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Neue Verhandlungen in Brüssel?

Barbara Wesel 6. Juli 2015

Nach dem Referendum ist die Lage noch schwieriger als vorher. Die Reaktionen bei den Europartnern und in Brüssel sind bestenfalls verhalten. Ob neue Vorschläge aus Athen das Blatt wenden können?

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Belgien EU-Parlament in Brüssel
Bild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Man muss dieser Tage in Brüssel genau hinhören: Die Grundstimmung bei Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für den Euro, war eher düster. Dennoch ließ er die Tür für Griechenland einen Spalt weit offen: "Falls alle Seiten ernsthaft arbeiten, ist es möglich, in dieser sehr komplizierten Lage eine Lösung zu finden". Das ist zunächst keine Absage an weitere Gespräche, allerdings habe die EU Kommission derzeit kein Verhandlungsmandat. Und es gebe darüber hinaus keinen Vorschlag der Griechen, über den man verhandeln könne. Das heißt: Es liegt nichts auf dem Tisch, es ist nicht einmal ein Tisch da. Inzwischen allerdings hat Alexis Tsipras angekündigt, dass er zum Gipfeltreffen am Dienstag einen neuen Vorschlag mitbringen wolle.

Tsipras hat Zeit und Chancen verschwendet

Er hat "Zeit und Gelegenheiten zur Einigung verschwendet" warf Kommissar Dombrovskis darüber hinaus der Regierung in Athen vor. Und :"Es gibt keinen einfachen Weg aus der Krise", also kein Geld aus Brüssel ohne Auflagen. Schließlich sagte der konservative Politiker aus Lettland noch, dass Griechenland "weiter Teil von Europa bleibe". Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass es im Euro bleiben müßte. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem ging die Sache andersherum an: "Mein politisches Ziel ist, das Griechenland in der Eurozone bleibt". Gleichzeitig aber betonte der Niederländer, dass man nach dem Referendum einer Lösung nicht näher gekommen sei und dass Reformen nötig sind. Die Argumentation in Brüssel läuft derzeit im Kreis.

Aus Österreich kommen bereits Warnungen, nicht zu viel vom Treffen der Euro Finanzminister zu erwarten, das dem Gipfel vorgeschaltet ist."Es gibt nicht viel Bewegungsspielraum", sagt Hans Jörg Schelling aus Wien. Und der österreichische Zentralbankchef Ewald Nowottny meint mit Blick auf Versprechungen an die griechischen Bürger:"Eine Lösung in zwei Tagen ist illusionär". Allerdings ist Finanzminister Varoufakis, der noch am Sonntagabend eine Einigung mit den Geldgebern innerhalb von 48 Stunden versprochen hatte, nicht mehr im Amt. Zumindest das Gesprächsklima dürfte sich damit in der Eurogruppe verbessern, selbst wenn keine Ergebnisse zu erwarten sind.

Valdis Dombrovskis, EU Kommission Brüssel (Foto: Francois Lenoir, REUTERS)
Valdis Dombrovskis ist EU-Kommissar für den EuroBild: Reuters/Francois Lenoir

Es ist kein Geld mehr da

Die Banken in Griechenland werden für weitere Tage geschlossen bleiben, dass räumten die Verantwortlichen in Athen inzwischen ein. SPD Chef Sigmar Gabriel hält inzwischen die Lage für dramatisch: Die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands stehe wohl unmittelbar bevor. Und ob das Land im Euro bleibe, müsse es am Ende selbst entscheiden. Deswegen müsse "die Regierung in Athen schnell ein substantielles Angebot machen", das über die bisherigen Vorschläge hinaus geht und für die Gläubiger akzeptabel ist. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zuvor erklärt, Berlin sei zwar weiter gesprächsbereit, aber für weitere Verhandlungen gebe es derzeit keine Voraussetzungen.

Die Regeln im Euro-Rettungsfonds sind hart

Ein Blick in die Regeln des ESM, des Euro-Rettungsfonds aus dem ein neues Hilfsprogramm kommen müsste, zeigt, warum die Lage schwieriger ist als zuvor: Die Eingangshürden sind hoch. Und vor allem: Der Deutsche Bundestag muss in allen wesentlichen Fragen beteiligt werden. Die Abgeordneten können ein Programm zu Fall bringen, von dem sie nicht überzeugt sind. Bundesfinanzminister Schäuble braucht das Mandat des Parlaments, um über die Zuteilung von ESM Hilfen an Griechenland zu entscheiden. Das heißt, der Bundestag müsste in der Sommerpause noch eine Plenarsitzung einberufen, um Schäuble die politische Genehmigung zu einem neuen Deal mit Athen zu geben. Darüber hinaus: Auch der ESM sieht keine Zahlung ohne Konditionen vor. Ziel ist in jedem Fall, ein Land wirtschafts- und finanzpolitisch wieder auf die Beine zustellen, und das geht nicht ohne Reformen.

Kleines Zeitfenster

"Es gibt ein Zeitfenster für eine Einigung", sagt Daniel Gros, Leiter des Zentrums für europäische Politik (CEPS) in Brüssel, aber das könnte sich schnell schließen, weil die Kapitalverkehrskontrollen die Wirtschaft abwürgen. Im Prinzip aber habe Alexis Tsipras jetzt ein starkes politisches Mandat und könne Dinge akzeptieren, die er vorher im Parlament nicht durchgebracht hätte. Gros hält es für möglich, dass die Griechen wieder Vertrauen gewinnen und nicht weiter ihr Geld von den Konten abziehen, wenn es einen Rettungsplan gibt, der Hoffnung für die Zukunft verspricht. Aber ohne eine solche Einigung mit den Gläubigern werden die Kontrollen immer enger und die Lage immer problematischer.

Daniel Gros (Foto: ceps Brüssel)
Daniel Gros: "Eile ist geboten"Bild: ceps.be

Die grundlegenden Frage ist jetzt, so der Wirtschaftsforscher, ob man eine Formel finden kann, mit der Alexis Tsipras nach Athen geht und verkündet: Ich habe einen Schuldenschnitt. Und die Wolfgang Schäuble im Bundestag präsentieren kann mit der Behauptung: Es gibt keinen Schuldenschnitt. Die größte Nachricht des Tages aber sei, dass die Finanzmärkte nur verhalten auf das griechische Referendum und seine Folgen reagiert hätten. Die meisten Anleger hätten die Probleme längst in ihr Kalkül einbezogen und zudem verstanden, dass Griechenland nur ein sehr kleiner Teil der Eurozone ist.

Bankenrettung und humanitäre Hilfe

Eine Reihe von EU Abgeordneten fordern inzwischen, man müsse Griechenland humanitäre Hilfe gewähren. "Wir sollen den Menschen helfen, aber mit der Regierung hart sein", fordert etwa der Vorsitzende der konservativen Volksparteien Manfed Weber. Er hält zwar den Rücktritt von Finanzminister Yanis Varoufakis für ein gutes Signal, sieht aber noch keine Anzeichen für akzeptable neue Vorschläge aus Athen. Rebeccah Harms von der Fraktion der Grünen will ebenfalls Hilfszahlungen, um der humanitären Krise in Griechenland zu begegenen. Sie verlangt aber auch, dass die Eurozone ihre Verantwortung für die Liquidität der griechischen Banken übernehmen solle. Dafür ist allerdings, nach den geltenen Regeln, die EZB zuständig. Auch Harms will, dass Griechenland im Euro bleibt. Allerdings ist sie Realistiin und fügt hinzu:"Alexis Tsipras muss auch die Bedingungen dafür schaffen".