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DFB-Team vor der EURO 2024: Manuel Neuer in der Kritik

Thomas Klein Herzogenaurach
11. Juni 2024

Manuel Neuer zählt zu den besten Torhütern der Welt. Vor dem Start der EURO 2024 unterlaufen ihm ungewohnt viele Fehler. Hütet Neuer trotzdem das Tor der DFB-Elf?

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Nationalmannschaft in Herzogenaurach Training | Manuel Neuer und Marc-Andre ter Stegen
Manuel Neuer (r.) oder Marc-Andre ter Stegen - wer soll das deutsche Tor hüten?Bild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Der Adi-Dassler-Sportplatz in Herzogenaurach ist gut gefüllt, Musik dröhnt aus den Lautsprechern, Sonnenstrahlen sorgen für eine gute Atmosphäre. Rund 4000 Fans der deutschen Fußball-Nationalmannschaft sind zum öffentlichen Training der DFB-Elf gekommen. Wenige Tage vor dem Start der EURO 2024 durften die Fans noch einmal hautnah miterleben, wie sich das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann auf die Heim-EM vorbereitet. Nach der Trainingseinheit freuten sie sich dann noch über Selfies sowie Autogramme ihrer Lieblings-Nationalspieler.

Eine der begehrtesten Unterschriften war die von Torwart Manuel Neuer, der seit Jahren zu den beliebtesten Spielern der DFB-Auswahl gehört. Doch der mehrfache Welttorhüter steht gerade nicht nur bei den Fans im Fokus. Aufgrund seiner Unsicherheiten im Spiel gegen die Ukraine und dem Patzer bei der EM-Generalprobe gegen Griechenland ist eine Torwart-Diskussion entbrannt: Soll Marc-Andre ter Stegen, der seit Jahren ebenfalls auf Top-Niveau spielt, Neuer als Nummer eins im Tor ersetzen?

Neuer und Ter Stegen auf Augenhöhe

"Manuel Neuer hat sich die letzten Jahre immer ausgezeichnet, vor allem bei der WM 2014", sagt DFB-Fan Martin. "Allerdings ist das schon ein paar Jahre her. Deswegen würde ich nach den aktuellen Leistungen ter Stegen ins Tor stellen." Tobias, der mit seinen beiden Kindern nach Herzogenaurach gereist ist, kann sich dagegen noch nicht entscheiden: "Ich finde beide Torhüter gleich stark." Allerdings habe Neuer mehr Erfahrung im DFB-Team und daher die Nase vorn. "Ich würde Neuer ins Tor stellen, weil er in den letzten Jahren sehr gut performt hat", sagt auch Tom.

Manuel Neuer kann den Schuss des Griechen Christos Tzolis nicht festhalten - die DFB-Elf gerät in Rückstand
Manuel Neuer kann den Schuss des Griechen Christos Tzolis nicht festhalten - die DFB-Elf gerät in RückstandBild: Maik Hölter/Team 2/IMAGO

 

Im Gegensatz zu den Fans, die sich nicht einig sind, ist für den Bundestrainer klar, wem er das Vertrauen schenkt. Nagelsmann hatte sich bereits im März auf Manuel Neuer festgelegt und rückt auch nicht von seiner Entscheidung ab. "Ich lasse keine Diskussion aufkommen, auch wenn es jeder probiert", sagte der 36-Jährige und stellte sich nach dem knappen 2:1-Sieg seiner Mannschaft gegen Griechenland demonstrativ vor seinen zwei Jahre älteren Torwart. Neuer war in die Kritik geraten, weil er einen Schuss von Christos Tzolis nach vorne hatte abprallen lassen, Giorgos Masouras hatte das Geschenk dankend angenommen und zum 1:0 gegen das DFB-Team abgestaubt. 

"Grundsätzlich muss ich den Ball besser wegbringen", gab Neuer nach dem Spiel selbstkritisch zu, stellte sich aber kurz vor dem Start der EURO 2024 selbst ein gutes Zeugnis für die beiden letzten Testspiele aus: "Ich finde, ich habe in beiden Partien gute Leistungen gezeigt. Und so gehe ich auch in die Gruppenphase." Der Weltmeister von 2014 hatte in der Tat gegen Griechenland auch einige starke Szenen gehabt und gute Paraden gezeigt. Dennoch hatte der Routinier in den vergangenen Wochen auch immer wieder mal daneben gegriffen.

