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Der Briten liebste Königin

Samira Shackle (ch)9. September 2015

Während Elizabeth II. gerade zur am längsten regierenden Monarchin Großbritanniens wird, haben Republikaner nichts zu lachen: Die Lust, die Monarchie abzuschaffen, ist gering. Samira Shackle berichtet aus London.

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Elizabeth im blauen Kostüm und blauen Hut Foto: "Reuters/R. Cheyne
Bild: Reuters/R. Cheyne

Eigentlich sollte Elizabeth gar nicht Königin werden. Sie wurde es nur, weil ihr Onkel Edward VIII abgedankt hatte, um die zweifach geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten. Mit 89 ist Elizabeth die älteste lebende Monarchin der Welt und bricht an diesem Mittwoch auch den Rekord ihrer Urururgroßmutter Königin Victoria als am längsten regierende Monarchin Großbritanniens: 63 Jahre und 216 Tage.

In Elizabeths 63 Regierungsjahren hat sich das Land radikal verändert. Als sie den Thron bestieg, war das britische Weltreich dabei zu zerfallen. Heute ist die britische Rolle in der Welt deutlich geschrumpft. Große Veränderungen gab es auch im Inneren: Die britische Gesellschaft ist egalitärer und bis zu einem gewissen Grad weniger klassenbewusst geworden.

Doch die Reste des hierarchischen Gesellschaftssystems sind noch sichtbar, unter anderem in der Faszination für die Monarchie. In den vergangenen Jahren haben die Hochzeit von Prinz William mit Kate Middleton und die Geburt ihrer Kinder erneut für große Medienaufmerksamkeit gesorgt. Nach einer Umfrage des Instituts YouGov diese Woche ist Elizabeth der beliebteste britische Monarch aller Zeiten. 27 Prozent der Befragten sagten das von ihr, gefolgt von zwölf Prozent für Königin Victoria.

"Egal, was die Leute von der Institution der Monarchie halten - die große Mehrheit hat enorme Hochachtung vor der Königin", sagt Joe Little, Chef des Magazins "Majesty". "Viele von uns kennen nur sie als Monarchin. Ich glaube, wenn es sie nicht gäbe, würden sich mehr Menschen mit Kritik vorwagen. Aber weil sie so ist, wie sie ist, und wegen der Art, wie sie ihre Rolle bisher ausgefüllt hat, wollen die Menschen ihr gegenüber nicht respektlos sein."

Elizabeth II und Königin Victoria Foto: picture alliance/dpa
Mit dem 9. September hat Elizabeth ihre Urururgroßmutter Victoria überholtBild: picture alliance/dpa

"Herrschen, ohne zu regieren"

Das Vereinigte Königreich ist heute eine konstitutionelle Monarchie, in der der König oder die Königin Staatsoberhaupt ist, die Gesetzgebung aber in der Hand eines gewählten Parlaments liegt. Dadurch sind die Aufgaben der staatlichen Repräsentanz von denen der Parteipolitik getrennt. Der Monarch muss politisch neutral bleiben. Der Politikwissenschaftler Vernon Bogdanor drückt es so aus: Der Monarch "herrscht, regiert aber nicht". Viele der früheren Machtbefugnisse der Krone sind auf den Premierminister übergegangen - so die Befugnis, einen Krieg zu erklären oder völkerrechtliche Verträge ohne Prüfung durch das Parlament zu unterzeichnen. Manche Vorrechte aber sind geblieben. So bedeutet zum Beispiel die königliche Immunität, dass der Monarch nicht wegen einer Straftat verurteilt werden kann.

Seit Jahrhunderten sind Menschen für eine Republik in Großbritannien eingetreten. Die Forderung gibt es auch heute noch. "Es gibt das prinzipielle Argument - dass wir einfach eine demokratische Gesellschaft sind, daher sollten wir in unserer Verfassung auch keinen Raum für eine undemokratische Institution haben", meint Graham Smith, Chef der antimonarchistischen Lobbygruppe "Republic". "Wir geben öffentliche Gelder für Reisen und Unterbringung des Monarchen aus. Und es gibt einen schwerwiegenderen verfassungsrechtlichen Aspekt, nämlich dass die Monarchie die Macht auf ganz wenige Personen konzentriert: auf den Premierminister und seine Minister."

Labour-Favorit entfacht neue Debatte

Jeremy Corbyn, Favorit unter den Kandidaten für den künftigen Vorsitz der Labour-Partei, ist ebenfalls für die Abschaffung der Monarchie. Während seine Chancen gestiegen sind, tatsächlich der nächste Oppositionsführer zu werden, hat er seine Haltung zu dem Thema allerdings gemäßigt: Er selbst sei zwar für eine britische Republik, seine "Priorität" sei aber "soziale Gerechtigkeit". In der Zwischenzeit tritt er für eine Beschneidung der monarchischen Machtbefugnisse ein, die königlichen Vorrechte sollten durch ein Parlamentsveto begrenzt werden.

"Corbyn steht sehr weit links und würde die Monarchie sicher gerne abschaffen, wenn er das Gefühl hätte, er könnte es schaffen - falls er je Premierminister werden würde", sagt Gordon Rayner von der konservativen Tageszeitung "Daily Telegraph". "Er hat in einer sehr technischen Art davon gesprochen, die Macht der Königin zu verringern, aber die Königin hat eigentlich kaum wirkliche Macht. Daher werden die meisten sein Ziel als belanglos abtun. Ich glaube nicht, dass er dafür viel Unterstützung bekommen würde."

Anti-Cameron-Plakat Foto: Reuters/S. Plunkett
Eines der ehernen Gesetze der Königin: sich aus der Parteipolitik heraushaltenBild: Reuters/S. Plunkett

Die meisten Experten glauben, dass eine Regierung Corbyn zu einer interessanten Debatte über die Monarchie führen würde, die politisch seit Jahren kaum geführt wird. Doch im Augenblick gibt es wenig politische Unterstützung für eine Republik. "Die Briten sind ziemlich konservativ, und das jetzige System hat so lange gut funktioniert, warum soll man es ändern?", so Gordon Rayner.

2013 antworteten in einer Umfrage nur neun Prozent, sie erwarteten, dass Großbritannien in näherer Zukunft eine Republik werden würde. Allerdings widersprachen 40 Prozent der Aussage, die Monarchie sei ihr Geld wert. Die königliche Familie kostet den britischen Steuerzahler gut 400 Millionen Euro im Jahr.

Der Republikaner Graham Smith gibt wenig auf Umfragen, die hohe Zustimmungswerte für die Monarchie zeigen: "Das ist kein Argument, das zu behalten, was wir haben. Eigentlich interessieren sich einfach wenige für das Thema. Die meisten, die sagen "Lasst uns die Monarchie behalten", sind einfach nicht von einer Alternative überzeugt. Das ist etwas ganz anderes als zu sagen, sie liebten die Monarchie oder die Königin."