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Boeing-Chef bittet Opferangehörige um Entschuldigung

19. Juni 2024

Der Vorstandsvorsitzende des US-Flugzeugherstellers Boeing, Dave Calhoun, musste sich im Kongress in Washington den Fragen der Senatoren stellen. Anwesend waren aber auch Hinterbliebene.

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USA Anhörung Boeing CEO Dave Calhoun
"Ich bitte um Verzeihung für das Leid, das wir verursacht haben": Boeing-CEO Dave CalhounBild: Kevin Lamarque/REUTERS

Boeing-Chef Dave Calhoun hat Angehörige der Opfer zweier Abstürze von Flugzeugen des US-Herstellers um Verzeihung gebeten. Vor diesem Hintergrund werde Boeing die Sicherheit noch stärker in den Blickpunkt rücken, sagte Calhoun in Washington bei einer Anhörung im Senat der Vereinigten Staaten, der auch mehrere Hinterbliebene beiwohnten.

Bei den Unglücken mit Maschinen vom Typ 737 Max der indonesischen Lion Air (2018) und der Ethiopian Airlines (2019) waren insgesamt 346 Menschen ums Leben gekommen. Auslöser waren Probleme mit der Assistenzsoftware MCAS, die die Piloten bei der Steuerung des Flugzeugs unterstützen sollte, in beiden Fällen jedoch fehlerhaft eingriff.

"Wir sind verantwortlich für diese Abstürze"

Boeing hatte seinerzeit eingeräumt, der Konzern habe die US-Luftfahrtaufsicht FAA nicht korrekt über den Umfang des Pilotentrainings informiert, das für den korrekten Einsatz der Software erforderlich ist. Calhoun bekräftigte nun: "MCAS und Boeing sind verantwortlich für diese Abstürze."

USA Anhörung Boeing CEO Dave Calhoun
"Wir sind die Opfer": Hinterbliebene nehmen an der Kongressanhörung teilBild: Andrew Harnik/Getty Images

Nach dem zweiten Unglück blieben Flugzeuge vom Typ 737 Max fast zwei Jahre lang am Boden, bis Änderungen am System vorgenommen wurden. Anfang Januar kam es erneut zu einer schweren Panne mit einer Boeing-Maschine: Bei einem Flug der Alaska Airlines mit mehr als 170 Menschen an Bord brach kurz nach dem Start ein Teil der Kabinenwand heraus; den Piloten gelang eine Notlandung. Diesmal war eine 737 Max 9 betroffen.

Blinddeckel für optionalen Notausgang

Die Unfallermittlungsbehörde NTSB geht davon aus, dass an dem abgefallenen Teil - einem sogenannten Blinddeckel für einen optionalen Notausgang - Befestigungsbolzen fehlten. Boeing konnte den Ermittlern keine Dokumentation zu Arbeiten an dem Segment liefern. Calhoun sprach bei der Senatsanhörung von einem Produktionsfehler.

Dies sei allerdings der einzige ihm bekannte Fall unter den jüngsten Pannen in der US-Luftfahrt, der auf die Fertigung und nicht auf die spätere Wartung zurückgehe, betonte der Vorstandsvorsitzende. In den vergangenen Monaten waren weitere Boeing-Maschinen verschiedener Fluggesellschaften in die Schlagzeilen geraten. Eine verlor etwa beim Start ein Rad, eine andere landete mit einer abgerissenen Klappe am Rumpf.

Whistleblower erheben schwere Vorwürfe

In dem Unterausschuss hatte im April auch ein ehemaliger Boeing-Ingenieur ausgesagt, der dem Konzern Produktionsfehler beim Modell 787 Dreamliner vorwirft. Boeing wies diese Anschuldigungen zurück. Calhoun äußerte sich nicht zu einzelnen Kritikpunkten, sagte aber, nicht alle Warnungen hätten sich als zutreffend erwiesen.

Berichte, wonach ein Whistleblower früher im Unternehmen drangsaliert worden sei, nannte der Manager "herzzerreißend". Das sei jedoch lange vor seiner Zeit gewesen.

USA | 737-Max-Produktion im Boeing-Werk Renton  (13.02.2017)
737-Max-Produktion im Boeing-Werk Renton (Archivbild von 2017)Bild: Jason Redmond/REUTERS

Calhoun steht seit Anfang 2020 an der Spitze des Unternehmens, das zusammen mit Airbus zu den weltgrößten Herstellern ziviler Flugzeuge zählt. Der inzwischen 67-Jährige hatte nach Bekanntwerden der Sicherheitsmängel angekündigt, seinen Posten Ende dieses Jahres zu verlassen. Ein Nachfolger wurde bisher nicht vorgestellt.

jj/AR (dpa, afp, ap)