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Das Milliarden-Paket

7. Juni 2010

Nach zwei Tagen Haushaltsklausur hat sich die Bundesregierung auf ein Sparpaket geeinigt, das umfangreicher ausfallen soll, als erwartet worden war. Steuererhöhungen sind nicht geplant, dafür geringere Sozialausgaben.

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ILLUSTRATION - Ein mit einer Deutschlandfahne eingewickeltes Paket am Montag (07.06.2010) in Kaufbeuren (Schwaben). Die Bundesregierung will deutlich mehr sparen als erwartet. Bis 2014 sollten ungefähr 80 Milliarden Euro eingespart werden, damit die finanzielle Zukunft «auf soliden Beinen stehen kann», sagte Bundeskanzlerin Merkel (CDU) am Montag nach den zweitägigen Beratungen zum Sparpaket.Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa/lby
Bild: picture-alliance/dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) stellten ihre Beschlüsse am Montag (07.06.2010) der Öffentlichkeit vor. Demnach will die Bundesregierung den Rotstift in den nächsten Jahren deutlich kräftiger ansetzen, als erwartet worden war. Bis 2014 sollen ungefähr 80 Milliarden Euro gespart werden, sagte Merkel nach den zweitägigen Beratungen in Berlin. Schon im Haushalt 2011 sollen Einsparungen von rund elf Milliarden Euro vorgenommen werden.

Nach Merkels Worten sollen an dem Sparpaket die Wirtschaft und der Sozialbereich beteiligt werden. Die Bundeskanzlerin nannte den Abbau von Subventionen für Unternehmen, eine Luftverkehrsabgabe, eine Brennelementesteuer für Energiekonzerne und eine Besteuerung der Finanzmärkte. Sie betonte: "Wir haben damit eine beträchtliche Beteiligung der Wirtschaft an der Sanierungsaufgabe."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) informieren am Montag (07.06.2010) vor der Bundespressekonferenz in Berlin die Medienvertreter über den Beschluß des Kabinetts zur Neugestaltung des Haushalts der Bundesregierung. Die Bundesregierung will deutlich mehr sparen als erwartet. Bis 2014 sollten ungefähr 80 Milliarden Euro eingespart werden. Foto: Wolfgang Kumm dpa/lbn
Bild: picture alliance/dpa

Für längere Laufzeiten ihrer Kernkraftwerke sollen die Stromkonzerne die neue Steuer auf Brennelemente zahlen. Die Abgabe soll pro Jahr 2,3 Milliarden Euro bringen. Die Regierung will damit einen Teil der Zusatzgewinne der Konzerne aus der´angestrebten Laufzeitverlängerung abschöpfen. Wie hoch diese Gewinne ausfallen werden, ist allerdings noch unklar.

Lange "Giftliste"

Die schwarz-gelbe Regierung will außerdem das Elterngeld kürzen. Künftig sollen nur noch 65 statt 67 Prozent des Nettoeinkommens als Berechnungsgrundlage genommen werden. Der Höchstbetrag von maximal 1800 Euro im Monat wird aber nicht angetastet. Das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger soll dagegen völlig entfallen. Gestrichen werden soll auch der Rentenversicherungszuschuss für Hartz IV-Empfänger von derzeit monatlich rund 40 Euro. Dies schlägt mit jährlich 1,8 Milliarden Euro zu Buche. Zudem wird der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger abgeschafft mit jährlich 100 Millionen Euro. Dies sei schmerzlich, sagte Merkel. Es würden jedoch zugleich die Anreize verbessert, um Arbeit aufzunehmen.

Kürzungen sind auch in anderen Bereichen geplant: Die Bundeswehr solle umstrukturiert werden, um Kosten zu senken. Der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses werde frühestens 2014 beginnen, der Bund wollte dieses Projekt mit 440 Millionen Euro unterstützen. Die 2011 geplante Erhöhung des Weihnachtsgeldes für Beamte wird gestrichen. Bis 2014 sollen beim Bund bis zu 15.000 Stellen dauerhaft abgebaut werden. Davon verspricht sich die Regierung Einsparungen von Jährlich 800 Millionen Euro. Steuererhöhungen sind dagegen nach Angaben von Merkel und Westerwelle nicht geplant.

