Charles III. ist der neue König
9. September 202263 Jahre war er Prince of Wales. Jetzt - mit 73 Jahren - ist Prince Charles der älteste Nachfolger auf den britischen Thron, den er als König Charles III. besteigt.
"Der Übergang ist gut geplant - ebenso wie die Beerdigung von Queen Elizabeth", schrieb Robert Hazell, Politoge am University College London, der DW auf Nachfrage. "Dennoch wird viel davon abhängen, wie die Öffentlichkeit auf Charles' Krönung reagieren wird und wie die Unterstützung der Regierung aussieht."
Leben in der Königfamilie
Prince Charles hatte viel Zeit, sich an ein Leben im Rampenlicht zu gewöhnen. 1970 machte er einen Bachelor-Abschluss in Geschichte am Trinity College in Cambridge. Anschließend trat er eine Militärlaufbahn an - unter anderem kommandierte er das Minensuchboot HMS Bronington.
Im Sommer 1981 heiratete er unter riesigem Medienrummel die 20-jährige Diana Spencer. Prinzessin Diana war äußerst beliebt, sie stand aber auch unter ständiger Beobachtung durch die Boulevardpresse. Schließlich ließen sich die beiden 1996 scheiden. Ein Jahr später starb Diana bei einem spektakulären Autounfall.
Charles soll während der Trennung zu Diana gesagt haben: "Erwartest Du ernsthaft, dass ich der erste Prince of Wales bin, der keine Mätresse hat?" Camilla Parker Bowles war da schon lange seine Geliebte - 2005 konnte er sie schließlich heiraten.
Und so gibt es die zwei Seiten des Charles: hier der Womanizer und dort der Philantrop. Neben dem sogenannten "Prince's Trust", eine von Charles 1976 gegründete Wohltätigkeitsorganisation, die benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene unterstützt, fördert er unter anderem auch Kunstinitiativen.
Charles' größte Leidenschaft allerdings gilt dem Schutz der Umwelt und dem Kampf gegen den Klimawandel. Seit 2007 engagiert er sich für ein Regenwald-Projekt. Er holte Unternehmen, Politiker und verschiedene Berühmtheiten ins Boot, um das Bewusstsein für das Anliegen – Maßnahmen gegen die Abholzung der tropischen Wälder - zu schärfen.
Als König wird Charles sich wohl weiter für religiöse Diversität und für ein multikulturelles, modernes Großbritannien einsetzen. Schon im Vorfeld hatte er angekündigt, dass seine Krönung eine Veranstaltung vieler Glaubensrichtungen sein werde.
Teil der Politik
Allerdings fehlt Charles der Instinkt seiner Mutter. So kann er in politischen oder sozialen Fragen selten unparteiisch bleiben. In der Vergangenheit hielt er seine Ansichten nicht zurück.
Sein Mangel an Neutralität wurde in der Affäre um die sogenannten "Black Spider"-Memos deutlich. Die Zeitung The Guardian hatte diese Notizen veröffentlicht; sie zeigten, wie Charles versuchte, auf Regierungsmitglieder und andere Politiker Einfluss zu nehmen. Dabei ging es um so unterschiedliche Themen, wie die Rettung gefährdeter Fische, um die Bestellung von militärischer Ausrüstung für Truppen im Irak oder um die Keulung von Dachsen, damit sich die Tuberkulose unter Rindern nicht weiter ausbreitet. Die Veröffentlichung zog einen langen Rechtsstreit nach sich.
Als König werde Charles solche Neigungen zügeln müssen, sagt der Politologe Hazell. "Der Monarch muss in allen politischen Fragen bedingungslos neutral sein, wie es die Königin getan hat. Charles wird bei seiner wöchentlichen Audienz beim Premierminister Gelegenheit haben, seine Ansichten zu äußern. Er werde sich aber an seine verfassungsgemäßen Rechte halten müssen: konsultiert zu werden, zu ermutigen und zu warnen." Ansonsten, so erwartet Hazel, werde "die Regierung ihn an die Pflichten eines konstitutionellen Monarchen erinnern."
Verwicklung in Skandale
2017 tauchte Charles' Name in den sogenannten "Paradise Papers" auf. Ein Daten-Leck, das die Namen von Politikern, Unternehmern und Prominenten enthüllte, die dubiose Offshore-Investitionen betrieben. In seinem Fall soll es sich um ein auf den Bermudas betriebenes Unternehmen gehandelt haben. Demnach soll Charles 2007 zwar auf Änderungen der Klimapolitik gedrängt haben, aber nicht preisgegeben, dass er von diesen Änderungen durch sein Auslandsgeschäft profitieren würde. Charles seinerseits sagte, er sei nicht direkt an dem Offshore-Konto beteiligt.
In jüngster Zeit sind neue Fragen zu weiteren Enthüllungen im königlichen "Bargeld-Skandal" aufgetaucht. Es wird behauptet, dass wohlhabende ausländische Personen im Gegenzug für ihre Spende an die von Charles gegründete Prince's Foundation Vergünstigungen erhalten haben sollen. In einem Fall geht es um einen saudischen Tycoon, der für seine Verdienste zum Ritter geschlagen wurde, in einem anderen soll einem russischen Bankier ein Treffen mit Charles versprochen worden sein.
Die Enthüllungen haben zum Rücktritt von drei wichtigen Mitarbeitern der Wohltätigkeitsorganisation geführt, darunter Charles' enger Mitarbeiter Michael Fawcett. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung ist zunächst "vorübergehend" zurückgetreten. Charles selbst hat jegliche Kenntnis der angeblichen Praktiken bestritten.
Charles müsse solche Vorfälle vermeiden, wenn er als König die öffentliche Meinung auf seine Seite ziehen will, sind sich Beobachter einig. Oder wie es der Politologe Hazell sagt: Welche Akzeptanz Charles erfährt und wie populär er sein wird, hängt davon ab "ob Charles in Schwierigkeiten gerät und welche unvorhergesehenen Ereignisse es geben wird".