz und Perugia betroffen. Zudem sind die Feuerwehren weiter in Alarmbereitschaft und kämpfen landesweit gegen Wald- und Buschbrände. Der Zivilschutz auf Sizilien sprach für in einige Gegenden die höchste Gefahrenstufe für Waldbrände aus. Weiterhin brennt es auch in Teilen Spaniens und Portugals. Die seit etwa zehn Tagen wütenden Feuer zerstörten in Spanien bisher nach amtlichen Schätzungen insgesamt 25.000 Hektar Wald sowie Dutzende Häuser, Läden und Fabriken. In Portugal vernichteten nach Angaben der Naturschutzbehörde ICNF die Flammen in einer guten Woche rund 30.000 Hektar Wald.

Für Spanien und Portugal gibt es, wie für den Westen Frankreichs, aber eine gute Nachricht: Die Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 45 Grad, die die iberische Halbinsel schon seit dem 9. Juli im Griff hat, gehe zu Ende, versicherte der dortige Wetterdienst Aemet.

Ein Besucherin eines Platzes in Venedig schützt sich, indem sie ein Handtuch über den Kopf hält
Schatten, egal wie. Besucher in Venedig, im Hintergrund Santa Maria della Salute Bild: Manuel Silvestri/REUTERS

Verschärft wird die Lage in den Waldbrandgebieten durch eine in weiten Teilen Europas seit Monaten anhaltende Dürre. Ein Großteil der Fläche der Europäischen Union ist einem Bericht des gemeinsamen Forschungszentrums der EU-Kommission zufolge von Dürre bedroht. Ende Juni hatte für 46 Prozent eine Dürre-Warnstufe zwei, für 11 Prozent der Fläche sogar die höchste von drei Warnstufen gegolten. Schwere Dürre breite sich weiter aus und verschlimmere sich, heißt es in dem Bericht. Dies liege auch an mangelndem Niederschlag in Kombination mit Hitzewellen. Der Klimawandel erhöhe das Risiko für schwere Dürren und Waldbrände auf der ganzen Welt, betonte die für Forschung zuständige EU-Kommissarin Marija Gabriel.

Angenehme 29 Grad in Athen

Während die Menschen in West- und Mitteleuropa unter einer Hitzewelle stöhnen, herrschen in Griechenland angenehme Temperaturen um die 30 Grad. Für die Hitzewellen geplagte Hauptstadt Athen meldete das Wetteramt Temperaturen um die 29 Grad. 

rb/qu/fab (dpa, afp, rtr)