CSU prescht vor, Merkel lobt und wartet ab
21. Mai 2011Wenn es bislang um das Thema Atomausstieg ging, legte sich die Bundesregierung nicht gern fest. Ganz im Gegenteil - bis zur Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima beherrschte sogar der Ausstieg aus dem Atomausstieg die Debatte. Seit Fukushima ist alles anders. Die CSU hat sich nun als erste der drei Bundesregierungsparteien auf ein Datum festgelegt: 2022. Bis dahin sollen die Lichter in den bayerischen Atomkraftwerken ausgegangen sein. Das hat der CSU-Vorstand auf seiner Klausur im bayerischen Kloster Andechs am Samstag (21.05.2011) beschlossen.
Auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist das der "richtige Zeitraum". Sie begrüßte die Festlegung der Schwesterpartei "ganz außerordentlich", vermied es jedoch, selbst ein Zieldatum für den Atomausstieg auszusprechen. Sie wolle zunächst die Ergebnisse der Ethikkommission abwarten, die in etwa einer Woche vorgestellt werden sollen. "Ich glaube, die Menschen wollen einen konkreten Endpunkt wissen, natürlich immer gekoppelt daran, dass wir den Weg bis zur Energiewende zeigen", sagte Merkel im Hinblick auf eine konkrete Ausstiegsvereinbarung der Regierung.
Sieben-Stunden-Debatte bis zur Einigung
Die CSU hatte sich am Freitagabend, nach langer Diskussion, auf das Energiekonzept ihres Vorsitzenden Horst Seehofer und des CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt geeinigt. Demnach soll das Bundesland Bayern bis 2022 keine Atomenergie mehr produzieren. Dort stehen fünf der 17 deutschen Atomkraftwerke - an den Standorten Grafenrheinfeld, Gundremmingen und Isar. Außerdem soll der Verlauf der Energiewende hin zu erneuerbaren Energien regelmäßig überprüft werden. Bis 2020 soll ihr Anteil im bayrischen Energiemix auf mehr als 50 Prozent steigen. Derzeit werden etwa 25 Prozent der Gesamtenergie Bayerns aus erneuerbaren Energien erzeugt. Die CSU will ebenfalls Gaskraftwerke ausbauen, um so die Stromversorgung in der Zukunft zu sichern.
Merkel sieht in dem CSU-Konzept einen "ambitionierten", aber "wesentlichen Beitrag" für die Debatte innerhalb der Regierung. Nun könnte die Berliner Koalition die "nicht einfachen, aber wichtigen Entscheidungen" in der Energiepolitik erarbeiten.
Lieber kein schneller Ausstieg?
Doch ganz so einfach, wie es den Worten Seehofers und Merkels nach nun klingt, wird der Energiekompromiss wohl nicht zu Stande kommen. Denn kaum ist das Konzept vorgestellt, melden sich auch schon zahlreiche Kritiker zu Wort - auch aus den eigenen Reihen. "Wir haben eine Startdiskussion, keine Schlussdiskussion", betonte Hans Michelbach, Chef der CSU-Mittelstandsunion. Für Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ist das Ausstiegsjahr nicht so wichtig wie der Weg dorthin. Und auch bei der CSU-Vorstandsdebatte seien etwa 80 Prozent der Äußerungen kritisch gewesen, gab sogar Seehofer zu.
Ebenfalls skeptisch äußerte sich der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber. "Viele haben gesagt, man muss sich ehrgeizige Ziele setzen. Ich bin da mehr für Realismus." Der Wirtschaftsflügel der Union befürchtet vor allem steigende Strompreise und sinkende Wettbewerbsfähigkeit.
Autor: Nicole Scherschun (afp, dpa, dapd)
Redaktion: Siegfried Scheithauer