Das imaginäre Museum
Die Kunst ist von der Auslöschung bedroht. Eine Zukunftsvision oder schleichende Realität? Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt beschäftigt sich mit der Frage, was Kunst ausmacht und wie sie in Erinnerung bleibt.
Museen als Kathedralen der Gegenwart
Was wäre, wenn es keine Kunst und keine Museen mehr gäbe? Diese Frage hat sich das Frankfurter Museum für Moderne Kunst (MMK) gestellt. Die Ausstellung "Das imaginäre Museum" zeigt, dass es viele Gründe gibt, Kunst zu bewahren. Auch wenn Martin Kippenberger in seiner Collage berühmte Kulturinstitutionen eher ironisch und kritisch als "Kathedralen der Gegenwart" darstellt.
Kunst als Ort für Utopien und Dystopien
Die Zukunftsvision, dass die Kunst eines Tages verschwinden könnte, haben die Kuratoren in Anlehnung an den Science-Fiction-Roman "Fahrenheit 451" von Ray Bradbury entworfen. Dort werden Bücher zerstört. In der Ausstellung zeigen acht thematische Bereiche, wofür Kunst im Leben steht. Etwa für die Utopie, im Weltraum zu leben, wie bei Isa Genzkens "Oil XI & Oil XVI" von 2007.
Die Auslöschung
Immer wieder haben Kriege und weltpolitische Ereignisse die Künste bedroht. Das haben einige Künstler thematisiert. Allan McCollum hat 1985 diese bilderlosen Rahmen hergestellt. "Durch ihre Reduktion und erbarmungslose Gleichheit", so der Künstler, "verwandeln die 'Plaster Surrogates' die Ausstellung in einen theaterähnlichen Raum, der nur noch eine Ausstellung zu imitieren scheint."
Das "imaginäre Museum" der Künstler
Wie kann man Kunst erinnern, sollte sie verschwinden? Auch das ist ein Gedankenspiel, auf dass sich die Besucher einlassen sollen. Dem Künstler Robert Filliou ging es um die Frage der Bewahrung: 1972 konzipierte er tragbare Ausstellungen, die er in einer hutförmigen Tasche aufbewahrte. Für "The Frozen Exhibition" fror er sie zu Konservierungszwecken ein und taute sie später wieder auf.
Die Kunst des Bewahrens
Marcel Duchamp war 1964 fasziniert von der Idee einer tragbaren Ausstellung. Sein Konzept der Boîte, der Schachtel, sollte sein bisheriges Schaffen zusammenfassen und gleichzeitig vervielfältigen. Dank einer aufwendigen Falttechnik und sorgsamen Platzierung der 68 verkleinerten Werke ergab die geöffnete Schachtel ein dreidimensionales Miniatur-Archiv.
Eine Reise durch Raum und Zeit
Dan Graham stattete 1974 für "Present Continuous Past(s)" einen Raum an zwei Seiten mit Spiegeln, einer Kamera und einem Monitor aus. Der Monitor gibt das aufgenommene Bild acht Sekunden verzögert wieder. Die Spiegel vervielfältigen den Raum. Zusammen mit der zeitlichen Verzögerung auf dem Monitor entsteht für den Betrachter eine irritierende Überlagerung von Zeit und Raum.
Die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft
Auch dem japanischen Künstler On Kawara ging es bei seinem Werk "One Million Years" Ende der 90er Jahre um die Darstellung von Zeit und die Grenzen menschlicher Vorstellungskraft. In dem Buchband "Past" listete er die Jahreszahlen von 998.031 v. Chr. bis 1969 auf, dem Jahr, in dem er mit der Notierung begann. "Future" hingegen führte von 1981 eine Million Jahre in die Zukunft.
Kunst beflügelt die Phantasie
Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Aus hart wird weich, aus klein wird groß. Claes Oldenburg wurde in den 1960er-Jahren bekannt durch seine überdimensionalen Alltagsobjekte, die er in Form und Material verfremdete. Sein "Soft Typewriter, Ghost-Version" von 1963 ist eine weiche Skulptur aus Textil, die den technischen Gegenstand wie einen weichen Körper erscheinen lässt.
Kunst als Energiespeicher
Walter De Maria konzipierte den "High Energy Bar" 1966 als eine unlimitierte Serie von 14 Zoll langen Edelstahl-Stäben. Aneinandergereiht bilden sie eine potenziell unendliche Linie. Der minimalistische Barren steht symbolisch für die Verdichtung und Speicherung von Energie.
Zukunftsvision 2052
Statt eines klassischen Ausstellungskataloges hat die spanische Künstlerin Dora Garcia eine Künstlerpublikation verfasst. Ein alter Mann blickt im Jahr 2052 auf Werke der Ausstellung zurück und sagt, was die Kunst damals ausgemacht hat. Ihre Zeichnung "The Mnemosyne Revolution" von 2016 ist Programm für die Schau "Das Imaginäre Museum", die in Frankfurt noch bis zum 4. September zu sehen ist.