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Der mühsame Weg von Serbien und Montenegro in den Europarat

3. April 2003
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Belgrad, den 2.4.2003, GLAS JAVNOSTI, serb., D. Jovanovic

Ermutigt durch die Erklärungen von Politikern aus Europa und der übrigen Welt, glaubte die DOS-Führung nach dem 5. Oktober 2000, ihr stünden nunmehr die Türen der wichtigsten Weltorganisationen weit offen. Die Union Serbien und Montenegro wird auf der morgigen (3.4.) Sitzung in Straßburg in den Europarat aufgenommen – zweieinhalb Jahre nachdem Slobodan Milosevic von der Regierung abgelöst wurde.

Die Neuordnung des Staates - das Problem, das die beiden Teilrepubliken Jugoslawiens quälte und fast ein Jahrzehnt unterdrückt wurde - ist zur Grundvoraussetzung für die Aufnahme in die älteste europäische Institution gemacht worden. Es zeigte sich, dass keine Lösung für das Problem ohne Hilfe von außen gefunden werden konnte. Daher schaltete sich Javier Solana, EU-Beauftragter für Außen- und Sicherheitspolitik, ein. Die Verhandlungen um die neue Staatengemeinschaft dauerten fast ein Jahr und wurden in der Nacht zwischen dem 13. und 14. März 2002 mit der Unterzeichnung des Belgrader Abkommens beendet.

Dies war allerdings erst der Anfang der "Geburtswehen". Neun Monate schrieben die Mitglieder der Verfassungskommission an der Verfassungscharta. Der Text wurde erst am 6. Dezember verfasst. Die ganze Zeit über wurde geraten: Wann werden wir in den Europarat aufgenommen? Der Parlamentsvorsitzende Dragoljub Micunovic kündigte mehrfach an, die Aufnahme in den Europarat werde im Juni statt, dann doch im September, November, noch vor Neujahr...

Die Vertreter der internationalen Gemeinschaft unterließen es bei keinem Belgrad-Besuch, daran zu erinnern, dass die im Belgrader Abkommen gesetzten Fristen versäumt worden seien. Indes warnten einheimische Analytiker davor, dass das mühsam erworbene Ansehen des Landes in der Welt leichtfertig zerrüttet werde. Kaum standen die Grundmauern der neuen Staatengemeinschaft, und wir sahen schon unsere Trikolore auf dem Fahnenmast vor dem Sitz des Europarates in Straßburg wehen, da wurden auch schon neue Bedingungen gestellt.

Carla Del Ponte, Chef-Anklägerin des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, ließ überall verlauten, sie sei mit der Zusammenarbeit mit Belgrad unzufrieden. Die Auslieferung von Ratko Mladic und Radovan Karadzic wurde zur absoluten Grundvoraussetzung. Aus Straßburg, wohin unsere Delegation immer häufiger pilgerte, erreichten uns indes auch gegenteilige Töne. Von dort hieß es, es gebe keine neue Forderungsliste für die Aufnahme in den Europarat.

Die Aufnahme verzögerte sich bis zum Mord an Serbiens Premier Zoran Djindjic, als uns aus der gesamten Welt die einhellige Botschaft überbracht wurde: der Platz für Belgrad und Podgorica ist in der ältesten europäischen Institution. Bleibt nur noch, die feierliche Aufnahme-Zeremonie am 3. April abzuwarten. Die Jahreskarte für die Mitgliedschaft wird uns etwa 700 000 Euro kosten. Es heißt, wir hätten sie auch erhalten, wenn es nicht zu diesem tragischen Ereignis gekommen wäre, weil bereits alles für die Aufnahme vorbereitet war.

In den vergangen Tagen verpasst Peter Schieder, Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, trotzdem keine Gelegenheit, uns daran zu erinnern: "Die Kooperation mit dem Kriegsverbrechertribunal bleibt das Kernproblem in den Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro sowie der internationalen Gemeinschaft".

Wenn morgen die jugoslawische Trikolore dann weht, begleitet von der Hymne "Hej, Sloveni", werden alle aufatmen, die den Beitritt in den Europarat zugesichert haben. Andere wiederum sehen in die Zukunft und sagen, dies sei lediglich der erste Schritt auf dem Weg in die EU. Und die Bürger? Sie werden beim Europäischen Gerichtshof klagen können, wenn gegen ihre Menschenrechte verstoßen wurde. Und sie werden auch ihren eigenen Staat verklagen können. (md)