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Innenministerium für Verbot von Kinderehen

10. September 2016

Das Bundesinnenministerium fordert, dass im Ausland geschlossene Kinderehen in Deutschland untersagt werden. Neu veröffentlichte Zahlen haben die Debatte um Kinderehen von Flüchtlingen in Deutschland befeuert.

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Protestaktionder Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes gegen Kinderehen in Berlin (Foto: Imago)
Das Foto zeigt eine Protestaktion der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes gegen Kinderehen in BerlinBild: Imago

"Wir brauchen ein eindeutiges Verbot, Kinderehen aus dem Ausland in Deutschland fortzuführen. Kinderehen schaden Kindern immer", sagte der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder (CDU) als Reaktion auf neue Zahlen über minderjährige Verheiratete den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dafür dürfe es auch keine religiösen Rechtfertigungen geben.

In Deutschland leben laut Ausländerzentralregister 1475 minderjährige ausländische Personen mit dem Familienstand "verheiratet". 361 von ihnen seien jünger als 14 Jahre alt. Die Dunkelziffer ist nach Schätzungen vieler Experten aber noch deutlich höher.

Kinderehen: Ein nepalesisches Drama

Laut der Aufstellung des Innenministeriums, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag und über die am zuerst die Funke-Zeitungen berichtet hatten, handelt es sich bei den meisten minderjährig Verheirateten um Syrer - hier waren 664 Fälle bekannt. Weitere Herkunftsstaaten waren Afghanistan (157 Fälle), Irak (100 Fälle), Bulgarien (65 Fälle), Polen (41 Fälle), Rumänien (33 Fälle) und Griechenland (32 Fälle). Unter den minderjährig Verheirateten waren mit 1152 deutlich mehr Mädchen als Jungen. Nur 26 der registrierten Betroffenen haben den Angaben zufolge ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland.

"Zwangsehen nicht dulden"

"Niemand darf zu einer Ehe gezwungen werden, erst recht keine Kinder", schrieb Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auf der Homepage seines Ministeriums: "Zwangsehen dürfen wir nicht dulden, sondern müssen entsprechende Schutzmechanismen für die Betroffenen noch umfänglicher in Gang setzen. Wir werden dazu noch in diesem Jahr einen konkreten Vorschlag auf den Weg bringen."

Maas hatte am Montag eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Ländern und Bundesministerien einberufen, die noch in diesem Jahr ihre Ergebnisse vorlegen will. Die Arbeitsgruppe soll darüber diskutieren, inwiefern die Vorschriften zur Ehemündigkeit im deutschen Recht geändert werden sollen. Außerdem soll die konkrete Praxis der Anerkennung von Auslandsehen mit minderjährigen Partnern thematisiert werden. Dieses Problem hatte sich durch den Zuzug von Flüchtlingen verschärft.

Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Katja Dörner warnte allerdings vor "Schnellschüssen". Mit Blick auf etwaige gesetzliche Regelungen müsse das Wohl der Kinder und Jugendlichen oberste Richtschnur sein. "Von den 1475 in Deutschland lebenden verheirateten ausländischen Minderjährigen sind 994 älter als 16 Jahre. Dies lässt auch das deutsche Recht in Ausnahmefällen zu."

Ausnahmen ab 16 möglich

In Deutschland sollen Ehen nicht vor der Volljährigkeit geschlossen werden. Ausnahmen sind möglich, wenn einer der Partner volljährig, der andere mindestens 16 Jahre alt ist. Komplizierter ist die Rechtslage beim Umgang mit im Ausland geschlossenen Ehen. Bisher werden Kinderehen in Deutschland dann nicht anerkannt, wenn ein Partner jünger als 14 Jahre ist. Bei Ehen, die mit 14-jährigen oder älteren Minderjährigen geschlossen wurden, haben die Gerichte einen Ermessensspielraum.

stu/wl (afp, dpa, kna)