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Der Titelverteidiger: Gerhard Schröder

Heinz Dylong

So ehrgeizig und politisch talentiert Gerhard Schröder auch ist – seine steile Karriere war keineswegs vorgezeichnet. Ein Porträt des deutschen Bundeskanzlers.

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Kämpft um sein Amt: Bundeskanzler SchröderBild: AP

1998 hatte Gerhard Schröder es geschafft: Er löste Helmut Kohl als Bundeskanzler ab und führte die Sozialdemokraten nach 16 Jahren in der Opposition zurück an die Macht. Trotz seines Ehrgeizes und politischen Talents war die steile Karriere des aus bescheidenen Verhältnissen stammenden Schröders keineswegs vorgezeichnet.

Es gibt eine immer wieder gern erzählte Legende um Gerhard Schröder: Als junger SPD-Bundestagsabgeordneter soll er im Scherz am Zaun des Bundeskanzleramts gerüttelt und dabei gerufen haben: "Ich will da rein." Auch falls das lediglich eine nette Erfindung sein sollte - dass Schröders Weg auch nur in die Nähe politischer Schaltzentralen führen würde, war dem heutigen Bundeskanzler beileibe nicht in die Wiege gelegt.

Abitur auf dem zweiten Bildungsweg

Der 1944 als Sohn eines im Zweiten Weltkrieg gefallenen Hilfsarbeiters geborene Schröder wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, die ihm zunächst eine höhere Schulbildung unmöglich machten. Auf dem zweiten Bildungsweg erwarb er zunächst die Mittlere Reife und schließlich das Abitur, das ihm die Aufnahme eines Jurastudiums erlaubte.

Als er Mitte der 70er Jahre als Rechtsanwalt zugelassen wurde, war er auf der politischen Bühne schon kein unbeschriebenes Blatt mehr. Denn da hatte er sich - 1963 in die SPD eingetreten - längst bei den Jusos, der Jugendorganisation der Partei, engagiert. 1978 wurde er ihr Bundesvorsitzender.

1980, Schröder hatte die Altersgrenze der Jusos erreicht, verließ er die Jugendorganisation, wurde jedoch noch im gleichen Jahr Bundestagsabgeordneter. Das blieb er sechs Jahre, bis er 1986 die SPD als Spitzenkandidat in die niedersächsische Landtagswahl führte - zunächst erfolglos. Doch 1990 gelang der Wahlsieg, Schröder wurde Ministerpräsident.

Ministerpräsident und Kanzlerkandidat

Allerdings hatte er auch in diesen Jahren keineswegs Abschied von bundespolitischen Ambitionen genommen; zwar war der längst als "rechter Sozialdemokrat" geltende Schröder innerhalb der SPD deutlich weniger beliebt als etwa Parteichef Oskar Lafontaine.

In der breiten Öffentlichkeit jedoch schnitt er stets erkennbar besser ab als sein Kontrahent. In der Rivalität beider um die Kanzlerkandidatur 1998 fiel die letzte Entscheidung bei der niedersächsischen Landtagswahl Anfang März. Die SPD verbesserte sich deutlich und verteidigte die absolute Mehrheit der Sitze. Noch am Wahlabend erklärte Lafontaine die Kandidatenfrage zugunsten Schröders für geklärt.

Bei der Bundestagswahl selbst gelang Schröder der Sprung ins Kanzleramt. Die SPD errang ihr bislang zweitbestes Ergebnis auf Bundesebene und konnte eine Regierung mit den Grünen bilden. Und nach Lafontaines überraschendem Rückzug aus der Politik wurde Schröder 1999 dann auch Vorsitzender der SPD.