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Berlin stuft Moody's herab

24. Juli 2012

Die Bundesregierung hat demonstrativ gelassen auf die Drohung der US-Ratingagentur Moody's reagiert, Deutschlands Kreditbonität herabzustufen. Moody's habe eine "Meinung" geäußert, meinte das Finanzressort.

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Firmenschild der Ratingagentur Moody's in London (Foto: AP)
Bild: AP

Moody's hatte zuvor in London erklärt, Deutschlands Kreditwürdigkeit sei immer noch Spitze und werde weiter mit der Bestnote Aaa bewertet. Der Ausblick sei angesichts der Euro-Krise aber negativ, Deutschland drohe sein Spitzenranking zu verlieren, so die Analysten der Ratingagentur. Gleiches gelte für die Niederlande und Luxemburg, die ebenfalls noch mit Aaa bewertet werden.

Begründung: Schuldenkrise 

Als Grund für die Überprüfung der drei Ratings nannte die Agentur die steigende Unsicherheit über den Ausgang der Schuldenkrise. Es sei immer wahrscheinlicher, dass Griechenland die Eurozone verlassen müsse, schrieben die Experten. Das könne zu einer ganzen Kette von Schocks an den Finanzmärkten führen, die die Politik nur zu sehr hohen Kosten eindämmen könnte.

Selbst wenn dies nicht passiere, sei davon auszugehen, dass Länder wie Spanien und Italien weitere Hilfen bräuchten. Die Hauptlast solcher Stützungsaktionen müssten die Top-gerateten Staaten der Euro-Zone tragen. In Deutschland sei zudem der Bankensektor anfällig, sollte sich die Schuldenkrise in Europa verschärfen, so Moody's weiter. Die deutschen Banken seien geschäftlich besonders mit Spanien und Italien verbunden, was das Risiko vergrößere.

Moody's sieht düstere Zukunft für Deutschland

Eine Abstufung der Note für die Kreditwürdigkeit kann zu höheren Zinsen bei der Aufnahme neuer Schulden führen. Denn Investoren müssen von einer höheren Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass sie Geld verlieren könnten, wenn sie in Staatsanleihen dieser Länder investieren. Im Falle Deutschlands, der Niederlande und Luxemburgs dürfte ein Verlust des Spitzenratings aber in erster Linie einen erheblichen Imageschaden bedeuten. Derzeit kann Deutschland zu äußerst niedrigen Zinsen frisches Geld aufnehmen, im Gegensatz zu Ländern wie Spanien oder Italien, die teils mehr als sieben Prozent zahlen müssen.

"Deutschand bleibt Stabilitätsanker"

Das Bundesfinanzministerium reagierte umgehend auf die Erklärungen von Moody's und betonte, Deutschland bleibe weiter Stabilitätsanker in der Euro-Zone. Deutschland erwarte ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Kapitalisierung des Bankensektors habe sich deutlich verbessert. "Auch an den internationalen Finanzmärkten ist das Vertrauen in Deutschland hoch; dies spiegelt sich in den niedrigen Refinanzierungskosten deutscher Anleihen wider", betonte das Ressort von Minister Wolfgang Schäuble.

Moody's habe vor allem die kurzfristigen Risiken in den Vordergrund gestellt, "während längerfristige Stabilisierungsaussichten unerwähnt bleiben", kritisierte das Finanzministerium. Die genannten Risiken in der Eurozone seien auch nicht neu. Man nehme die Senkung des Ausblicks auf die Kreditwürdigkeit als  "Meinung von Moody's" zur Kenntnis, so der lakonische Kommentar aus dem Hause Schäuble.

Brüderle verweist auf großes Vertrauen

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle bezeichnete die Moody's-Entscheidung als "eher kurzfristig, vielleicht auch ein bisschen kurzsichtig". Die Bundesrepublik habe ein solides Wirtschaftswachstum und die Märkte hätten großes Vertrauen in das Land, sagte er der Zeitung "Die Welt".

Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Otto Fricke, interpretierte die Einschätzung von Moody's als Warnung. Sie besage, wenn Deutschland für die Euro-Rettung "weitere Milliarden an Hilfen aufnimmt, ohne dass sich in den Ländern etwas ändert, dann geht es in eine negative Richtung", sagte er dem Sender n-tv.

Im Februar hatte Moody's bereits den Ausblick für die ebenfalls mit "Aaa" bewerteten Länder Frankreich und Österreich auf "negativ" gestuft. Einziger Euro-Staat mit einem "stabilen" Ausblick ist nach Einschätzung der Agentur jetzt Finnland. Bei der führenden Ratingagentur Standard & Poors haben Deutschland, die Niederlande, Luxemburg und Finnland ebenfalls die Bestnote, aber nur Deutschland noch einen "stabilen" Ausblick. Die dritte große Agentur, Fitch, bewertet die vier Länder ebenfalls mit "AAA", gibt ihnen allen aber einen stabilen Ausblick. Durch die Finanzkrise haben die Ratingagenturen stark an Renommee verloren. Ihnen wird vorgeworfen, von Geldhäusern ausgegebene Wertpapiere mit Spitzennoten versehen zu haben, die sich als "toxisch" entpuppten.

wl/nis/kle (dpa, rtr,dapd)