1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Asien in Sorge wegen Chinas Schwäche und Trumps Zollplänen

Clifford Coonan Taipeh
8. Januar 2025

Die lahmende Konjunktur in China und ein drohender globaler Handelskonflikt unter US-Präsident Donald Trump trüben die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in Asien ein.

https://p.dw.com/p/4oryL
In Hongkong trägt ein Mann auf einem Straßenmarkt mit Laternen einen kleinen Jungen auf dem Arm
Was bringt das Jahr 2025 für Asiens Volkswirtschaften? Bild: Keith Tsuji/ZUMA Press/IMAGO

Die Einkaufszentren und Restaurants im Zentrum von Taipeh sind voller Menschen. Die Wirtschaft brummt, denn Taiwans Spitzenstellung in der Chipproduktion haben die Inselrepublik zu einem zentralen Bestandteil globaler Lieferketten gemacht.

Das Taiwan Research Institute prognostiziert ein Wirtschaftswachstum von über drei Prozent für das Jahr 2025. Doch wie überall in der Region fürchten auch die Einwohner Taipehs ein turbulentes neues Jahr.

Was wird das Jahr 2025 für den Rivalen China bringen? Was wird die zweite Amtszeit von Donald Trump für Länder bedeuten, die vom Handel mit den USA abhängig sind?

Das sind die großen Fragen, die Asien derzeit beschäftigen. Der Russland-Ukraine-Konflikt und die Spannungen im Nahen Osten sind zwar wichtige Themen, aber sie bereiten den Menschen in Asien nicht in gleichem Maße Sorgen.

Die Folgen von Chinas stotternder Konjunktur

Chinas lahmende Wirtschaft litt im Jahr 2024 weiter unter der anhaltenden Krise am Immobilienmarkt, der hohen Verschuldung von Kommunen und Gebietskörperschaften sowie dem schleppenden Binnenkonsum.

Die Daten vom November 2024 zeigten, dass eine nachhaltige Erholung in weiter Ferne ist. Die Industrieproduktion stieg nur geringfügig, während das Wachstum bei den Einzelhandelsumsätzen enttäuschend war.

Im Dezember befasste sich die Zentrale Wirtschaftskonferenz, ein hochrangiges Gremium der Kommunistischen Partei, mit Möglichkeiten zur Sanierung der Wirtschaft. Anstatt sich jedoch mit den grundlegenden Problemen zu befassen, bekräftigte die Führung lediglich, dass China auf dem besten Weg sei, das offizielle Wachstumsziel von rund fünf Prozent zu erreichen. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass sich die Regierung ein ähnliches Ziel für 2025 setzen wird.

Zwei chinesische Kunden schauen sich in Peking neue Smartphone-Modelle von Huawei an
China will den Binnenkonsum fördern, um unabhängiger vom Welthandel zu werden, während sich ein Handelskrieg mit den USA anbahntBild: Adek Berry/AFP/Getty Images

"Das Problem ist, dass die chinesische Regierung glaubt, dass es eine angemessene Wachstumsrate gibt", sagt George Magnus, wissenschaftlicher Mitarbeiter am China Centre der Universität Oxford und ehemaliger Chefökonom der UBS, im Interview mit der DW.

"Aber ein Plus von fünf Prozent ist wahrscheinlich mehr, als die chinesische Wirtschaft verkraften kann, ohne in Schwierigkeiten zu geraten - sei es im Zusammenhang mit der Verschuldung oder einem übermäßigen Wachstum der Exporte", so Magnus. "Das nachhaltige Potenzialwachstum liegt in China in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich eher bei 2,5 bis 3 Prozent." Die Regierung sollte einfach aus dem Weg gehen und der Wirtschaft mehr Freiraum geben, betont Magnus.

Chinas Exporte und der Binnenkonsum

Die Exporte dürften weiterhin schwach bleiben. Sie sind trotz der zunehmenden Bedeutung des Binnenmarkts für die chinesische Wirtschaft weiterhin von entscheidender Bedeutung.

"Die Daten für November zeigen, dass die Industrieproduktion und die Wertschöpfung sogar noch stärker als im Oktober gestiegen sind, während die Einzelhandelsumsätze nur halb so stark wie die Produktion gewachsen sind", sagt Alicia Garcia-Herrero, Chefvolkswirtin für die Region Asien-Pazifik bei der französischen Investmentbank Natixis. "Was soll man also mit all dieser Produktion machen? Wohin werden Sie exportieren?"

Trump droht der Welt mit Zöllen

Die Probleme werden sich wahrscheinlich verschärfen, weil der Protektionismus zunimmt und China sein Modell nicht ändert, sagt Garcia-Herrero. "Ich denke, 2025 ist es an der Zeit für Veränderungen, und China muss sich sehr bald ändern, sonst könnte das Jahr ziemlich schlecht enden."

