Berlinale: 10 Favoriten für den Goldenen Bären
Wer bei der Berlinale mit dem Goldenen und Silbernen Bären ausgezeichnet wird, wissen wir leider auch noch nicht. Aber wir kennen die Favoriten der Kritiker. Das sind die zehn Anwärter auf eine der begehrten Trophäen.
"So Long, My Son" von Wang Xiashuai
Das dreistündige Drama des chinesischen Regisseurs Wang Xiashuai beschäftigt sich mit den Narben, die Chinas Ein-Kind-Politik hinterlassen hat. Er zeigt den politischen Umbruch anhand von zwei Familien über drei Jahrzehnte hinweg: von der Kulturrevolution, in der zahllose Menschen inhaftiert, gefoltert und hingerichtet wurden, bis hin zum politischen Umbruch des Landes heute.
"Synonyms" von Nadav Lapid
Ein ehemaliger israelischer Soldat verleugnet seine Herkunft, um in Paris Franzose zu werden. Er will seine alte Identität ablegen, weigert sich Hebräisch zu sprechen und murmelt französische Redewendungen, während er durch Paris streift. Der israelische Regisseur Nadav Lapid überraschte die Kritiker mit diesem Film, der vor allem von der Präsenz des Schauspielers Tom Mercier lebt.
"Ich war zuhause, aber" von Angela Schanelec
Dieser Film mit seinen losen Handlungssträngen spaltet die Festivalgemeinde: Es gab Buhrufe und Applaus. Der Beitrag von Angela Schanelec erzählt von der Hauptfigur Astrid, die ihren Mann verloren hat und keinen Halt mehr im Leben findet. Sie kümmert sich allein um ihre Kinder und plagt sich mit Schuldgefühlen.
"Öndög" von Wang Quan'an
Es ist der einzige Wettbewerbsfilm, dessen Titel nicht übersetzt wurde: "Öndög" bezieht sich auf ein versteinertes Dinosaurier-Ei. Eine Hirtin wird von einem viel jüngeren Polizisten schwanger, nachdem sie eine Nacht lang gemeinsam einen Tatort bewacht haben. Die Geschichte aus der Mongolei basiert auf einer wahren Begebenheit.
"A Tale of Three Sisters" von Emin Alper
Diese Geschichte des türkischen Regisseurs Emin Alper handelt von der Notlage dreier Schwestern in einem abgelegenen anatolischen Dorf. Das Familiendrama schlägt gesellschaftskritische Töne an. Auch hier sind die Kritiker gespalten: Der "Hollywood Reporter" nannte den Film ein "einzigartiges Werk, das Tschechow und die Brüder Grimm verbindet". Andere halten den Film für "theaterhaft-dröge".
"God Exists, Her Name is Petrunya" von Teona Strugar Mitevska
Die mazedonische Filmemacherin Teona Strugar Mitevska liefert eine Balkansatire ab, die von der Dominanz der Religion und der Machokultur in ihrer Heimat erzählt. Der Film kam bei Publikum und Kritikern gut an. Besonders gelobt wurde die Leistung von Zorica Nusheva in der Hauptrolle.
"Ghost Town Anthology" von Denis Côté
Bei einem tödlichen Autounfall stirbt Simon in der Einöde Kanadas. Doch auf einmal erscheint er den Bewohnern des kleinen isolierten Dorfes. Der kanadische Regisseur Denis Côté erzählt seine Geisterstadt-Anthologie in körnigen 16 Millimetern. Kritiker lobten den Film, weil er auf eigenwillige Art vom Verschwinden ländlicher Gegenden erzählt. Andere lehnten das Werk als trivial ab.
"Grâce à dieu" von François Ozon
François Ozon porträtiert in "Grâce à dieu" eine Gruppe von Opfern, die gegen die Vertuschung sexueller Misshandlungen eines katholischen Priesters vorgehen. Damit packt der Film ein hockaktuelles Thema an. Zudem beruht "Grâce à dieu" auf wahren Begebenheiten: den Missbrauch von kleinen Jungen durch einen Priester in den 1980er und 1990er Jahren. Die Kirche versucht den Film verbieten zu lassen.
"Systemsprenger" von Nora Fingscheidt
Das Spielfilmdebüt der deutschen Filmemacherin sorgte für gute Kritiken in der deutschen Presse, internationale Filmkritiker reagierten eher verhalten. Im Mittelpunkt steht eine aggressive, traumatisierte Neunjährige, die sich dem System der Jugendhilfe widersetzt. Das Publikum war sich aber darin einig, dass die junge Schauspielerin Helena Zengel eine beeindruckende Leistung zeigt.
"Mr. Jones" von Agnieszka Holland
Gareth Jones war ein walisischer Reporter. Er machte die von Stalin verursachte Hungersnot in der Ukraine publik, die Millionen Menschen tötete. Seine heroische Geschichte wird in "Mr. Jones", einem der seltenen Spielfilme, die sich mit diesem vernachlässigten Kapitel der Geschichte beschäftigen, aufgegriffen. Der Film ist zudem einen Hommage an die Pressefreiheit.