Ein Luxusproblem
30. Juli 2010Die Devisenreserven kommen aus den Handelsüberschüssen. Im Krisenjahr 2009 sind die Überschüsse Chinas gegenüber anderen Handelspartnern geringer ausgefallen als in den Vorjahren. Die Menge der Devisenreserven ist dennoch um 20 Prozent gewachsen. Gerade wurde ein Rekordwert von 2,5 Billionen US-Dollar gemeldet.
900 Milliarden Dollar davon sind Staatsanleihen der USA. Zusammen mit anderen US-Titeln wird geschätzt, dass 65 bis 75 Prozent der chinesischen Devisenreserven in US-Dollar angelegt sind. Diese starke Gewichtung liegt an der Rolle des US-Dollars als Leitwährung, sie dient aber auch dazu, den Außenwert der eigenen Währung stabil zu halten. Harwig Wild, Experte für Emerging-Markets beim Bankhaus Metzler, verweist auf eine Studie, der zufolge der Yuan seit dem Jahre 1980 eine Aufwertung von rund 20 Prozent gegenüber den wichtigsten Handelspartnern erlebt habe: "Und das ist einfach zu wenig vor dem Hintergrund des enormen Wachstums des Bruttoinlandsprodukts und auch der Produktivitätsfortschritte, die China gesehen hat. Wir sprechen ja über ein jährliches BIP-Wachstum von durchschnittlich fast zehn Prozent."
Strategie der Diversifizierung
China hat dem Aufwertungsdruck auf den Renminbi bisher weitgehend widerstanden. Doch es ist riskant, den Dollar-Anteil der Reserven auf diesem hohen Niveau zu belassen. Schmerzhafte Erfahrungen musste die Volksrepublik machen, als sich der Dollar 2009 im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise auf einen Sinkflug begab. Eine neue Leitwährung soll her, forderte Peking - und baute seine Euro-Bestände auf schätzungsweise ein Viertel der Reserven aus. Diese Strategie wurde allerdings nicht belohnt, da die Schuldenkrise in Europa den Wechselkurs des Euro in den Keller schickte und Chinas Devisenreserven abermals um Milliarden leichter wurden.
Zwar beteuert die Devisenbehörde SAFE (State Administration of Foreign Exchange), eine Unterabteilung der Zentralbank, ihr Vertrauen in die europäische Währung, doch arbeitet Peking aus Sorge um Dollar und Euro weiter an der Diversifizierung seiner Devisenreserven. So soll die chinesische Zentralbank seit Jahresanfang massiv japanische Staatsanleihen aufgekauft haben. Emerging-Markets-Spezialist Harwig Wild geht davon aus, dass China inzwischen auch australische und kanadische Dollars gehortet hat. Das sei doch ganz normal, findet Huang Zemin von der East-China-Normal-University: "Ein Prinzip der Devisenreserven ist doch, die Risiken der Währungen zu bedenken. Deshalb müssen wir auch starke Währungen in die Reserve nehmen. In den letzten Jahren sind die Preise der Rohstoffe, die in Australien und Kanada reichlich vorhanden sind, stark gestiegen. Aus diesem Grund werden die beiden Währungen auch Rohstoffwährung genannt."
Rohstoffsicherung hat Priorität
Eine andere Möglichkeit besteht darin, direkt in Rohstoffe zu investieren. "In alle mögliche Arten von Rohstoffen. Neben Öl und Gas natürlich auch Stahl und andere Metalle, auch Edelmetalle", sagt Harwig Wild vom Bankhaus Metzler: "Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Chinesische Zentralbank wesentlich stärker in Rohstoffe und Commodities allgemein investieren wird, zu Lasten von Währungsreserven in der Zukunft."
So werden Währungsrisiken gemieden und die geopolitischen Ziele der Zentralregierung berücksichtigt, denn nichts ist für Chinas Wirtschaft wichtiger als Rohstoffsicherung.
Für solche Zukäufe ist der 2007 aus der Taufe gehobene Staatsfonds CIC (China Investment Corporation) mitverantwortlich. Seine Aufgabe ist es, einen Teil der Devisenreserven gewinnbringend anzulegen. Als Vorbild dient Temasek, der Staatsfonds aus Singapur, der seit über 30 Jahren eine jährliche Rendite von über acht Prozent erzielt. Doch die Chinesen haben bisher weniger Glück. Allein im Mai und Juni habe der inzwischen 300 Milliarden Dollar schwere Fonds wegen der Turbulenzen an den amerikanischen und europäischen Finanzmärkten einen Verlust von rund zehn Prozent verbucht, gab der stellvertretender CIC-Präsident Wang Jianxi vor kurzem bekannt.
Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Andreas Becker