Julius-Hirsch-Preis vergeben
24. November 2008Es geschah Anfang November in der Bundesliga-Partie zwischen dem VfL Bochum und Werder Bremen. Auf dem Rasen einigten sich beide Teams gerade auf ein torloses Unentschieden, als im Bremer Fanblock Unruhe aufkam. "Dort ist es so gewesen, dass Rechtsradikale versucht haben, zu demonstrieren", wie sich Bremens Vereinspräsident Klaus-Dieter Fischer erinnert. "Unsere Fans haben die Aktion verhindert, indem sie lautstark 'Nazis raus' riefen und gleichzeitig die Polizei auf die Aktion aufmerksam machten. Das ist eine Sache von Zivilcourage, die ich immer auch meinen Fans gepredigt habe." Gemeint ist die Anti-Diskriminierungskampagne von Werder Bremen, ein Kooperationsprojekt mit dem Fan-Projekt und dem Dachverband der lokalen Fan-Klubs. "Da haben wir einen Fan-Ethik-Kodex entwickelt und unsere Fanclubs dazu gebracht, dass sie gegen Rassismus und Diskriminierung sind. Worauf ich besonders stolz bin", so Fischer, "dass die Fans den Kodex wie in Bochum gesehen auch praktizieren."
Fußballvereine gegen Rechts
Die Kampagne kam auch beim Deutschen Fußball-Bund gut an, der die Bremer neben anderen mit dem Julius-Hirsch-Preis ehrte. Der Preis in Erinnerung an den 1943 in Auschwitz ermordeten jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch war vom DFB im Jahr 2005 als eine Konsequenz aus der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Rolle des Verbandes in der NS-Zeit gestiftet worden. Er zeichnet vorbildliches Engagement im Fußball gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit aus. Aktueller Hauptpreisträger ist die Initiative "Fußballvereine gegen Rechts" aus Düren. Sie wurde 2001 von Jo Ecker, seinerzeit D-Junioren-Betreuer des FC Niederau 08, in Reaktion auf fremdenfeindliche Erfahrungen mit seiner Mannschaft ins Leben gerufen. "Da war eine in der Nähe lebende Neonazi-Gruppe bei einem Spiel anwesend und beschimpfte von Anfang bis zum Ende unsere ausländischen Spieler. Nach dem Spiel bedrohte man uns noch. Und nur das beherzte Eingreifen der Betreuer und Eltern hat Schlimmeres verhindert." Ecker installierte eine Internetseite, auf der sich bislang mehr als 700 Vereine, Verbände und Fan-Clubs öffentlich gegen Rechts positioniert haben. Die Initiative engagiert sich aber auch für soziale Prokekte in Afrika etwa: "Wir haben Fußball-Schuhe und andere Fußball-Sachen gesammelt und diese dann nach Kamerun verschifft. Da sind insgesamt so 800 Trikots und an die 2.000 Paar Fußballschuhe zusammen gekommen, die dann da den armen Kindern zur Verfügung gestellt wurden." Aktuelles Projekt der Dürener ist die Aktion "Schild gegen Rassismus und Gewalt".
Faninitiative "Bunte Kurve"
Bereits seit längerem engagiert sich auch die Leipziger Faninitiative "Bunte Kurve" gegen Rassismus. Ausgangspunkt des ebenfalls vom DFB ausgezeichneten Projekts war der Einsatz für einen nigerianischen Spieler vom FC Sachsen Leipzig, wie Mit-Initiator Christoph Zenker erläutert: "Wir sind hervorgegangen aus der Fan-Initiative 'Wir sind Ade', die sich 2006 nach rassistischen Anfeindungen gegen den Spieler Adebowale Ogungbure gegründet hatte. Und nach dem Weggang von Ade haben wir das auf breitere Füße gestellt." Mittlerweile findet das Engagement "Bunte Kurve" seinen Ausdruck in kreativen und nachhaltigen Aktionen. "Wir machen eine breite Öffentlichkeitsarbeit, beteiligen uns an Podiumsdiskussionen. Und natürlich sprechen wir die Fans auch über Choreographien im Stadion an, damit sie die Aktionen gegen Rassismus sehen und sich mit dem Thema auseinandersetzten." Nach Zenkers Worten sollte jeder Verein erkennen, dass es im Stadion Rechtsextreme gibt. "Solange man das unterdrückt und sagt: 'Bei uns gibt es keine Rechte', wird man auch nie aktive Maßnahme dagegen einleiten können."