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Polizei beschuldigt Lula da Silva

27. August 2016

Neues Ungemach für Brasiliens langjährige Regierungspartei PT: Ex-Präsident Lula da Silva droht eine Anklage wegen Korruption. Im Senat steht die Amtsenthebung der suspendierten Präsidentin Rousseff vor dem Abschluss.

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Luiz Inácio Lula da Silva (Archivbild: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Dana

Die brasilianische Polizei hat Luiz Inácio Lula da Silva der Korruption und der Geldwäsche in Zusammenhang mit der Petrobras-Affäre beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft hat nun drei Monate Zeit, um den Polizeibericht zu prüfen und möglicherweise Klage zu erheben. Lula (Artikelbild) ist ein Vertrauter der suspendierten Präsidentin Dilma Rousseff und amtierte von 2003 bis 2010 selbst als Staatschef.

Der Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras erschüttert Brasilien seit Jahren. Neben Lulas und Rousseffs Arbeiterpartei (PT) sind auch andere Parteien in die Korruptionsaffäre verwickelt. In ihrem Bericht beschuldigt die Bundespolizei auch Lulas Frau Marisa Leticia Lula da Silva der passiven Bestechung und Geldwäsche sowie drei weitere Verdächtige.

Der Senat während der Debatte über das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff (Foto: Reuters)
Der Senat während der Debatte über das Amtsenthebungsverfahren gegen RousseffBild: Reuters/U. Marcelino

Lula ist bereits wegen Behinderung der Justiz im Zusammenhang mit der Aufklärung der Petrobras-Affäre angeklagt. Die Polizei wirft dem Ehepaar vor, von der Baufirma OAS Güter im Wert von 670.000 Euro zum derzeitigen Umrechnungskurs illegal erhalten zu haben. Unter anderem geht es um ein Appartement im Badeort Guarujá, das der OAS-Konzern Lula überließ und für ihn renovierte und dessen Besitz dieser den Behörden verschwiegen haben soll. Die Firma steht im Verdacht, in den Petrobras-Schmiergeldskandal verwickelt zu sein.

Als Rousseff ihren langjährigen Freund und Mentor Lula im März zum Stabschef der Regierung ernennen wollte, schritt die Justiz ein, weil der Posten ihm Immunität verschafft hätte. Bei einer Verurteilung könnte der 70-jährige Lula Ende 2018 nicht für ein drittes Mandat als Staatschef kandidieren.

"Verräter und Usurpator"

Das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff vor dem Senat befindet sich unterdessen in der entscheidenden Phase. Rousseff wurde Anfang Mai vom Parlament vorläufig abgesetzt. Ihr Vizepräsident Michel Temer von der Partei der Demokratischen Bewegung (PMDB) hat das Amt zunächst interimsweise übernommen. Im Fall einer Amtsenthebung würde Temer die Präsidentschaft bis zu den Wahlen 2018 übernehmen. Rousseff spricht von einem "Putsch" und bezeichnet Temer als "Verräter und Usurpator".

Ihr wird vorgeworfen, Haushaltszahlen geschönt zu haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern. Über staatliche Banken wurden milliardenschwere Sozialprogramme bezahlt. Die Regierung soll nach der Amtsenthebungsklage Zahlungen an die Banken verzögert haben, um das Defizit kleiner erscheinen zu lassen. Zum anderen geht es um Staatskredite, die ohne Zustimmung des Parlaments erlassen worden sein sollen.

Dilma Rousseff sieht das Verfahren als Putschversuch (Foto: dpa)
Dilma Rousseff sieht das Amtsenthebungsverfahren als PutschversuchBild: picture-alliance/dpa/C. Gomes

Bei dem Verfahren gegen Rousseff vor dem Senat wurden am Freitag zunächst Zeugen vernommen. Später wurden Rousseff-Anhänger und -Gegner beinahe handgreiflich. Angesichts der Tumulte setzte der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Ricardo Lewandowski, der den Vorsitz des Tribunals im Senat führt, die Sitzung aus.

Am Montag wird sich Rousseff persönlich im Oberhaus verteidigen. Sollte die einstige Guerillakämpferin endgültig des Amtes enthoben werden, ginge eine 13-jährige PT-Herrschaft zu Ende. Voraussichtlich am Dienstag oder Mittwoch werden die Senatoren dann abstimmen. Für die Amtsenthebung ist eine Zweidrittelmehrheit von 54 der 81 Mitglieder des Senats erforderlich. Sie gilt als sehr wahrscheinlich.

In den Petrobras-Skandal sind zahlreiche Geschäftsleute und Politiker verwickelt. Von 2004 bis 2014 sollen mehr als zwei dutzend Firmen, zumeist große Baukonzerne, Schmiergelder an Petrobras gezahlt haben. Petrobras wiederum zahlte Bestechungsgeld an Politiker. Allein die Arbeiterpartei soll bis zu 200 Millionen Dollar erhalten haben.

stu/cr (afp, dpa)