Entschädigung Kindsmörder Contra
4. August 2011Nach diesem Urteil vom Frankfurter Landgericht muss jeder überzeugte Rechtsstaat-Anhänger ein schlechtes Gewissen haben. Ein Kindsmörder fordert eine finanzielle Entschädigung, weil Polizisten ihm Prügel androhen. Und dies nur, um den Ort des Vermissten zu erfahren, im Glauben, der 11-Jährige lebe noch und könne noch gerettet werden. Und der Verurteilte bekommt auch noch Recht!
Deutschlands größte und einflussreichste Boulevardzeitung ("Bild-Zeitung") hat sich wieder einmal zum Sprachrohr des kleinen Mannes gemacht und schon vor dem Urteil gefordert: "Herr Richter, verhindern Sie das!" So oft das Blatt mit seiner populären Berichterstattung niedere Instinkte im Menschen bedient, so sehr ist doch die veröffentlichte Empörung nachzuvollziehen.
Das pure Gift für eine Gesellschaft
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ja, auch ein Mörder hat Rechte, sogar ein Kindsmörder. Vor dem Gesetz sind alle gleich, und das ist auch gut so. Doch psychologisch ist der Richterspruch das pure Gift für eine Gesellschaft. Die Täter werden gehätschelt und genießen die großzügigen Errungenschaften eines sozialen Rechtsstaates. Die Opfer müssen um ihre Rechte meist erst kämpfen und werden dann schnell vergessen.
Magnus Gäfgen hat bislang keinerlei Reue gezeigt. Im Gegenteil: Aus der Zelle heraus praktizierte der Kindsmörder Resozialisierung in eigener Sache über das Netz, wurde zum viel geklickten Star der Netz-Gemeinschaft, inszenierte sich als Opfer des Polizei-Verhörs damals 2002 und lamentierte über psychische Störungen deswegen. Er vollendete sogar sein Jurastudium hinter Gittern. Bildung, Kommunikation und öffentliche Darstellung im World Wide Web - soviel Täterprotektion sind bei gesundem Menschenverstand kaum auszuhalten!
Dieses Urteil ist den Paragrafen gerecht geworden
Wo ist Opferschutz zu erkennen? Wer stellt sich vor die seelisch ruinierte Familie des kleinen Jakob? Der Rechtsstaat hat offensichtlich einen Defekt, der systemisch integriert zu sein scheint. Alles ist in diesem System auf Gleichbehandlung ausgerichtet und auf Resozialisierung des Täters. Dieses Urteil ist den Paragrafen gerecht geworden - und nur diesen. Nur Juristen können es verstehen, alle anderen verzweifeln an einer solchen Rechtsprechung.
Am Ende bleibt nur Wut und der Wunsch, die Gerichte hätten mehr Spielräume beim Urteilen. Damit nicht nur der Buchstabe, sondern auch der Geist eines Rechtssystems Berücksichtigung finden.
Autor: Volker Wagener
Redaktion: Gudrun Heise/Iveta Ondruskova