Kritik: Sozial ungerecht verteilt

Sozialverbände kritisierten die Vorhaben der Bundesregierung scharf. Der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, sagte in einer Mitteilung an Medien: "Wenn so die von der Bundeskanzlerin angekündigte 'Handschrift der Koalition' aussieht, steht der soziale Zusammenhalt in Deutschland vor einer Zerreißprobe. Die vorgesehenen Sparmaßnahmen treffen vor allem sozial Benachteiligte und beziehen starke Schultern viel zu wenig ein." Bauer forderte einen sozial gerechten Lastenausgleich - z. B. durch die Rücknahme von ungerechten Steuergeschenken für das Hotelgewerbe.

DGB-Chef Michael Sommer sagte im Südwestrundfunk, statt im Sozialetat zu kürzen könne Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble relativ einfach zu 30 Milliarden Euro an Mehreinnahmen kommen. Zwölf Milliarden seien über eine Vermögensabgabe zu erzielen, sechs Milliarden über eine höhere Erbschaftssteuer und noch einmal zwölf Milliarden über eine Finanzmarktsteuer.

Andrea Nahles (AP Photo/Markus Schreiber)
Andrea Nahles fordert eine Spekulanten-SteuerBild: AP

Opposition kündigt Widerstand an

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck erklärte: "Die Handschrift der Koalition ist die Kürzung bei den Schwachen." Dagegen scheue die Regierung Einnahmeerhöhungen, die auch die Gewinner der Krise und die Vermögenden stärker heranzögen.

Die Linke bezeichnete das Sparpaket der Bundesregierung als sozial ungerecht. "Es geht nicht ums Sparen, es geht ums Kürzen", sagte Parteichefin Gesine Lötzsch in Berlin. "Es geht um eine weitere Umverteilung von unten nach oben." Mit Blick auf geplante Einschnitte beim Elterngeld sagte Lötzsch, es werde bei den Menschen gekürzt, die am dringendsten Unterstützung brauchten. Die Union habe ganz kühl kalkuliert, dass Hartz-IV-Empfänger nicht ihre Wähler seien.

Die SPD warf der Regierung ebenfalls mangelnden Willen vor, die Einnahmesituation zu verbessern. Dies könne zum Beispiel durch eine Spekulanten-Steuer passieren, sagte Generalsekretärin Nahles. Sie kündigte massiven Widerstand gegen die Sparpläne der Bundesregierung an.

Junckers Lob

Der Chef der Euro-Staaten Jean-Claude Juncker lobte das Sparvorhaben der Bundesregierung. Er sei "sehr dafür", dass es in Berlin "einen Ruck zur Konsolidierung der Finanzen gibt", sagte Juncker am Montag in Luxemburg. Er hoffe, dass die verabredeten Kürzungen die Konjunktur nicht bremsen.

Was wird vom Sparwillen übrig bleiben?

Welche Teile des Sparpakets wirklich umgesetzt werden, ist noch nicht völlig klar. Nicht nur die Oppositionsparteien, Sozialverbände und Gewerkschaften stehen den Plänen der Regierung ablehnend gegenüber. Auch aus den Regierungsparteien könnten Forderungen nach Änderungen laut werden. Die Beschlüsse aus der Sparklausur müssen noch in den Fraktionen der Regierungsparteien beraten werden. Politische Beobachter rechnen damit, dass die Parlamentarier dort noch Änderungsbedarf anmelden werden.

Westerwelle sagte, vor Deutschland liege eine große Kraftanstrengung. "Wir haben in den letzten Jahren auch über unsere Verhältnisse gelebt." Es sei ein ehrgeiziges, umfassendes und solides Sparpaket. Gleichzeitig seien die Einschnitte gerecht. Eine gute Nachricht für die Bürger sei, dass weder die Mehrwertsteuer noch die Einkommensteuer erhöht werden, sagte Westerwelle. Mitte August solle das Haushaltsgesetz verabschiedet werden.

Der Bundeshaushalt 2010 betrug im jüngsten Entwurf des Bundesfinanzministeriums 327,7 Milliarden Euro. Der Finanzplan für das kommende Jahr sah demnach einen Haushaltsbetrag in Höhe von 321,1 Milliarden Euro vor.

Autor: Martin Schrader (apn, dpa, rtr)

Redaktion: Eleonore Uhlich, Silke Wünsch