Burkina Faso: Neue Schlappe für Frankreich im Sahel
25. Januar 2023In einem Monat läuft die Ausreisefrist für französische Soldaten in Burkina Faso ab - so lautet die Botschaft der regierenden Militärjunta. Rund 400 Spezialkräfte sind in dem westafrikanischen Land im Einsatz. Damit soll es nun vorbei sein. Frankreich hat angekündigt, die Frist zum Abzug einzuhalten.
Die Truppen unterstützen bisher burkinische Soldaten bei der Bekämpfung eines islamistischen Aufstands, der sich in den letzten zehn Jahren von Mali aus über die Sahelzone ausgebreitet hat.
Bereits im August 2022 hatte Frankreich seine Soldaten aus dem Nachbarland Mali abgezogen und seinen Militäreinsatz offiziell beendet - nicht zuletzt, weil es anti-französische Propaganda gegen diese Militäroperation gab. Zudem haben sich die Beziehungen zwischen Frankreich und seiner ehemaligen Kolonie Burkina Faso haben sich nach einem Militärputsch im September 2022 und der Machtübernahme durch den 34-jährigen Militäroffizier Ibrahim Traoré verschlechtert.
Kein Erfolg im Anti-Terror-Kampf
Seit der Machtübernahme durch das neue Militärregime steigt die Ablehnung gegen die westlichen Militärpräsenz im Land. Immer wieder demonstrieren junge Menschen gegen diese und forderten die Abreise des französischen Botschafters und der französischen Truppen. Noch vor wenigen Tagen hatten Hunderte in der Hauptstadt Ouagadougou Anti-Frankreich-Parolen gerufen. Gleichzeitig versucht Russland, in dem Land an politischem Einfluss zu gewinnen.
Die Junta hatte ihren Putsch mit der "kontinuierlichen Verschlechterung der Sicherheitslage" begründet. Im Zuge der Machtübernahme hatten Anhänger Traorés russische Fahnen geschwenkt und die französische Botschaft mit Steinen beworfen.
Die anti-französische Stimmung beobachtet auch Antoine Glaser, Journalist und Experte für die Politik im Sahel. "Es ist im Kontext dieser nationalistischen Bestrebungen, dass junge Leute den Abzug der französischen Soldaten fordern", sagt er der DW. Dies mache sich wiederum die Militärregierung in ihrer Propagandastrategie zunutze: "Da sie nicht wirklich Erfolg gegen die Dschihadisten haben, bauen sie ihre Unterstützung in der Bevölkerung aus, indem sie sagen: 'Frankreich muss Burkina Faso verlassen.'"
Operation Sabre am längsten im Einsatz
Offiziell wurde die Operation Sabre - auf Deutsch "Säbel" - zwar erst 2018 in der Amtszeit von Roch Marc Christian Kaboré. Doch eingerichtet wurde sie schon 2010 unter der Präsidentschaft von Blaise Compaoré, - noch bevor der Norden Malis von Islamisten besetzt war, sagt der Journalist und Sahel-Experte Seidik Abba. "Damals kam es häufiger vor, dass in den Ländern der Sahelzone europäische oder französische Geiseln genommen wurden", so Abba im DW-Interview.
Damit habe sie eine längere Geschichte als die Operation Serval in Mali oder die Operation Barkhane in der Sahelzone. Zwar sei die Arbeit der Spezialeinheit aus zunächst nur 50 bis 100 Mann wenig sichtbar geworden. Aber die Soldaten hätten bei den Terroranschlägen in der Hauptstadt Ouagadougou im Januar 2016 eingegriffen, um die rund 120 Geiseln zu befreien. Zudem habe die Militärmission oft an der Seite anderer französischer Missionen außerhalb von Burkina Faso interveniert, etwa gemeinsam mit der Barkhane-Truppe, um Dschihadistenführer zu bekämpfen. "Frankreich hatte diese Einheit, um Spezialoperationen durchzuführen", so Abba.
Burkina-Faso will stärker mit Russland zusammenarbeiten
Aber der Terror ist das wohl größte Problem Burkina Fasos. Erfolge sind hier dringend gewünscht. "Die burkinischen Behörden sind heute der Ansicht, dass die Präsenz keinen Mehrwert hat", sagt Abba. "Denn trotz der langen Dauer dieses Einsatzes und der der inzwischen 400 Mann starken Truppe ist kein Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus erkennbar."
Mit dem jetzt angekündigten Abzug der französischen Soldaten könnte Burkina Faso - wie auch sein Nachbarland Mali - versuchen, seine militärische Zusammenarbeit mit Russland zu verstärken. Häufige diplomatische Kontakte deuten schon jetzt darauf hin. "Russland ist in dieser Dynamik eine vernünftige Wahl", sagte der burkinische Premierminister Apollinaire Kyelem de Tembela nach Gesprächen mit dem russischen Botschafter letzte Woche und einem Besuch in Moskau im Dezember. "Wir glauben, dass unsere Partnerschaft gestärkt werden muss", fügte er hinzu.
Hat der Abbruch der Operation Sabre durch die burkinischen Behörden direkt mit dem Kreml zu tun, oder einem möglichen Einsatz von in Afrika tätigen russischen Söldnern der berüchtigten Wagner-Gruppe? Analyst Abba ist skeptisch: "Nein, das glaube ich nicht. Der Grund ist das schlechte Ergebnis im Kampf gegen den Terrorismus, trotz der Präsenz von Sabre auf burkinischem Territorium."
Die Sicherheitslage in Burkina-Faso verschlechtert sich
Aber alle, die vom Abzug der Sabre-Truppen profitieren könnten, hielten sich bereit, meint Abba - seien es Vertreter der russisch-bilateralen militärischen Zusammenarbeit, sei es Wagner. "All diese Gruppen lauern im Hinterhalt." Der russische Botschafter mit Wohnsitz in Abidjan habe sich nach dem Putsch mit den neuen Behörden ausgetauscht und die Bereitschaft seines Landes signalisiert, den Anti-Terrorkampf zu unterstützen.
Die Sicherheitslage in der Region verschlechtert sich weiter. Der Bedarf an humanitärer Hilfe hat laut der UN-Flüchtlingshilfe ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht - zwei Millionen Menschen sind aus Angst vor Überfällen durch bewaffnete Gruppen im Norden aus ihren Dörfern geflohen, Tausende wurden bei Angriffen getötet.