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Deutschland schafft Klimaziel 2023 und ist auf Kurs für 2030

15. März 2024

Deutschland hat den Ausstoß an Treibhausgasen deutlich gesenkt und sein Klimaziel 2023 geschafft. Das Umweltbundesamt ist zuversichtlich, auch die Klimaschutzvorgaben für die Jahre bis 2030 zu erreichen.

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Schornstein des Müllheizkraftwerk in Essen-Karnap
Noch reichlich Emissionen: ein Müllheizkraftwerk in EssenBild: Jochen Tack/picture alliance

Mit 673 Millionen Tonnen seien im vergangenen Jahr rund zehn Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen worden als 2022, teilten das Umweltbundesamt (UBA) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit. Dies ist der stärkste Rückgang seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahr 1990. Die Hauptgründe: Es wurde weniger Kohle in Kraftwerken verbrannt und die Wirtschaft lief schwächer. Allerdings verfehlten einzelne Bereiche wie der Verkehrs- und der Gebäudesektor abermals die gesetzlichen Vorgaben.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der auch für den Klimaschutz zuständig ist, zeigte sich dennoch erfreut und sagte: "Deutschland ist auf Kurs - erstmals. Wenn wir Kurs halten, erreichen wir unsere Klimaziele 2030." Der Grünen-Politiker fügte hinzu, dass weniger energieintensive Produktion zu weniger Ausstoß an Kohlendioxid führe. Die Daten des Bundesumweltamts seien daher für ihn "Licht und Schatten". Die Zahlen für 2023 seien "nichts, das man ins Schaufenster stellen kann".

Klimaneutralität bis 2040 erreichbar?

Auch nach Ansicht des Umweltbundesamts sind die Vorgaben der nächsten Jahre zu schaffen. "Mit Blick auf 2030 bin ich zuversichtlich, dass wir die nationalen Ziele einhalten können", sagte UBA-Präsident Dirk Messner. "Wir sind bereits ein großes Stück beim Klimaschutz vorangekommen." Dies liege vor allem am schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarstrom. "Wir sind noch nicht über den Berg, aber die Geschwindigkeit, die wir aufgenommen haben, passt." Es sei sogar möglich, die Vorgaben für 2030 überzuerfüllen. Wenn man jetzt weiter hart an den Vorgaben arbeite, sei "die Klimaneutralität 2040 zu erreichen", betonte Messner.

Deutschland muss bis 2030 seine Emissionen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 drücken. Derzeit liegt man bei um die 46 Prozent. Das Umweltbundesamt geht in seinem neuen Projektionsbericht von einer Minderung um knapp 64 Prozent bis 2030 aus. Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, also unter dem Strich praktisch gar kein klimaschädliches Gas mehr produzieren.

Kohlenutzung auf dem Rückzug

Die Emissionen der Kraftwerke gingen mit 20 Prozent besonders deutlich zurück. Der Energiesektor ist für den Klimaschutz der wichtigste. Der Ausbau von Wind- und vor allem Solarenergie hat wieder Schwung aufgenommen und Kohlestrom verdrängt. Dabei half allerdings auch der um fast vier Prozent geringere Stromverbrauch. Zudem importierte Deutschland im vergangenen Jahr seit langem erstmals mehr Strom aus dem Ausland als es exportierte, was günstig für die Klimabilanz ist. Ein Grund dafür war, dass die französischen Atomkraftwerke 2023 wieder mehr produzierten als 2022, als zahlreiche Meiler wegen Reparaturen vom Netz genommen wurden. Zudem legten europäische Nachbarstaaten beim Ausbau der Erneuerbaren kräftig zu. Damit stieg das Angebot von günstigem Strom in Europa.

Windpark vor RWE Kraftwerk Neurath, Grevenbroich, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
Das Braunkohlekraftwerk Neurath in Nordrhein-Westfalen mit einem WindparkBild: Rupert Oberhäuser/picture alliance

Neben dem geringeren Ausstoß im Energiesektor machte sich vor allem die schwache Wirtschaft bemerkbar: Die Industrie stieß 7,7 Prozent weniger Kohlendioxid aus. Die nach wie vor hohen Preise für fossile Energien machten es für die Industrie besonders schwer. Eine Verlagerung von Industrien ins Ausland helfe dem Klima nicht, konstatierte Umweltamtschef Messner.

Bau und Verkehr machen weiter Sorgen

Auch die Sektoren Bau und Verkehr konnten ihre Emissionen reduzieren. Im Gebäudesektor sanken sie um über sieben Prozent, was zum einen auf den vergleichsweise milden Winter zurückzuführen ist. Zum anderen haben die höheren Gas- und Ölpreise die Menschen zum Sparen gebracht. Messner verwies auf den Austausch von Heizungen, wobei allerdings auch viele Erdgas-Heizungen noch neu eingebaut würden. Dies helfe zwar zunächst, könne aber langfristig ein Problem sein, da sie nicht frei von Kohlendioxid seien.

Dirk Messner | Präsident des Umweltbundesamtes
Dirk Messner, der Präsident des UmweltbundesamtesBild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Größtes Sorgenkind bleibt laut Messner der Verkehr. Zwar produzierte auch er etwa weniger CO2, verstieß jedoch wie der Gebäudesektor gegen die im Klimaschutzgesetz verankerten Vorgaben. Es gebe unter anderem zu wenig Elektro-Autos. Der leichte Rückgang in diesem Sektor könne nur durch andere Bereiche "überkompensiert" werden.

Wegen des Verstoßes gegen das Klimaschutzgesetz bei Verkehr und Bau ist Deutschland bereits vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verurteilt worden. Die Regierung ist in Revision gegangen und verweist auf die geplante Reform des Gesetzes. Dieses soll eine leichtere Verrechnung zwischen den Sektoren möglich machen. Derzeit hat jeder Sektor für jedes Jahr eine klare CO2-Obergrenze. Das Bundeskabinett hat das neue Gesetz zwar schon beschlossen, der Bundestag ringt allerdings noch darum.

kle/sti (rtr, afp, epd, dpa)