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Der FC Bayern und Ruanda: Sponsoring sorgt für Kritik

Jens Krepela Alex Ngarambe
4. September 2023

Der FC Bayern steht erneut heftig in der Kritik: Neuer Werbepartner der Münchener ist das diktatorisch geführte Ruanda. Dort blicken die Menschen mit einer Mischung aus Stolz und Stirnrunzeln auf den Deal.

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Mbappé (l.) und Neymar (r.) freuen sich im "Visit Rwanda"-Trikot über eine Treffer
Schon Mbappé und Neymar dienten als Werbefläche: Visit Rwanda sponserte Paris Saint GermainBild: FRANCK FIFE/AFP/Getty Images

Knapp 6000 Kilometer liegen zwischen München und der ruandischen Hauptstadt Kigali. Unterschiedliche Welten in vielerlei Hinsicht, die mit dem neuen Sponsoring-Deal jedoch näher zusammenrücken sollen. Schließlich will die staatliche Tourismus-Kampagne Visit Rwanda, wie schon zuvor beim FC Arsenal und bei PSG, mit seiner Werbung in der Münchener Arena mehr Touristen in das ostafrikanische Land locken. Wie viele Millionen dafür bis 2028 aus Afrika nach Deutschland fließen, ist nicht bekannt. Für eine Platin-Partnerschaft wie im vorliegenden Fall werden in der Regel jedoch mindestens fünf Millionen Euro pro Jahr fällig. 

"Eine ganz, ganz schlechte Wahl", konstatierte Wenzel Michalski von der Organisation Human Rights Watch mit Blick auf die Menschenrechtslage in Ruanda. Kritiker, darunter Journalisten, würden dort bedroht und mundtot gemacht. Es gebe Berichte über willkürliche Entführungen, Folter und ungeklärte Todesfälle.

Ähnlich erschrocken über den neuen Deal des deutschen Rekordmeisters ist die kritische Fanszene der Münchener, in der Christian Nandelstädt als Vereinsmitglied und Blogger gut vernetzt ist. Im Gespräch mit der DW sagt er vehement: "Wir lehnen das ab."

Vorwurf: Sportswashing einer Diktatur

In Kigali gehen die Meinungen über die millionenschwere Imagepflege auseinander. Der Vorwurf: Das Regime von Machthaber Paul Kagame betreibe Sportswashing, wolle mit der Kampagne von den Missständen bei Pressefreiheit, Demokratie und Armutsbekämpfung ablenken. Dieser Aspekt ist für Publizist Gonza Mugangwa, den ehemaligen Generalsekretär des ruandischen Journalistenverbandes, zwar naheliegend, aber gar nicht entscheidend. "Was die meisten Ruander tatsächlich beunruhigt, ist die Frage, ob es sich lohnt diese Summen zu investieren", sagt er der DW.

Natürlich mache es die Menschen stolz, wenn ihr Land so prominent vertreten sei. Jedoch ist er skeptisch, ob die Einnahmen aus diesen Geschäften auch dem Durchschnittsbürger dabei helfen, seine finanzielle Situation zu verbessern. "Das wäre der Fall, wenn Einnahmen aus dem Tourismus kämen und direkt mit diesen Sponsorings in Verbindung gebracht werden könnten." Das sei in der Praxis jedoch schwierig, deshalb sehe er "bei direkten Sponsoringbeziehungen mit den Klubs noch keine Dividenden."

Bayern-Fan Charles Ndushabandi aus Kigali zeigt sich gegenüber der DW hingegen optimistisch: "Ich bin sicher, dass Ruanda als Marke mehr Bekanntheit erlangt hat, seit diese Verträge unterzeichnet wurden. Nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa und Lateinamerika, weil diese Fußballvereine groß sind und von Millionen verfolgt werden.“ 

Nach Katar jetzt Ruanda: Kritik in Deutschland

Herbert Hainer (l.) und Jan-Christian Dreesen (r.) sitzen bei einer Pressekonferenz auf dem Podium
Bayern-Chef Dreesen (r.): "Kontinent der Chancen"Bild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

Von der ersten Welle der Kritik lässt sich Jan-Christian Dreesen, der Vorstandschef des FC Bayern, jedenfalls nicht beirren. "Wir sehen Afrika als Kontinent der Chancen. Wir sind nicht die Ersten und werden nicht die Letzten sein, die in Afrika Engagements beginnen. Der intensivere Gang auf diesen Kontinent ist Teil unserer Internationalisierungs-Strategie", sagte der 55-Jährige. Man unterstütze den Kinder- und Jugendfußball in der Hoffnung, am Ende Talente für den FC Bayern zu finden.

