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Brasilien, erbarme dich!

Ericka de Sá / Greta Hamann31. Januar 2014

Gebt Edward Snowden Asyl in Brasilien! Das fordern weltweit mehr als eine Million Menschen. Das Land debattiert schon lange, ob es den berühmten Whistleblower aufnehmen soll. Doch das scheint eher unwahrscheinlich.

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Menschen protestieren mit Snowden- und Manningmaske. (Foto: REUTERS/Thomas Peter)
Bild: Reuters

"Edward - Brasilien wartet auf Dich!" So unterzeichnete David Miranda die Online-Petition auf der Plattform Avaaz, die mittlerweile schon von mehr als einer Million Unterstützern digital unterschrieben wurde.

Miranda ist Brasilianer und der Lebensgefährte des Journalisten Glenn Greenwald, der die ersten Interviews mit dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden führte. Im November 2013 hatte Miranda die Petition ins Leben gerufen, bei 1.250.000 Stimmen angekommen will er sie an die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff übergeben - allzu lange wird das voraussichtlich nicht mehr dauern.

Nicht nur die Unterstützer der Petition glauben, dass Edward Snowden in Brasilien gut aufgehoben wäre. Auch er selbst hat nach eigenen Angaben um politisches Asyl im Land gebeten. Der Antrag wurde bis heute nicht beantwortet, heißt es auf der offiziellen Unterstützerseite Snowdens. Brasiliens Präsidentin dagegen behauptet, bisher sei noch kein offizieller Antrag von Snowden eingegangen. Im Juli 2013 sagte der brasilianische Außenminister allerdings bereits, man würde Snowden kein Asyl gewähren.

Brasilien debattiert Asyl für Snowden

Ende Dezember kochte die Diskussion um politisches Asyl für Snowden am Zuckerhut besonders hoch. Snowden hatte einen offenen Brief "an das brasilianische Volk" geschrieben und noch einmal klar gemacht, dass er Unterstützung braucht: "Solange mir kein Land dauerhaft Asyl gewährt, wird Washington versuchen, mich am Reden zu hindern." Viele interpretierten diesen Satz damals als erneutes Asylgesuch Snowdens an Brasilien.

Dilma Rousseff (Foto: AP Photo/Eraldo Peres)
Brasiliens Präsidentin wurde von der NSA ausgespäht. Trotzdem soll Snowden nicht nach Brasilien kommenBild: picture-alliance/AP Photo

Auch viele brasilianische Politiker wollen, dass der US-Whistleblower ins Land kommt und mehr Details über die US-Spionage verrät. Brasilien ist neben Deutschland besonders stark von den NSA-Lauschangriffen betroffen. Sowohl Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wurden von der NSA abgehört. Ebenso war wohl auch der staatliche Mineralölkonzern Petrobras Ziel der Lauschangriffe des US-Geheimdienstes.

"Wenn Edward Snowden hier in Brasilien wäre, dann könnten wir den Abhörskandal, der nicht nur hier, sondern weltweit für Entrüstung gesorgt hat, komplett aufklären", sagte Senator Ricardo Ferraço im Dezember gegenüber der brasilianischen Presse. Ferraço ist Berichterstatter der Parlamentarischen Untersuchungskommission des Senats in der Hauptstadt Brasília, die den Lauschangriff auf Präsidentin Dilma Rousseff und Petrobras verfolgt.

"Brasilien will sich nicht mit USA anlegen."

Trotz der großen Unterstützung in der brasilianischen Gesellschaft und in den Medien glaubt Virgílio Caixeta Arraes nicht, dass die Petition etwas an der Einstellung der brasilianischen Regierung zum Asylgesuch Snowdens ändern wird: "Derzeit hat Brasilien schlicht kein Interesse daran, sich mit den USA anzulegen", sagt der Professor des Instituts für Internationale Beziehungen der Universität von Brasília im Interview mit der DW.

Auch der Politikwissenschaftler Antônio Celso Alves Pereira von der Universität Rio de Janeiro glaubt nicht, dass Brasiliens Präsidentin den ersten Schritt in Sachen Aufenthaltsrecht für Edward Snowden tun wird: "So lobenswert Snowdens Taten auch sind und so sehr Snowden es verdient hat, von uns aufgenommen zu werden: Die Regierung Brasiliens wird die Spannungen, die das Verhältnis zwischen uns und den USA derzeit belasten, nicht noch vergrößern."

Brasilien wählt im Oktober

Die anstehenden Präsidentschaftswahlen im Oktober kommen zu der schwierigen Situation noch hinzu, so Arraes: "Im Wahljahr ist die Regierung an keinerlei Auseinandersetzungen mit den USA interessiert, die die wirtschaftlichen Beziehungen zu Nordamerika belasten könnten." Dilma Rousseffs Absage auf US-Präsident Obamas Einladung vergangenes Jahr sei das mutigste Zeichen der Präsidentin gewesen, über das sie nicht noch hinaus gehen würde, so der Professor.

Edward Snowden befindet sich seit Mitte 2013 in Russland, wo ihm vorübergehend Asyl gewährt wurde. Auch in Deutschland wird in mehreren Online-Petitionen von den Bürgern gefordert, dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Asyl zu gewähren. Der Aufruf mit den meisten Unterstützern liegt derzeit jedoch in Deutschland bei rund 180.000 Unterschriften. Bisher hat sich noch kein Land dazu entschlossen, Snowden dauerhaft Asyl zu gewähren. Nach eigenen Angaben habe er in 21 Staaten darum gebeten. Die meisten Länder argumentieren, dass die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.