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"Bulgarien und seine Menschen sind mir ans Herz gewachsen"

8. März 2002

– Interview mit Josef Gruber, Leiter des Regionalbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sofia, der nach Ablauf seines Mandats in den Ruhestand tritt

https://p.dw.com/p/1yBt

Sofia, März 2002, WIRTSCHAFTSBLATT, deutsch

Frage:

Herr Gruber, Sie haben sechs Jahre als Leiter des Regionalbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sofia gearbeitet. Wie bewerten Sie im Rückblick Ihren Aufenthalt in Bulgarien, und mit welchen Empfindungen verlassen Sie das Land?

Antwort:

Ich bin in der Tat seit 1996, mittlerweile also sechs Jahre im schönen Bulgarien. Für mich persönlich waren die Jahre in Bulgarien in jeder Hinsicht die interessantesten im Rahmen meiner insgesamt über 30-jährigen Tätigkeit bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in den verschiedenen Funktionen und in verschiedenen Ländern. Was unsere Tätigkeit insgesamt anbelangt, so liegt sie in der Förderung der Demokratie als Staats- und Lebensform. Im Falle Bulgariens haben sich konkret verschiedene Arbeitslinien entwickelt: Die Zusammenarbeit mit der Union der Demokratischen Kräfte/Vereinigten Demokratischen Kräfte (UDK/VDK), die Kooperation mit den Tarif- und Sozialpartnern, sprich: Bulgarische Wirtschaftskammer, Bulgarische Handwerkskammer und KNSB, die Verbindung zu Fakultäten der Sofioter Universität und zu Fakultäten von Hochschulen in den Regionen, die Kontakte zu den Bürgermeistern der Regionalstädte und zu NGO. Insgesamt ging es darum, Werte wie Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit als Orientierung für politisches Handeln zu unterstreichen, die soziale Marktwirtschaft als Wirtschafts- und Sozialordnung bekannt zu machen und den Gedanken der europäischen Integration (Bulgarien führt bekanntlich Beitrittsverhandlungen mit der EU) zu vertiefen. Ich glaube, der "Geist", der diese unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit begleitete, lässt eine positive Bewertung zu. Bulgarien und seine Menschen sind mir in dieser Zeit ans Herz gewachsen. Ich habe sehr viele Kontakte zu Vertretern von Politik und Wirtschaft, die über das offizielle hinaus gingen, geknüpft, aber auch viele "einfache" Bulgaren kennen und schätzen gelernt. Ich habe das Land kreuz und quer bereist und seine Naturschönheiten entdeckt. Ich habe mich mit der großartigen Geschichte Bulgariens beschäftigt und historische Stätten besucht. Das waren sehr erfüllte Jahre, und es ist verständlich, dass ich Bulgarien mit einer gewissen Wehmut verlasse. Aber ich hoffe, dass das kein Abschied für immer ist und ich auch in Zukunft immer wieder in Ihr wunderbares Land kommen kann.

Frage:

Sie sagten, dass Sie als Stiftung die Union der Demokratischen Kräfte (UDK) unterstützt haben. Worin bestand Ihre Zusammenarbeit mit der UDK konkret?

Antwort:

Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist eine politische Stiftung, die in Deutschland der CDU nahe steht. Daher ist es nur natürlich, dass wir in Bulgarien die UDK, die ebenfalls eine Partei mit christlich-demokratischer Ausrichtung ist, unterstützen. Darüber hinaus arbeiten wir auch mit den anderen in den Vereinigten Demokratischen Kräften zusammengefassten Parteien. Die UDK ist die einzige antikommunistische Sammelbewegung in Osteuropa, die seit der friedlichen Revolution 1989 bis heute überdauert und sich feste Positionen im Mitte-Rechts-Spektrum erobert hat - etwas, worauf die Bulgaren wirklich stolz sein können. Eine wichtige Etappe in ihrer Entwicklung war ihre Umwandlung von einer Vielparteienkoalition in eine homogene Volkspartei ab 1996. Unsere Stiftung hat diesen Prozess begleitet und unterstützt. Wir haben viele Maßnahmen - Konferenzen, Seminare, Gespräche - durchgeführt, Politikern der UDK die Möglichkeit gegeben, die deutsche Erfahrung vor Ort kennen zu lernen, sehr oft Meinungen mit der UDK-Führung ausgetauscht und eine Reihe von Publikationen, die die Problematik der Volksparteien behandeln, herausgegeben oder unterstützt. Einen wichtigen Platz in der Zusammenarbeit mit der UDK nehmen die inzwischen traditionellen Treffen im ehemaligen Feriendomizil Konrad Adenauers in Cadenabbia/Italien ein. Die vorerst letzte Begegnung dieser Art fand im Oktober 2001 statt. Dort wurde versucht, die Rolle der UDK in der Opposition neu zu formulieren und Impulse für die organisatorische und programmatische Erneuerung zu geben. Mit einer umfangreichen Frageaktion wird die Meinung nicht nur der Mitglieder, sondern der breiten Bevölkerung eingeholt. Als besonders interessant ist das Vorhaben der UDK zu bewerten, über Vereinigungen wie Junge UDK, Frauen, Arbeitnehmer, Wirtschaft etc. in einen strukturierten Dialog mit der Gesellschaft einzutreten. Damit wird ein wichtiger Schritt zur Ausgestaltung der Volkspartei unternommen. (fp)