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Düsteres Tansania

18. Januar 2010

Mangelnder Zugang zur Elektrizität ist eine der größten Entwicklungsbremsen Afrikas. In Tansania hat nur eine Minderheit der Bevölkerung Strom – und das oft nur unregelmäßig.

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Der Generatorenverkauf auf Sansibar boomtBild: DW/ Adrian Kriesch

Die Klänge Sansibars sind in diesen Tagen alles andere als romantisch. Statt dem Rauschen der Wellen hören die Touristen nur noch den Lärm der Generatoren. Seit mehr als fünf Wochen ist der Strom nun schon weg, weil das Kabel zwischen der Insel und dem Festland in Tansania kaputt ist. Experten aus aller Welt versuchen, das Stromkabel zu reparieren, aber erst Ende Februar soll der Strom wieder fließen. Bis dahin summt und brummt es weiter an jeder Ecke – vor allem im Laden von Vinesh Bharat Dayal. Draußen brummen die angebotenen Generatoren, drinnen das Geschäft. "Bei uns ist schon fast alles vergriffen", freut sich Dayal. "Die Leute wollen immer größere Generatoren, aber wir haben nur noch die Kleinen. Die kosten eigentlich 200 Dollar, wir haben den Preis aber auf 300 Dollar erhöht. Im Moment ist das kein Problem, die Leute feilschen nicht mal."

Geschäftsmann auf Sansibar (Bild: Adrian Kriesch)
Geschäftsmann Dayal vor seinen wenigen verbleibenden GeneratorenBild: DW/ Adrian Kriesch

Ein paar hundert Meter weiter sieht die Situation schlechter aus. Ayoub Ratab Ussi verkauft hier eigentlich gebrauchte Elektrowaren, im Moment könnte man meinen, er sammelt sie. Fernseher, CD-Player und Videorecorder stapeln sich in seinem kleinen Geschäft. "In Zeiten ohne Strom haben wir eine Menge Probleme was das Geschäft angeht. Die Kunden bleiben weg, aber ich muss trotzdem viel Geld für den Generator ausgeben. Ich brauche jeden Tag acht Liter Benzin um das Geschäft zu bereiben."

Geschäfte müssen schließen

Bald wird auch Ayoub Ratab Ussi seine Pforten nicht mehr öffnen, so wie viele andere Geschäftsleute auf der Insel. Sogar zwei Firmen, die Trinkwasser abfüllen, haben mittlerweile dicht gemacht. Abends machen Jugendliche in den Straßen ihrem Ärger lautstark Luft und schieben der Regierung den Stromausfall in die Schuhe. Elektrizität wird im Wahljahr 2010 ein wichtiges Thema sein. Erst wenn der Strom Ende Februar wiederkommt, wird auf Sansibar wieder Normalität einkehren.

Normalität, die man in weiten Teilen Tansanias noch nicht mal kennt. Nur 14 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zur Elektrizität, einer von sieben Tansaniern. Noch erschreckender ist die Situation in ländlichen Regionen. Das kleine Dorf Ikombe am Malawi-See in Tansania wirkt für Besucher sehr idyllisch: Frauen töpfern, Männer reparieren ihre Fischerboote, Kinder toben auf den staubigen Wegen. Für die Bewohner ist die Situation aber wenig idyllisch. Wer auf einen größeren Markt muss, ist mindestens zwei Stunden per Boot und Bus unterwegs. Ikombe ist für die 32-jährige Lofea Jantlemeni Mang’onda das Gegenteil von Entwicklung: "Hier gibt es nichts, auch keinen Strom. Sie haben es noch nicht mal geschafft, eine Straße hierher zu bauen, da wird es in Zukunft wohl kaum Strom geben", beklagt sich Mang’onda. Dabei geht es der Frau des Pastoren verhältnismäßig gut. Sie lebt in einem von nur vier Häusern im Dorf, die eine kleine Solaranlage auf dem Dach haben. Das bedeutet Licht, Fernsehen und einen netten Nebenverdienst, weil etliche Dorfbewohner ihr Handy bei ihr aufladen. Das Mobilfunknetz funktioniert, Strom gibt es nicht. Heutzutage ist das nichts Ungewöhnliches in Afrikas ländlichen Gebieten.

Korrupter staatlicher Stromanbieter

Brot für die Welt: Tansania
Auf dem Land sieht die Stromversorgung miserabel ausBild: Uli Reinhardt / Brot für die Welt

In Tansania lebt der Großteil der Bevölkerung auf dem Land und nur zwei Prozent von ihnen haben Strom. Die Menschen in Ikombe haben die Hoffnung schon fast aufgegeben, Robert Semsella hingegen nicht. Wie auch, schließlich ist er beim staatlichen Stromanbieter TANESCO für die Elektrifizierung ländlicher Gebiete verantwortlich. "Die Regierung hat gerade eine ländliche Energiebehörde eröffnet, um Strom in entlegene Gebiete zu bringen und das Geld dafür zu besorgen. Unser Hauptproblem ist die Finanzierung, die technischen Möglichkeiten sind vorhanden," sagt er.

Doch die Tansanier vertrauen der staatliche Firma TANESCO kaum. Immer wieder ranken sich Skandalgeschichten um TANESCO. Hier werden Verträge mit dubiosen Geschäftspartnern geschlossen, dort baut sich eine Führungsperson einen Swimmingpool auf Firmenkosten. Vor wenigen Wochen hat die afrikanische Nicht-Regierungsorganisation "Concern for Development Initiatives in Africa" die korruptesten Institutionen des Landes gekürt. Platz 1 ging an die TANESCO. Bis 2010 sollte laut Regierung jeder fünfte Tansanier Strom haben. Das Ziel ist in weite Ferne gerückt.

Wirtschaftliches Wachstum behindert

Trotzdem, irgendwann wollen Robert Semsella und seine Kollegen allen Tansaniern Zugang zum Strom verschaffen. Verschiedene Geberorganisationen wie der schwedischen Entwicklungsagentur Sida unterstützen sie dabei. Stephen Mwakifwamba ist bei Sida für den Bereich Elektrizität verantwortlich und begründet die Hilfe: "Investitionen in Elektrizität sind ein effektiver Weg um den Lebensstandard der Menschen zu erhöhen. Schulen, Krankenhäuser und Behörden brauchen Elektrizität. Außerdem ermöglicht sie den Bewohnern einen besseren Zugang zu Informationen durch das Fernsehen und Radio und Elektrizität ist wichtig um den lokalen Handel und die Industrie zu fördern."

Regelmäßige Stromausfälle schrecken im Moment noch viele Unternehmer ab und bremsen so das Wachstum. Wer Industrie will, braucht zwangsläufig Strom. Egal ob auf Sansibar oder in den ländlichen Gebieten Tansanias: Solange die Lichter nicht dauerhaft leuchten, sieht es auch für den wirtschaftlichen Wohlstand der Bevölkerung düster aus.

Autor: Adrian Kriesch
Redaktion: Christine Harjes