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TUI-Retter mit Luxusjacht

5. Januar 2021

Die Aktionäre des angeschlagenen deutschen Reisekonzerns haben am Dienstag über ein weiteres Rettungspaket abgestimmt, das eine Menge Staatsgeld bringt. Einem von ihnen bringt es aber einen überraschenden Machtzuwachs.

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Tui | Kreuzfahrtschiff | Mein Schiff 2
Bild: Daniel Bockwoldt/dpa/picture-alliance

Die Pointe mit der Luxusjacht mochte sich das seriöse "Handelsblatt" nicht entgehen lassen. Privat setze der russische Retter nämlich "auf Luxusjacht statt Kreuzfahrt", wusste das Fachblatt zu berichten. Es geht um den russischen Stahlmagnaten Alexej Mordaschow, und es geht um den Corona-kranken Reisekonzern TUI.

Der hat natürlich auch Kreuzfahrtschiffe im Angebot, und die sind auch nicht gerade klein. Die neue Jacht des Russen aber ist angeblich 142 Meter lang, kostet dem "Handelsblatt" zufolge irgendetwas zwischen 300 und 500 Millionen Dollar und der Magnat kann auf seiner "Nord" allein über die Meere schippern und nicht zusammen mit tausend anderen wie im Kreuzfahrt-Schiff.

TUI hingegen wäre über Tausende von Gästen auf den Schiffen des Konzerns glücklich, die bleiben aber Corona-bedingt zu Hause. Und so hat der Reiseriese im vergangenen Jahr einen Verlust von 3,1 Milliarden Euro eingefahren. Dergleichen gefährdet die Existenz auch des größten Reiseveranstalters.

"Erforderlich, geeignet und angemessen"

So genehmigte die EU-Kommission weitere Milliardenhilfen für TUI. Die von Deutschland neu angemeldete staatliche Beteiligung in Höhe von bis zu 1,25 Milliarden Euro sei "erforderlich, geeignet und angemessen", erklärte die Brüsseler Behörde. Insgesamt ziele die Maßnahme darauf ab, "die vor der pandemiebedingten Ausnahmesituation bestehende finanzielle Lage und Liquidität von TUI wiederherzustellen", so die Wettbewerbshüter.

Russland Alexej Mordaschow
Alexej Mordaschow, Stahlmagnat und TUI-GroßaktionärBild: Imago Images/ITAR-TASS/D. Sorokin

Die zuständige Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager begrüßte ausdrücklich die Beteiligung privater Investoren: "Dies macht weniger staatliche Beihilfen erforderlich und trägt zur Erholung von TUI bei." Rund 500 Millionen Euro des Hilfspakets würden durch Großaktionäre und Investmentbanken abgesichert. Der Größte unter den Großaktionären ist der Mann mit der Luxusjacht. Alexej Mordaschow hielt schon bisher Anteile von 24,9 Prozent an Europas größtem Reisekonzern. Nun werden es 36 Prozent.

Auf der außerordentlichen Hauptversammlung an diesem Dienstag ging es alles in allem um ein Finanzpaket, mit dem der Konzern aus Hannover weitere 1,8 Milliarden Euro zum Überleben in der Corona-Krise bekommen soll. Der Staat stützt den weltgrößten Reisekonzern so mit insgesamt 4,3 Milliarden Euro, die sich in rund drei Milliarden Euro Kredit und bis zu 1,3 Milliarden Kapitalspritze in Form von stillen Einlagen aufteilen. Der Staat kann nun alles in allem mit 25 Prozent bei TUI dabei sein.

Zu dem Paket gehört auch die Kapitalerhöhung von 500 Millionen Euro, von denen Mordaschow bis zu 266 Millionen Euro zeichnen wollte. Der russische Großaktionär darf seine Beteiligung so auch tatsächlich von 24,9 auf bis zu 36 Prozent aufstocken. Die Finanzaufsicht BaFin befreite Mordaschow nämlich von einem Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre, das normalerweise bei einem Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle fällig würde.

TUI-Reisecenter in München
Angeschlagene Branche - TUI-Reisecenter (in München)Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance

Mordaschow hatte die Befreiung zur Bedingung für die hohe Kapitalerhöhung gemacht. Sonst hätte er sich auf maximal 29,9 Prozent der Aktien beschränkt. Und das hätte womöglich der staatseigenen KfW-Bank nicht gereicht, um ihrerseits Milliarden beizusteuern. Die Sache stand also Spitz auf Knopf. Die Kapitalspritze von Mordaschows zyprischer Holding Unifirm, so die Begründung der BaFin, sei Bedingung für die staatlichen Hilfen, "die letztlich wiederum zur Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlich sind". 

"Ordnungspolitisch verfehlt"

Mit Unterstützung von Staats wegen kennt Mordaschow sich wahrscheinlich aus. Zwar sei er - anders als andere russische Magnaten - an sein Geld ohne die sprichwörtlichen Leichen im Keller gekommen, so westliche Beobachter. Es gelang ihm Anfang der neunziger Jahre als Finanzdirektor eines Stahlwerks im nordrussischen Tscherepowez, damals noch keine 30 Jahre alt, von der Privatisierung des Werks derart zu profitieren, dass er bald 96 Prozent der Anteile besaß und damit die Basis seines Milliardenvermögens legte.

Allerdings gilt Mordaschow als kremltreu. So las man bereits vor gut zehn Jahren in der "Frankfurter Rundschau": "Bei Putin-Audienzen sitze er da wie ein Kindergartenknabe in Erwartung seines Haferbreis, spottete die Wirtschaftszeitung Kommersant."

Kritiker der Hilfsaktionen für TUI monieren nun, die seien genauso gut Hilfsaktionen für Milliardäre. Zu den Großaktionären des Reisekonzern zählen auch noch die schwerreichen Familien El Chiaty aus Kairo und Riú aus Palma de Mallorca (denen bislang zusammen 8,6 Prozent an TUI gehören).

Überhaupt finden manche Ökonomen wenig Gutes an der Staatsknete für den Reisekonzern, fand die "Wirtschaftswoche" heraus: Die sei in deren Urteil "ordnungspolitisch verfehlt: Sie retten ein Unternehmen, das nicht systemrelevant ist - und verzerren den Markt zulasten kleiner Veranstalter, deren Existenz gefährdet scheint."

ar/hb (rtr, AFP, dpa - Archiv)