Darüber schütteln viele in der kritischen Fanszene des FC Bayern den Kopf. Nach dem Ende der viel kritisierten Partnerschaft mit Qatar Airways habe es "ein paar Wochen Glückseligkeit" gegeben, erzählt Christian Nandelstädt der DW, "und jetzt das!" Wieder würden Geschäfte mit einer Diktatur gemacht, wieder ein Vertrag über fünf Jahre geschlossen. "Es ist kaum zu begreifen wofür. Der Verein schwimmt in Geld." Es sei, so Nandelstädt, wieder mit Protesten in der Münchener Südkurve zu rechnen. Das Argument der Talentförderung mit dem der Verein das Engagement rechtfertigt, möchte er nicht zählen lassen. "Dafür hätte man sich in einem anderen, demokratischeren Land in Afrika engagieren müssen."

Enge Verbindung zu Katar

Dass in München nun ausgerechnet Ruanda zum Zug kommt, ist wohl kein Zufall. Präsident Kagame pflegt enge Kontakte zu Katar, bis in die Kreise des Herrscherhauses hinein. Zudem ist Qatar Airways, der ehemalige Sponsor der Bayern, einer der größten Player in dem afrikanischen Land. Die katarische Fluglinie hält knapp die Hälfte der Anteile an der staatlichen Airline RwandAir und ist mit 60 Prozent am derzeit im Bau befindlichen Bugesera International Airport beteiligt. 

Das Stadtzentrum von Kigali in Ruanda
Sicher und sauber: Ruanda will Kigali als internationales Geschäfts- und Kongresszentrum etablierenBild: Michael Runkel/robertharding/IMAGO

Spricht man mit ausländischen Beobachtern in Kigali wird auch deutlich, wer an den internationalen Geldströmen und dem durchaus hochpreisigen Tourismus am ehesten verdient. Die Wirtschaft befinde sich zu weiten Teilen in der Hand der Regierungspartei RPF. Außerdem konzentriere sich der vielgepriesene wirtschaftliche Aufschwung lediglich auf die Hauptstadt. Saubere Straßen, funkelnde Glasfassaden und andere Annehmlichkeiten, wie ein Golfplatz, der von PGA-Legende Gary Player designt wurde, warten dort auf die Besucher. Auf dem Land herrsche nach wie vor große Armut. Überschwemmungen im Mai verschärften die Not. Die Millionen, die nun in die Bundesliga fließen, könnten auch hier sinnvoll eingesetzt werden.

Hoffnungsschimmer für Talente?

Der Weg in die europäischen Spitzenligen ist weit, selbst für Jugendliche, die in Frankreich oder Deutschland das extrem leistungsorientierte System der Nachwuchszentren durchlaufen. In dieser Hinsicht reißt der neue Deal keine Wände ein. Im besten Fall öffnet er die Tür für ruandische Fußballtalente zumindest eine Handbreit. Sportjournalist Jah d’Eau Dukuze, der in Ruanda eine der führenden Sportsendungen gestaltet, betont im Gespräch mit der DW: "Die Sponsorings haben schon einen Effekt. Zum Beispiel war die Zusammenarbeit mit PSG wichtig für die Entwicklung junger Spieler, die gerne Profi werden möchten." Nachwuchskicker im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren seien zwei Mal in Frankreich gewesen, um sich mit Gleichaltrigen zu messen. "Das ist eine seltene Gelegenheit." Solche Gelegenheiten - abseits der Millionengeschäfte - zu schaffen, ist nun die Aufgabe von Bayern München.

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Jens Krepela Redakteur, Reporter, Autor