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Der große Traum vom Sattsein

Katrin Matthaei28. Oktober 2003

Knapp 38 Millionen Afrikaner sind vom Hungertod bedroht: Reis und Hirse wachsen in der fortschreitenden Wüste nicht mehr. Das könnten sie aber wieder, dank Gentechnologie.

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Der Hunger fordert seine OpferBild: AP

Mit dem Argument der Ernährungsrevolution haben die Befürworter der Gentechnologien die Moral scheinbar auf ihrer Seite. Und tatsächlich scheint die Lösung in greifbarer Nähe. Kuba hat eigene Biotechnologien entwickelt und baut inzwischen genmanipulierte Saatkartoffeln, Ananas und Zuckerrohr an.

Argentinien ist nach den USA zum zweitgrößten Produzenten von genetisch veränderten Nutzpflanzen geworden: Auf einer Fläche, doppelt so groß wie Bayern, baut das südamerikanische Land eine gegen Unkrautvernichtungsmittel immune Soja-Art an. Die Textilproduzenten Indien und China haben ihre Tuchproduktion dank einer genmanipulierten Baumwollpflanze in den vergangenen Jahren immens gesteigert.

Weizen mit Kühen, Landwirtschaft, Argrarpolitik
Bild: AP

Die Kehrseite der Gen-Medaille

Die Gefahren der "blühenden Landschaften" in der Dritten Welt verschweigen Gentechnologie-Befürworter - allen voran die US-amerikanische Biotech-Industrie. Zum einen sind eventuelle Spätfolgen für die menschliche Gesundheit und das ökologische Gleichgewicht bislang nicht endgültig geklärt. Zum zweiten lohnt sich das Gentech-Geschäft in den Entwicklungs- und Schwellenländern vor allem für die großen einheimischen Betriebe, die Nutzpflanzen im großen Stil anbauen können.

Verlierer sind die kleineren Landwirtschaftsbetriebe, weil ihnen das Geld für große Maschinen fehlt. In Argentinien etwa mussten deshalb etwa 60 000 Betriebe schließen. Traditionelle Anbauweisen haben keine Chance mehr.

Große Gewinner – kleine Verlierer

Bedroht ist vor allem die einheimische Pflanzenvielfalt: In Bangladesh werden heute ausschließlich zehn genmanipulierte Reissorten angebaut. Schäden, die durch die großflächige einseitige Bebauung entstehen könnten, sind bis heute nicht abschätzbar. In vielen asiatischen Ländern gibt es keine Rechtsgrundlage für Einsatz, Anbau oder Züchtung von genetisch manipuliertem Saatgut oder Pflanzen.

Diesen Freiraum nutzen große Konzerne gerne, um die unbequemen rechtlichen Bestimmungen in den USA oder Europa zu umgehen. Gezüchtete Genpflanzen werden einfach auf dem privaten Betriebsgelände ausgesetzt. Die Polizei hat keine Handlungsgrundlage. Erst allmählich wächst in diesen Ländern der Widerstand in der Bevölkerung.

Hunger in Nordkorea
Die Jüngsten sind als erste betroffenBild: AP

Internationale Forschung geht am Hunger vorbei

Als die Industrienationen 1992 in Rio de Janeiro die Konvention zur Erhaltung der biologischen Vielfalt unterzeichneten, haben sie sich gleichzeitig dazu verpflichtet, Entwicklungsländer bei der Entwicklung und im Umgang mit Gentechnologien zu unterstützen.

Bei näherem Hinsehen aber entpuppt sich die Selbstverpflichtung der Industrienationen oftmals als Selbstzweck: Wie eine Studie der UN-Universität Maastricht herausfand, fließt nur knapp ein Viertel aller amerikanischen und europäischen Forschungsgelder in die Entwicklung anpassungsfähiger ertragsreicher Nutzpflanzen für Entwicklungsländer.