1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Reise

Briten entziehen sich Schweizer Quarantäne

27. Dezember 2020

Statt auf der Piste begannen die Skiferien für britische Touristen im Skiort Verbier mit Corona-Quarantäne im Hotelzimmer. "So nicht", dachten mehr als 350 Briten und verschwanden über Nacht aus ihren Unterkünften.

https://p.dw.com/p/3nGJ8
Ein Ski-Gast geht im Schweizer Skigebiet Verbier alleine auf einer leeren Strasse an einem Lift vorbei
Fast ausgestorben: Der Schweizer Skiort Verbier verbucht derzeit kaum GästeBild: Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images

In der Schweiz haben sich hunderte Touristen aus Großbritannien teils über Nacht aus einer angeordneten Corona-Quarantäne verdrückt. Hoteliers in dem bei britischen Wintertouristen beliebten Skiort Verbier im Kanton Wallis hätten das gemerkt, weil vor den Zimmertüren abgestellte Frühstückstabletts nicht angerührt worden seien, berichtete Jean-Marc Sandoz, Sprecher der Gemeinde Bagnes, zu der Verbier gehört, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Der Ort habe vor Weihnachten 420 Gäste aus Großbritannien identifiziert, darunter auch Schweizer, die im Vereinigten Königreich lebten, und in Quarantäne geschickt. Etwa 50 von ihnen seien umgehend abgereist. Von den 370 anderen sei nach dem zweiten Weihnachtsfeiertag kaum mehr als zehn Urlauber noch da gewesen.

Sorge vor hoch ansteckender Virusvariante

Die Schweiz hatte am 20. Dezember alle Flüge aus Großbritannien - und Südafrika - gestoppt, weil in den Ländern neue und mutmaßlich hoch ansteckende Varianten des Coronavirus nachgewiesen worden waren. Die Behörden ordneten am 21. Dezember an, dass alle seit dem 14. Dezember Eingereisten rückwirkend für zehn Tage ab Ankunftsdatum in Quarantäne mussten. Nach offiziellen Angaben gab es seit diesem Datum 92 Flüge aus Großbritannien mit geschätzt 10.000 Menschen an Bord.

Gemeindeprecher Sandoz kritisierte die überstürzt und rückwirkend eingeführten Quarantänepflichten für Anreisende aus Großbritannien scharf. "Da saßen Familien mit kleinen Kindern plötzlich auf 20 Quadratmetern fest." Einige Gäste hätten sich inzwischen aus dem benachbarten Frankreich gemeldet. Dort seien die Skistationen zwar geschlossen, aber die Briten könnten wenigstens an die frische Luft.

Sorge um die Zukunft des Skiorts Verbier

Die Gemeindeverwaltung von Bagnes habe sich für die Gäste anfangs auch um Rückflüge bemüht, aber als klar war, dass nur Passagiere mit einem Nachweis über eine zehntägige Quarantäne einsteigen durften, hätten die Betroffenen abgewunken.

Rund ein Fünftel der Gäste im Skiort Verbier kommt traditionell aus Großbritannien. Aus Sorge vor der hoch ansteckenden neuen Variante des Coronavirus war der 9000-Einwohner-Ort plötzlich als vermeintlicher Corona-Hotspot verschrien. Viele Schweizer hätten ihren Urlaub abgesagt, berichtet Sandoz. Normalerweise habe Verbier in dieser Woche 50.000 Gäste. Nun hätten die Hotels gerade einmal eine Auslastung von 30 bis 40 Prozent.

Vier Ski-Gäste sitzen mit Mund-Nasen-Bedeckung in einem Sessellift
Diese Ski-Gäste dürfen in Verbier auf die Piste - in den Sessellift aber nur mit Mund-Nasen-BedeckungBild: Jean-Christophe Bott/Keystone/picture alliance

Die Atmosphäre in Verbier und den umliegenden Gemeinden scheint zudem vergiftet. Seine eigene Nachbarin sei wegen ihres Akzents bei den Behörden gemeldet worden - dabei lebe die gebürtige Britin seit 40 Jahren im Ort, erzählt Gemeindeprecher Sandoz.

Er befürchtet, dass sich die Skiorte nicht von dem Eklat so schnell erholen könnten.Die Gäste aus Großbritannien seien verständlicherweise stinksauer gewesen, so Sandoz, und man könne nicht abschätzen, ob sie in den kommenden Jahren ihren Skiurlaub nicht lieber woanders verbringen wollten. 

Volle Pisten in Österreich

In die Skigebieten im Nachbarland Österreich gab es an diesem Wochenende einen so großen Andrang mit teils extremen Verkehrsstaus, dass einzelne Gemeinden die Notbremse zogen und den Zutritt sperrten.

In Österreich sind viele Skigebiete geöffnet, allerdings praktisch nur für Einwohner. Für Anreisende aus dem Ausland gilt eine zehntägige Quarantänepflicht, was die meisten Touristen abschreckt. Zudem sind die besonders wirksamen FFP2-Masken als Mund- und Nasenschutz für alle Skifahrer über 14 Jahre vorgeschrieben, die Gondeln oder Lifte benutzen oder anstehen müssen. Die Bergbahnen befördern teils nur halb so viele Gäste, um Abstandsregeln einhalten zu können. Tickets sollen online gebucht werden. Hotels und Restaurants, also auch Skihütten, sind im inzwischen dritten Lockdown in Österreich allerdings geschlossen.

cw/qu (dpa)