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Flüchtende brauchen Schutz vor Infektionen

7. März 2022

Der Krieg in der Ukraine könnte zu hohen Corona-Infektionszahlen führen. Die Gefahr, dass durch die Fluchtbewegung eine neue Infektionswelle über Europa hinwegrollt, sieht die Epidemiologin Berit Lange vorerst nicht.

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Deutschland | Ukraine-Konflikt - Ankunft Flüchtlinge in Köln
"Die Menschen sollten dezentral untergebracht werden", sagt die Epidemiologin Lange.Bild: Henning Kaiser/dpa/picture alliance

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichten von angegriffenen und zerstörten Krankenhäusern in ukrainischen Städten. Mehrere Sauerstoffanlagen im Land seien geschlossen worden. Dabei war der Mangel an Sauerstoff in der Pandemie schon vorher ein Problem im Land.

"Medizinische Einrichtungen dürfen niemals Ziel militärischer Aktionen werden", sagt Berit Lange, Leiterin der klinischen Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. Es sei nicht nur eine Katastrophe für Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, sondern für alle, die medizinische Versorgung benötigen.

Niedrige Impfquote in der Ukraine

In der Ukraine ist nur etwa ein Drittel der Bevölkerung geimpft. Die Delta-Welle sorgte im November und Dezember des vergangenen Jahres für einen hohen Druck auf das Gesundheitssystem. Viele Menschen mussten ins Krankenhaus, die Todeszahlen waren hoch. Die Omikron-Welle erreichte ihren Höhepunkt in der Ukraine Mitte Februar. "Die hat aber – wie in vielen anderen Ländern auch – nicht zu vielen Todesfällen und einer starken Belastung des Gesundheitssystems geführt", sagt Lange.

Trotzdem sei es nun enorm wichtig, die medizinische Versorgung der Menschen sicherzustellen – sofern das möglich ist. "Die Lage der flüchtenden Menschen sollte nicht noch durch viele COVID-Infektionen erschwert werden", so die Epidemiologin.

Angebote überall da, wo Menschen ankommen

Viele Menschen sind über die ukrainische Grenze in die Nachbarländer geflohen, nach Polen, in die Slowakei, Ungarn oder Rumänien. Diese Länder müssten nun dringend finanziell und durch Hilfsorganisationen vor Ort unterstützt werden, sagt Lange.

Zehntausende Menschen fliehen in weitere europäische Länder – auch nach Deutschland. Um das Risiko eines Superspreader-Events unter den Flüchtenden einzudämmen, sollte die medizinische Versorgung so barrierefrei wie möglich sein: ohne große bürokratische Hürden und mit Hilfe von Dolmetschern. So ließe sich vielleicht auch die Impfquote unter den ankommenden Menschen erhöhen.

Infografik - Wohin die Menschen aus der Ukraine fliehen - DE

"Wir sollten die medizinischen Versorgungseinrichtungen, die zwischen 2014 und 2016 aufgebaut wurden, als wir viele Geflüchtete hatten, jetzt wieder stark finanziell und personell ausstatten", sagt Lange.

Vorerst keine Sorge vor neuer COVID-Welle

Die damalige Fluchtbewegung ist auch wissenschaftlich evaluiert worden, erzählt Lange. Ein großes Problem seien Massenunterkünfte, in denen Infektionskrankheiten aller Art ein leichtes Spiel haben. "Die Menschen sollten dezentral untergebracht werden", sagt die Epidemiologin.

Die Initiative "Global Polio Eradication Initiative" sorgt sich allerdings um eine andere Infektionskrankheit: Polio. "Die Ukraine ist derzeit von einem Ausbruch des zirkulierenden Poliovirus vom Typ 2 (cVDPV2) betroffen; der jüngste Fall wurde im Januar 2022 entdeckt", heißt es in einem aktuellen Statement.

Es sei natürlich sehr schwer vorauszusagen, wie sich das Infektionsgeschehen durch die flüchtenden Menschen in Europa verändern wird. "Es ist ganz wichtig, Infektionen unter den Flüchtenden zu verhindern", sagt Lange. Wenn das gelingt, dann gäbe es vorerst keinen Anlass, sich um eine neue COVID-Welle in Europa zu sorgen.