Immobilienmisere in ganz China

Eine große Belastung für die chinesische Wirtschaft ist der Immobilienmarkt. Rund 70 Prozent der Haushaltsvermögen in China sind in Immobilien angelegt, und der Wohnungsbau macht etwa 20 Prozent der Wirtschaft aus.

Präsident Xi Jinping hat versprochen, den Niedergang des Immobilienmarktes aufzuhalten. Doch bisher blieb es eher bei Rhetorik als dass konkrete Schritte unternommen wurden.

Neue Hochhaus-Wohnblöcke entstehen in der Stadt Huai 'an in der Provinz Jiangsu
Viele Chinesen haben einen großen Teil ihrer Ersparnisse in Immobilien gestecktBild: CFOTO/picture alliance

Es gibt erste Anzeichen dafür, dass der Immobilienmarkt die Talsohle durchschritten haben könnte. Doch die Preise fallen immer noch und Chinas Immobiliensektor wird sich möglicherweise erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2025 erholen. Insgesamt werden nach Einschätzung der Experten von Fitch Ratings die Preise für Neubauten im Jahr 2025 um weitere fünf Prozent fallen.

Wie zuverlässig sind Chinas Wirtschaftsdaten?

Die Beurteilung des Zustands der chinesischen Wirtschaft wird zunehmend zum Problem. Fu Peng, Chefvolkswirt des Maklerunternehmens Northeast Securities, sagte, China müsse sich auf eine stärkere Verlangsamung einstellen und das größte Problem der chinesischen Volkswirtschaft sei die Umverteilung des Wohlstands. Nachdem Fus Äußerungen bekannt wurden, sperrte man sein WeChat-Konto in den sozialen Medien und er verschwand aus der Öffentlichkeit.

Gao Shanwen, Chefvolkswirt der staatlichen SDIC Securities, erklärte auf einer Anlegerversammlung in Shenzhen, dass seiner Meinung nach die Zahlen zum Wirtschaftswachstum in China zu hoch angesetzt seien. Chinas "enttäuschte Jugend" und die " desillusionierte Bevölkerung mittleren Alters" dämpfe den Binnenkonsum. Gaos Social-Media-Konto wurde aus "politischen Gründen" geschlossen.

Die chinesischen Daten stimmen zunehmend nicht mit den Berichten von Investoren und Unternehmen vor Ort überein. Und wenn sich die Wirtschaft weiter abschwächt, wird die Zuverlässigkeit der Daten in China wieder ein Thema werden, sagt Garcia-Herrero.

"Angesichts der Novemberzahlen bin ich gespannt, ob die chinesische Führung es wagt, das gleiche Wachstumsziel von fünf Prozent für dieses Jahr zu verkünden. Es wird immer deutlicher, dass die Wirtschaft nicht um fünf Prozent wächst", so Garcia-Herrero.

"China wird immer dystopischer, was die Statistiken angeht, und die Menschen werden sich nicht mehr um die offiziellen Daten scheren." Außerdem machten unzuverlässige Daten es schwerer, Investitionen anzuziehen.

Trump wird Chaos und Unsicherheit bringen

Die größten Folgen für Asien im Jahr 2025 wird wahrscheinlich die Neuauflage der Präsidentschaft Donald Trumps ab Ende Januar haben. Die Region könnte die vollen Auswirkungen dieses politischen Wandels in Washington schnell zu spüren bekommen.

Der designierte US-Präsident hat pauschale Zölle von zehn Prozent auf alle Importe und 60 Prozent auf alle chinesischen Importe angedroht. Dies hätte enorme Auswirkungen auf asiatische Exporte und könnte einen globalen Dominoeffekt auslösen.

Trumps "America First"-Politik könnte sich in Bemühungen um einen Abbau der bilateralen Handelsdefizite der USA niederschlagen, was eine schlechte Nachricht für China, Vietnam, Japan, Taiwan, Südkorea und Indien wäre - Länder mit einigen der größten Handelsdefizite gegenüber den USA.

"Ich denke, dass Zölle ein Teil von Trumps Wirtschaftspolitik sein werden, wenn sie 2025 in Kraft treten. Aber es ist schwer zu sagen, wie er sie in welcher Höhe und im Verhältnis zu was anwenden wird", so Magnus.

Asiatische Volkswirtschaften mit einer robusten Binnennachfrage, wie Malaysia und die Philippinen, können wahrscheinlich einen Teil der Auswirkungen abfedern.

Weil Taiwan die hochwertigen Mikrochips für den Ausbau der künstlichen Intelligenz in den USA produziert, dürfte die Inselrepublik ebenfalls vor handelspolitischem Druck aus den USA geschützt sein. Trotzdem liegt Angst in der Luft, wenn die Menschen in Asien in die Zukunft blicken.

Spielball der Supermächte: Tauziehen um Taiwan