Uli Stein: "Man hätte ihn zu Hause lassen sollen"

Im letzten Bundesligaspiel gegen Hoffenheim, beim Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid oder auch beim Testspiel gegen die Ukraine hatte der Schlussmann nicht gut ausgesehen. Dennoch stärkt Nagelsmann seiner Nummer eins immer wieder den Rücken. "Er hat mein Vertrauen. Er hat [gegen Griechenland - Anm. d. Red.] drei Weltklasse-Paraden gezeigt. Das waren Bälle, die zweifelsfrei nicht jeder hält" so der Bundestrainer. "Es handelt sich jetzt auch nicht um eine Anhäufung von Fehlern."

Ganz anders beurteilt der ehemalige Nationaltorwart Uli Stein die Leistungen des Schlussmanns. Der 69-Jährige kritisierte den Weltmeister von 2014 in seiner Kolumne im Fachmagazin "Kicker" scharf. "Manuel ist nicht mehr der, der er war. Und er ist schon lange nicht mehr unumstritten, womit ich nicht nur auf die jüngsten Spiele beim FC Bayern und in der Nationalelf, sondern bis zur WM in Katar, ja sogar in Russland 2018 zurückblicke", schrieb Stein: "Man hätte ihn schweren Herzens, jedoch mit Vernunft zu Hause lassen müssen."

103 Spiele wegen Verletzungen verpasst

Die lange Torwart-Karriere hat bei Neuers Körper Spuren hinterlassen. Immer wieder hatte er mit teilweise schweren Verletzungen zu kämpfen. So brach er sich zweimal (2017 und 2018) den Mittelfuß. Ein Schien- und Wadenbeinbruch, den er sich 2022 nach der WM in Katar beim Skifahren zuzog, setzte ihn ebenfalls lange außer Gefecht. Durch die genannten schweren Verletzungen verpasste er insgesamt 103 Fußballspiele mit seinem Verein Bayern München und der DFB-Elf.

Manuel Neuer liegt nach seinem Schien- und Wadenbeinbruch mit Gips in einem Krankenhausbett
Nach seinem Schien- und Wadenbeinbruch fiel Manuel Neuer mehrere Monate ausBild: Manuel Neuer/Instagram/dpa/picture alliance

Die Diskussionen um die Nummer eins im deutschen Tor sind nicht neu. Mit ter Stegen hat die deutsche Mannschaft einen weiteren Weltklasse-Torhüter in den eigenen Reihen. Der 32-Jährige zeigt beim FC Barcelona immer wieder starke Leistungen und wurde in der Saison 2022/23 sogar zum besten Spieler der spanischen Liga gewählt - als Torwart. Allerdings waren die Auftritte ter Stegens im Nationalmannschaftstrikot nicht immer glücklich. Unter dem alten Bundestrainer Hansi Flick - der in der nächsten Saison den FC Barcelona trainieren wird - musste er in Länderspielen häufig hinter sich greifen. Allerdings hütete ter Stegen auch bei den Testspiel-Siegen im März gegen Frankreich und die Niederlande das Tor, die den Aufschwung des DFB-Teams einleiteten.

Niclas Füllkrug: "Wir sind auf der Position sehr verwöhnt"

"Wir sind auf der Position sehr verwöhnt und haben ein maximales Überangebot", sagt Niclas Füllkrug zur Torwart-Frage und spricht sich für Neuer aus: "Manu hat aber auch eine Ausstrahlung, die hervorragend ist. Es wird jetzt das Negative in den Vordergrund gehoben, aber wir stehen alle hinter ihm." Seine Teamkollegen klingen ähnlich, wenn sie zur Torhüter-Diskussion gefragt werden.

Beim Eröffnungsspiel der Heim-EM an diesem Freitag (14. Juni) gegen Schottland wird Neuer definitiv im Tor stehen. Sollte er allerdings beim EM-Auftakt erneut patzen, wird Bundestrainer Nagelsmann nicht umhinkönnen, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken.