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Chirac billigt umstrittene Reform - mit Änderungen

1. April 2006

Nach wochenlangen Protesten hat Frankreichs Präsident Jacques Chirac Änderungen an der umstrittenen Arbeitsrechtsreform angekündigt, ohne damit jedoch Kritiker beschwichtigen zu können.

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Anhaltende Proteste in FrankreichBild: AP
Dominique de Villepin im Parlament
Schwindende Popularität: Dominique de VillepinBild: AP

In einer Ansprache an die Nation sagte Chirac am Freitagabend (31.3.), er werde das Reformgesetz von Premierminister Dominique de Villepin zwar in Kraft setzen. Angewandt werden soll es aber erst nach Änderungen der beiden umstrittensten Punkte: Die Probezeit für unter 26-jährige Berufseinsteiger soll höchstens ein Jahr statt zwei Jahre betragen, und auch Kündigungen ohne Grund soll es für die Betroffenen anders als geplant nicht geben.

Vor allem gegen diese beiden Punkte waren in den vergangenen Wochen Millionen Franzosen zu Protesten auf die Straßen gegangen. Streiks hatten Teile des öffentlichen Lebens lahm gelegt. Zahlreiche Universitäten und Gymnasien sind immer noch blockiert.

Chirac betont nationales Interesse

Es sei Zeit, die "blockierte" Situation aufzulösen "und dabei gerecht und vernünftig zu sein, mit dem Anspruch des nationalen Interesses", sagte Chirac. Der Erstanstellungsvertrag (CPE) könne "ein wirksames Instrument zur Beschäftigung" sein. Zudem sei das Reformgesetz vom französischen Parlament verabschiedet und vom Verfassungsrat in Paris bestätigt worden.

Er habe aber die Sorgen der jungen Menschen vernommen und wolle darauf eingehen, sagte Chirac; daher habe er die Regierung beauftragt, "sofort" mit den Vorarbeiten zu den beiden Änderungen zu beginnen. Bis diese besiegelt sind, soll kein einziger CPE in Kraft treten können. Der Präsident der Nationalversammlung, Jean-Louis Debré, sagte, die Modifikationen würden "rasch" durchs Parlament gehen.

Nationaler Protesttag am Dienstag

Der Vorsitzende der Regierungspartei UMP, Nicolas Sarkozy, nannte Chiracs Kompromisslösung "weise". Der Chef der oppositionellen Sozialisten, François Hollande, reagierte ablehnend. In einem Fernsehinterview sagte Hollande, Chiracs Auftritt habe die Lage nicht beruhigt. Studentenführer Bruno Julliard monierte, die jungen Leute seien "nicht gehört" worden. Die Generalsekretäre der Gewerkschaften Force ouvrière (FO) und CGT hielten an ihrem Streikaufruf für Dienstag (4.4.) fest. Es soll dann ein weiterer nationaler Protesttag stattfinden.

Chiracs Umfragewerte sind zuletzt weiter gefallen, auch das Ansehen seines Regierungschefs Villepin leidet unter dem Streit über den Erstanstellungsvertrag: Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS-Sofres sprechen ihm nur noch 29 Prozent der Franzosen ihr Vertrauen aus, das sind fünf Prozentpunkte weniger als noch vor einem Monat. Die Zustimmungswerte für Chirac fielen gemäß der Erhebung von 23 auf 20 Prozent. Dagegen konnte Villepins parteiinterner Rivale, Innenminister Nicolas Sarkozy, seine Beliebtheit von 44 auf 48 Prozent steigern. (wga)