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Deutsch als Pausensprache?

Bernd Gräßler27. Januar 2006

In Berlin leben viele Migranten, die in der Regel nicht perfekt Deutsch sprechen. Zumindest bei ihren Kindern soll sich das ändern. Ein Schulprojekt sorgte jetzt für viel Wirbel bei Politik und Medien.

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An einigen Schulen in Neukölln, Kreuzberg oder Wedding haben die meisten Schüler eine andere Muttersprache als Deutsch. Sie unterhalten sich in den Pausen lieber türkisch, serbokroatisch, arabisch oder englisch. So, wie sie dies zu Hause tun. Eine Realschule im Wedding allerdings hat seit anderthalb Jahren in ihrer Hausordnung stehen, dass auch in den Pausen deutsch gesprochen werden soll. Keine Schikane der Schulleitung, sondern eine Vereinbarung von Lehrern, Eltern und Schülern. Die Mädchen und Jungen sollten mehr und besser Deutsch sprechen, für die Schule und fürs Leben.

Deutsch per Hausordnung, das steht sicher nicht in den Lehrbüchern der Pädagogik. Motto: ein bisschen Druck kann nicht schaden, wenn es einer guten Sache dient. Man kann darüber streiten. Aber den Schülern passiert außer einer Ermahnung nichts, wenn sie in der Pause trotzdem Türkisch sprechen. Und die Schulleiterin versichert, dass Migrantenfamilien ihre Kinder gern und in steigender Zahl an ihrer Schule anmelden, wo auch im Lehrplan mehr Deutsch steht als anderswo. Und wie gesagt: die Betroffenen sind einverstanden.

Öl ins Feuer

Doch jetzt wurde das ungewöhnliche Projekt bekannt und geriet in die Mühlen von Politik und Medien. Die neue Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, und Berlins Schulsenator Klaus Böger möchten es gleich zum Modell machen für alle Schulen mit ähnlich hohem Anteil an Migrantenkindern. Sie gossen Öl ins Feuer einer Diskussion um die Integration von Ausländern, die sich gerade neu an einem Einbürgerungs-Fragebogen des Landes Baden-Württemberg entzündet hatte.

Eine Hausordnung, die Deutsch als Pausensprache vorsehe, sei ein Rückfall in die Zwangspädagogik des 19. Jahrhunderts, als man Linkshändern die Hand auf den Rücken gebunden habe, um sie zu Rechtshändern zu machen. So beschwerten sich Bildungsexperten. Der türkische Elternverband erklärte, das Verbot der Muttersprache offenbare die Inkompetenz des deutschen Bildungssystems. Begriffe wie sprachliche Säuberung, Zwangsgermanisierung, Leitkultur, Nationalismus kamen ins Spiel. Nicht ausgeschlossen, dass sich auch noch der Bundestag damit befasst, wenn eine Fraktion den Antrag stellt.

Wie sagt doch der Berliner: Ham'ses nich 'ne Nummer kleener?