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Kampf für Gleichberechtigung

20. November 2008

Politik und Wirtschaft in Bosnien und Herzegowina werden fast nur von Männern bestimmt. Trotz des Gleichstellungsgesetzes seien Frauen weiter unterrepräsentiert, beklagen Frauenorganisationen.

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Männerdominanz in BosnienBild: Bilderbox

Es gibt keine Frau an der Spitze einer politischen Partei in Bosnien und Herzegowina. Frauen sind auch kaum an wirtschaftlichen Entscheidungen beteiligt. Im Ministerrat, der Regierung von Bosnien und Herzegowina, hat keine einzige Frau einen Ministerposten, nur zwei Frauen bekleiden das Amt von stellvertretenden Ministerinnen. Im Unterhaus sind von 42 Abgeordneten nur fünf Frauen, das sind gerade einmal 11,9 Prozent. Im Oberhaus sind es sogar nur zwei von insgesamt 15 Mandatsträgern. Dass es um die Gleichstellung in Bosnien schlecht bestellt ist, bestätigten die Teilnehmerinnen einer Konferenz zur politischen Rolle von Frauen in Osteuropa, die in Sarajewo stattfand.

Patriarchalische Strukturen

Kika Babic Svetlin, Fachberaterin in der Agentur für Gleichberechtigung in Bosnien-Herzegowina, meint, dass der in der Gesellschaft vorherrschende Traditionalismus und weit verbreitete Stereotype Hauptursachen für den Mangel an Frauen in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungszentren seien. „In unserer patriarchalischen Gesellschaft ist das Bild der Frau, die hinter ihrem Mann steht, tief verwurzelt. Sie ist traditionell dafür da, dem Mann den Rücken frei zu halten, damit er die politische Karriereleiter erklimmt.“

Babic Svetlin hält eine öffentliche Diskussion über die Gründe für das Fernbleiben von Frauen am politischen Leben für notwendig. Das geltende Gleichstellungsgesetz in Bosnien und Herzegowina eröffne den Frauen grundsätzlich alle Möglichkeiten, aber in der Praxis werde es kaum beachtet. Die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz und in der Politik sei Alltag.

Männerdomäne Politik

Jasminka Dzumhur ist Gleichstellungsexpertin und Mitglied der internationalen Kommission für Vermisste in Bosnien-Herzegowina. Auch sie kritisiert das gesellschaftspolitische Klima in ihrem Land. Sie ist aber auch besorgt über die Einstellung von jungen Frauen. Viele Frauen, sagt sie, seien nicht bereit, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen, auch wenn sie Gelegenheit bekämen, sich am politischen Leben des Landes zu beteiligen. Im Bereich Justiz verfüge das Land über exzellente Expertinnen, die ausschließlich durch ihre Arbeit und ihre Fähigkeiten hohe Position errungen hätten. „Auf dem politischen Parkett ist es aber für Frauen viel schwieriger, weil die bosnischen Politiker nicht zu Veränderungen in einem Bereich bereit sind, in dem sie das Zepter führen.“

Auch Adnan Kadribasic, Experte der Nicht-Regierungsorganisation Koalition für Gleichstellung in Bosnien-Herzegowina, verweist auf die gesellschaftspolitische Dimension des Problems. Dies werde auch bei Wahlen deutlich. Viele Wähler würden Frauen auf den Wahllisten überspringen und entschieden sich vorrangig für Männer. Dies gelte auch für weibliche Wähler, bestätigt Irena Hadziabdic von der Zentralen Wahlkommission. Ihren Beobachtungen zufolge haben die weiblichen Wähler in Bosnien-Herzegowina bislang mehrheitlich vor allem für Männer gestimmt.

Ljiljana Pirolic