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PolitikNiger

Deutschland gibt Lufttransportstützpunkt im Niger auf

6. Juli 2024

Die Bundeswehr wollte ihre letzte Basis in Westafrika vorerst aufrechterhalten. Doch mit den Putschisten im Niger konnte die Bundesregierung sich nicht einigen. Nun zieht sie die Konsequenzen.

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Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einem Besuch des Lufttransportstützpunkts Camp Vie Allemand
Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einem Besuch des Lufttransportstützpunkts Camp Vie AllemandBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Die Bundeswehr wird ihren verbliebenen Stützpunkt für Lufttransporte im westafrikanischen Land Niger aufgeben. Damit zieht sie die Konsequenz aus dem Scheitern von Verhandlungen über eine rechtliche Immunität deutscher Soldaten. Die Basis in Niamey solle bis zum 31. August geschlossen und die Soldaten nach Deutschland zurückverlegt werden, teilte das Verteidigungsministerium den Obleuten des Bundestages am Samstag mit.

Im Lichte der Lageentwicklung der vergangenen Wochen habe die Bundesregierung die ins Auge gefasste Zusammenarbeit mit dem Niger "neu bewertet". Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Wie die Deutsche Welle aus eigenen Quellen erfuhr, läuft die derzeitige Vereinbarung über die Präsenz der deutschen Soldaten in Niger bis zum 31. August 2024. 

"Der von Niger übermittelte Abkommensentwurf kann uns nicht als Grundlage für Verhandlungen über ein Statusabkommen dienen - weder vom Charakter noch vom Inhalt her", schrieb das Ministerium weiter. "Immunitäten für deutsche Soldatinnen und Soldaten werden darin nicht gewährt. Gleichzeitig fehlt uns die Zeit zur Aushandlung eines neuen Statusabkommens - dazu liegen die Positionen zu weit auseinander." Auch angesichts des unzulänglichen Entwurfs für ein Abkommen sei beschlossen worden, die Verhandlungen zu einem Statusabkommen einzustellen.

Entwicklungspolitik nicht berührt

Auch die vom Bundesministerium der Verteidigung und dem Auswärtigen Amt gemeinsam verantwortete militärische Kooperation beziehungsweise Ertüchtigungsprojekte werden nicht weiterverfolgt. Das teilte das Verteidigungsministerium in Berlin später mit und betonte zugleich: "Die politischen und entwicklungspolitischen Beziehungen sind hiervon unberührt." Das Ministerium werde "die bilaterale Ausbildungshilfe und das bilaterale Jahresprogramm niedrigschwellig und in nicht-letalen Bereichen fortsetzen".

Zuletzt waren auf dem Stützpunkt im Niger noch 38 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr stationiert. Hinzu kommen 33 Mitarbeiter von deutschen und ausländischen Firmen. Der Stützpunkt diente aber zuletzt nur noch als sogenannte Cold Base, die nicht genutzt wird, jedoch schnell aktiviert werden kann - etwa bei nötigen Evakuierungsaktionen für Deutsche in Afrika. Für den Abzug werden rund sechs Wochen veranschlagt, weshalb dieser Mitte Juli beginnen müsste.

Drehkreuz für früheren Mali-Einsatz

Die Europäische Union hatte Ende Mai angekündigt, die Mission in dem afrikanischen Land mit Dutzenden Soldaten zum 30. Juni zu beenden und dies mit der ernsten Lage in Niger begründet. Niger war bis zu einem Putsch 2023 Partner des Westens in der afrikanischen Sahelzone im Kampf gegen islamistische Terroristen. 

Seit 2013 hatte Deutschland den Stützpunkt in Niamey als Versorgungszentrum für die deutschen Streitkräfte im Nachbarland Mali genutzt, die dort im Rahmen der UN-Friedensmission Minusma im Einsatz waren. Die letzten deutschen Soldaten verließen Mali im Dezember 2023. Inzwischen ist  Russland in der Region verstärkt militärisch aktiv. 

Am 26. Juli vergangenen Jahres hatte das Militär im Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt, die Macht im Land übernommen und sich verstärkt Russland zugewandt. Im Dezember verließen die letzten Soldaten der früheren Kolonialmacht Frankreich auf Aufforderung der neuen Machthaber das Land.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und General Salifou Modi in Niamey
Verteidigungsminister Boris Pistorius wird im Dezember 2023 von General Salifou Modi in Niamey begrüßtBild: Prawos/BMVG/dpa/picture alliance

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte sich dafür stark gemacht, eine Zusammenarbeit mit den Putschisten in geringerem Umfang und unter Auflagen fortzusetzen. Nach den Staatsstreichen in den Nachbarstaaten Mali und Burkina Faso galt Niger lange Zeit als letzter demokratischer Partner Europas und der USA in der Sahelzone im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. In der Region breiten sich seit Jahren islamistische Terrormilizen aus, die den Terrorgruppen Al-Kaida und "Islamischer Staat" nahestehen. 

kle/AR (dpa, rtr, afp, DW, ARD)