Bundesnetzagentur genehmigt Wasserstoff-Kernnetz
22. Oktober 2024Die Bundesnetzagentur hat das von den Fernleitungsbetreibern vorgeschlagene Wasserstoff-Kernnetz für Deutschland genehmigt. Damit ist der Startpunkt für den Aufbau einer Infrastruktur zur deutschlandweiten Verteilung von Wasserstoff gegeben, wie Behördenchef Klaus Müller und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mitteilten.
Bis 2032 sollen demnach Leitungen mit einer Gesamtlänge von mehr als 9000 Kilometern entstehen. Für 60 Prozent davon würden bereits bestehende Gasleitungen auf Wasserstoff umgestellt. Dennoch bleibe die Versorgung mit Erdgas weiter gewährleistet, betonte Müller. Dafür ist der Bau zusätzlicher Erdgasleitungen vorgesehen. Allein das werde zwei Milliarden Euro kosten, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur.
Habeck: "Zentraler Baustein der Energiewende"
Bereits im kommenden Jahr könnten erste Abschnitte des Kernnetzes fertiggestellt sein, kündigte Wirtschaftsminister Habeck an. Das Projekt sei ein "zentraler Baustein" der Energiewende. Zunächst sollen "zentrale Wasserstoff-Standorte in allen Bundesländern miteinander verbunden" werden. Dazu gehören etwa große Industriezentren, Speicher und Kraftwerke.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) gab zu bedenken, das Kernnetz allein werde nicht ausreichen, um viele Unternehmen aus Industrie und Mittelstand anzuschließen, die künftig auf gasförmige Energieträger angewiesen sein würden. Dafür brauche es dringend auch Verteilnetze, so VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Den Verteilnetzbetreibern fehlten bisher die rechtlichen Grundlagen, um bestehende Infrastruktur auf grüne Gase umrüsten zu können.
CDU-Energiepolitiker Jung: "Nord-Süd-Schieflage"
Aus der Opposition kommen kritische Stimmen zur geografischen Abdeckung einzelner Bundesländer. Der Energiepolitiker Andreas Jung (CDU) beklagte eine "Nord-Süd-Schieflage". Der Bundestagsabgeordnete aus Konstanz am Bodensee monierte, weite Teile des süddeutschen Bundeslandes Baden-Württemberg würden "schlicht abgehängt", da zunächst kein Anschluss ans Kernnetz vorgesehen sei. Auch große Teile Bayerns werden den Plänen zufolge vorerst nicht berücksichtigt.
Die Bundesnetzagentur genehmigte das Vorhaben eigenen Angaben zufolge mit "kleineren Anpassungen". Es wurden demnach nur Leitungen erlaubt, "die für die Transportaufgabe des Wasserstoff-Kernnetzes notwendig sind". Die Bonner Behörde erwartet Investitionskosten von 18,9 Milliarden Euro. Das Netz soll von der Privatwirtschaft gebaut und betrieben und über die Nutzer-Entgelte finanziert werden.
"Größtes Wasserstoff-Pipelinesystem der Welt"
"Da es jedoch am Anfang relativ wenige Abnehmer geben wird, können die Investitionskosten nicht voll auf die Nutzer umgelegt werden - daher werden die Netzentgelte gedeckelt", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Ein sogenanntes Amortisationskonto soll dafür sorgen, dass geringe Einnahmen in der ersten Phase später durch höhere Einnahmen ausgeglichen werden.
Für 2032 ist den Angaben zufolge eine Einspeiseleistung von 101 Gigawatt geplant, damit wäre das Netz dem Landeswirtschaftsministerium von Sachsen zufolge das "größte und leistungsstärkste Wasserstoff-Pipelinesystem der Welt". Alle zwei Jahre soll es zudem überprüft und weiterentwickelt werden.
Deutsche Energie-Agentur: "Richtungsweisende Entscheidung"
Die Deutsche Energie-Agentur (DENA) bezeichnete die Entscheidung als "richtungsweisend". "Dass Wasserstoff zur Erreichung der Klimaziele Deutschlands ein essenzieller Energieträger sein wird, ist unumstritten", macht DENA-Geschäftsführerin Corinna Enders deutlich.
Für die 15 Fernleitungsbetreiber stehe als nächster Schritt an, die jeweiligen Projekte umzusetzen. Neben dem Transport von Wasserstoff innerhalb Deutschlands ermögliche das Kernnetz "durch die Anbindung an die Pipelines unserer Nachbarländer auch den Import von Wasserstoff", so Enders.
jj/AR (dpa, afp, rtr)