China investiert im tibetischen Westen
26. September 2013Aus der Entfernung sieht er aus, als wäre ein Ufo auf dem Tibetplateau gelandet. Aber aus dem Terminal des neuen Daochang Yaoding Airports im Südwesten der chinesischen Provinz Sichuan strömen keine Außerirdischen, sondern Touristen aus China und dem Ausland. Der Flughafen von Daocheng Yading (internationale Kennung: DCY) ist mit rund 4.400 Metern über dem Meeresspiegel der höchstgelegene der Welt. Der bisherige Rekordhalter war der Flughafen Bangda in Tibet, rund 100 Meter tiefer gelegen.
Der neue Flughafen gehört zur Autonomen Tibetischen Präfektur Garzi, wo es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Selbstverbrennungen von Tibetern aus Protest gegen die chinesische Zentralregierung gekommen ist.
Peking hat in den vergangenen Jahren als Teil seines Programms zur wirtschaftlichen und touristischen Erschließung seiner westlichsten Regionen Milliarden in den Bau neuer Flughäfen gesteckt. Durch die jüngste Eröffnung verkürze sich die Reisezeit zwischen Daochang Yading und der Provinzhauptstadt Chengdu von bisher zwei Tagen mit dem Bus auf 65 Minuten mit dem Flugzeug, meldet die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Kürzerer Transportweg für Touristen und Armee
Der Transportweg wird nicht nur für Touristen und Geschäftsleute kürzer, sondern auch für Soldaten und Ausrüstung der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Diese können nun sehr viel schneller bei drohenden neuen Unruhen, wie sie zuletzt 2008 die Region erschütterten, verlegt werden.
Peking setzt auf die wirtschaftliche Entwicklung der tibetisch geprägten Regionen als Mittel gegen die Protestbewegung. Der Massentourismus soll das tibetische Kultur- und Naturerbe in klingende Münze verwandeln und der Bevölkerung zu Wohlstand verhelfen, damit sie sich in der von der Führung propagierten "harmonischen Gesellschaft" Chinas wohlfühlen kann.
Zur Ankurbelung des Tourismus gehören auch Investitionen in der tibetischen Hauptstadt Lhasa. Hier sollen nach Vorbild anderer chinesischer Megastädte neue Einkaufszentren, Karaoke-Clubs und Luxushotels entstehen. Touristen sollen hier, neben "tibetischer Kultur", den gleichen Komfort und das gleiche Unterhaltungsprogramm wie zu Hause geboten bekommen.
Umbau Lhasas
Für viele tibetische Einheimische ist das zu viel des Guten. Die chinesisch-tibetische Schriftstellerin und Aktivistin Tsering Woeser sagte der Deutschen Welle, die lokale Bevölkerung sei wegen des Baubooms in der tibetischen Hauptstadt beunruhigt. "Die Baumaßnahmen finden nicht nur oberirdisch statt, sondern auch unter der Erde. Da haben sie zum Beispiel vor zwei Jahren angefangen, ein riesiges Einkaufszentrum im nördlichen Teil der Altstadt von Lhasa zu bauen. Für das unterirdische Parkhaus wird jede Menge Grundwasser abgepumpt. Das beunruhigt die Einwohner sehr. Es gab eine große Diskussion darüber und gegen die lokale Behörde wurde eine Petition eingereicht.“
Die aber nichts genutzt hat, das Einkaufszentrum wird gebaut. Kein Wunder, denn es handelt sich um ein Bauprojekt, an dem die lokale Regierung maßgeblich beteiligt ist. Die Deutsche Welle scheiterte beim Versuch, die Meinung tibetischer Einwohner über den neuen Bau- und Massentourismusboom zu gewinnen. Alle aus dem Funkhaus in Bonn abgehenden Anrufe nach Tibet wurden mit der automatischen Ansage beantwortet: "Sorry, you cannot use this service."