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Bomben auf Bagdad

20. März 2003

Der Krieg gegen den Irak hat begonnen. Knapp zwei Stunden nach Ablauf des Ultimatums an Saddam Hussein haben die US-Streitkräfte am frühen Donnerstagmorgen erste Ziele in und um Bagdad angegriffen.

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"Kriegsbeil"-Raketen auf dem Weg in den IrakBild: AP

In Bagdad waren nach Meldungen amerikanischer Fernsehsender am frühen Donnerstagmorgen rund zwei Stunden nach Ablauf des Ultimatums Sirenengeheul und Luftabwehrfeuer zu hören. Der erste Angriff mit mehreren Marschflugkörpern habe sich gegen ein Ziel in der irakischen Führung gerichtet, berichtete der Nachrichtensender CNN.

Der US-Fernsehsender NBC berichtete, die ersten Bombardements hätten Regierungseinrichtungen in Bagdad zum Ziel gehabt. Unter Berufung auf US-Militärs hieß es weiter, die Luftangriffe seien von geheimen "Sabotageakten" begleitet gewesen. Die ersten Bombardements wurden demnach von Flugzeugen vom Typ F-117 und B-52 geflogen. Von Kriegsschiffen seien zudem Marschflugkörper abgefeuert worden. Über Folgen des Angriffs gibt es bislang keine Informationen.

Bush: "Entschlossen zuschlagen"

Präsident George W. Bush in Kriegsnacht
Präsident George W. Bush in KriegsnachtBild: AP

US-Präsident George W. Bush kündigte nach Beginn der Militärschläge in einer nur vierminütigen Fernsehansprache einen umfassenden Krieg an. Truppen der USA und ihrer Verbündeten befänden sich in den "Frühphasen" des Militäreinsatzes, sagte Bush in Washington. Sie hätten damit begonnen, "ausgewählte Ziele von militärischer Bedeutung" anzugreifen. Damit solle die Fähigkeit des irakischen Machthabers Saddam Hussein geschwächt werden, Krieg zu führen.

"Nun, da der Konflikt da ist", so Bush, "ist der einzige Weg, seine Dauer zu begrenzen, entschlossen zuzuschlagen. Und ich versichere Ihnen, dies wird kein halbherziger Feldzug, und wir werden als Ergebnis nur den Sieg akzeptieren." Der Präsident versprach, dass die USA und ihre Verbündeten alles versuchen würden, um unschuldige Zivilisten zu schonen.

Warnung

Auf die ersten Phasen der Operation werde eine "breite und koordinierte" Militärkampagne folgen, kündigte der US-Präsident an. Seine Landsleute rief er zur Wachsamkeit und Opferbereitschaft auf.

Die ersten Raketenangriffe auf Bagdad seien noch nicht der Auftakt zu der vollen Angriffswelle gewesen. Vielmehr habe sich Präsident George W. Bush zu den gezielten Attacken im Morgengrauen entschlossen, weil die Gefahr bestanden habe, dass eine "große Gelegenheit verpasst" werden könnte, berichtete CNN.

Husseins Antwort

Iraks Präsident Saddam Hussein im irakischen Fernsehen nach den ersten Bombenangriffen auf Bagdad
Saddam Hussein bei seiner TV-Ansprache am 20. März 2003, nachdem US-Angriffe auf das Land begonnen hattenBild: AP

Der irakische Präsident Saddam Hussein wandte sich wenige Stunden nach Beginn der Angriffe in einer Fernsehansprache an sein Volk. Er verkündete mit Siegeszuversicht: "Wir werden mit Gottes Hilfe siegen." Er warf den USA und ihren Verbündeten vor, ein "schändliches Verbrechen gegen die Menschheit" zu begehen.

Hussein war in Militäruniform und Mütze gekleidet (Foto). Er trug eine große dickrandige Brille und einen hellgrauen Schnurrbart. Beobachter äußerten Zweifel, dass es sich bei dem Mann tatsächlich um den irakischen Machthaber handelte. Bemerkenswert war aber auch, dass der Irak überhaupt noch die Möglichkeit zur Ausstrahlung einer Ansprache dieser Art hatte. Es ist unklar ob die Rede direkt übertragen oder bereits vor Beginn der Militäraktion gegen den Irak aufgezeichnet wurde.

Truppen warten ab

Die Bodentruppen der USA und Großbritanniens haben nach britischen Angaben noch keinen Befehl für eine Bodenoffensive gegen Irak erhalten. Das teilte der britische Oberst Chris Vernon am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters in Kuwait-Stadt mit. Der Sprecher der US-Streitkräfte, Major David Andersen, konnte ebenfalls keinerlei Aktivitäten auf dem Boden bestätigen.

Die NATO will am Morgen in Sondersitzungen über den Kriegsbeginn im Irak beraten. "Die Alliierten werden uns über ihr Vorgehen informieren", sagte ein NATO-Sprecher am Donnerstag in Brüssel. Das Bündnis warte die weitere Entwicklung ab, habe aber vorsorglich eine höhere Alarmstufe ausgelöst. Die Sicherheitsvorkehrungen seien verstärkt worden.

"Dies ist keine direkte NATO-Aktion", betonte NATO-Sprecher Mike Laity. Die nordatlantische Allianz habe allerdings Kräfte zum Schutz des Bündnispartners Türkei entsandt und fühle sich als wichtigstes Konsultationsorgan auf militärischer Ebene betroffen. Eine formelle Reaktion der NATO auf den Kriegsausbruch werde es aber nicht geben.

Schröder am Telefon

Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde unmittelbar nach Kriegsbeginn vom Lagezentrum in Berlin informiert. Wie ein Regierungssprecher mitteilte, hält sich der Kanzler seit dem frühen Morgen in seinem Büro auf. Es könne davon ausgegangen werden, dass Schröder in den nächsten Stunden mit mehreren Regierungschefs telefonisch Kontakt aufnehmen werde, darunter auch mit Russlands Präsident Wladimir Putin und Frankreichs Präsident Jacques Chirac.

In Deutschland und anderen Ländern wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. In Berlin verstärkte die Polizei ihre Präsenz. Die japanische Regierung forderte Atomkraftbetreiber zu verstärkter Wachsamkeit auf. (mas/im)