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Belarus: Erneute Festnahmen Oppositioneller

15. März 2007

Die belarussische Opposition, darunter die "Junge Front", plant für den 25. März eine Protestkundgebung in Minsk. Mit den jüngsten Festnahmen oppositioneller Aktivisten soll diese verhindert werden, meinen Regimegegner.

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Während der Oppositions-Kundgebung in Minsk am 25. März 2006Bild: AP

In Minsk sind am späten Abend des 14. März der Führer der "Belarussischen Volksfront", Winzuk Wjatschorka, und der demokratische Aktivist Wjatscheslaw Siwtschik festgenommen und in vorübergehenden Isolations-Gewahrsam genommen worden. Ferner wurde in derselben Nacht die Wohnung des Pressesprechers der "Jungen Front", Boris Garezkij, durchsucht und Eigentum des ehemaligen Abgeordneten und ehemaligen Vorsitzenden der Parlamentsgruppe "Respublika", Sergej Skrebez, beschlagnahmt. Sichergestellt wurden zudem Flugblätter und ein Computer, der Boris Garezkijs Bruder gehört.

Wjatscheslaw Siwtschik und Winzuk Wjatschorka wurden praktisch zeitgleich festgenommen, gegen 22 Uhr – Siwtschik am Jakub Kolosa-Platz und Wjatschorka direkt vor der Tür seiner Wohnung. Über mehrere Stunden konnten ihre Angehörigen nicht herausfinden, wo sich die Festgenommenen befinden. In der Nacht wurde aber mit Hilfe von Mitarbeitern des OSZE-Büros in Minsk bekannt, dass beide Oppositionspolitiker in dem berüchtigten Untersuchungsgefängnis in der Okrestina-Straße sitzen, in das Aktivisten der Opposition gewöhnlich gebracht werden.

Behörden fürchten Massenkundgebung

Hintergrund für die Festnahme der Aktivisten sind deren Reden bei einer genehmigten Demonstration von Unternehmern am 12. März in Minsk. Siwtschik und Wjatschorka hatten dort die Unternehmer aufgerufen, sich den demokratischen Kräften am 25. März bei den Feierlichkeiten am Tag der Freiheit aus Anlass des Jahrestages der Ausrufung der Unabhängigkeit der Belarussischen Volksrepublik von 1918 anzuschließen.

Nach Ansicht des Führers der belarussischen sozialdemokratischen Partei "Hramada", Stanislaw Schuschkewitsch, geht die Führung des Landes jetzt gegen Oppositionelle vor, weil sie den nationalen Feiertag fürchtet: "Unsere Staatsmacht hat vor dem 25. März große Angst. Deswegen beginnt sie nun mit Säuberungen unter allen politischen Aktivisten, die dazu aufrufen, den Feiertag zu begehen. Die Staatsmacht fürchtet den Feiertag der Belarussischen Volksrepublik, den eigentlichen Gründungstag von Belarus."

Schuschkewitsch, erster Staatschef des unabhängigen Belarus, meint, die Aktion am 25. März könnte eine der größten bisher werden, wenn die Behörden gegen sie nicht vorgehen würden: "Wenn man die Menschen nicht einschüchtert, dann könnte es zu einer gewaltigen Massenkundgebung kommen. Aber gerade davor fürchtet sich die Staatsmacht. Alle meine Bekannten, unter denen sich viele jungen Menschen befinden, wollen am 25. März auf die Straße gehen, weil es ein Frühlingsfest, ein Belarus-Fest ist. Und jetzt sollen sie eingeschüchtert werden."

"Junge Front" unter Druck

Inzwischen wurde der Pressesprecher der "Jungen Front", Boris Garezkij, als Verdächtiger in der Strafsache gegen die nicht zugelassene Jugendorganisation eingestuft. Als Verdächtige werden bereits die Aktivisten der "Jungen Front" Aleksej Januschewskij und Anastasija Poloschenko geführt. Mitarbeiter der Staatssicherheit vernehmen unterdessen junge Aktivisten in Orsch und Witebsk – der Grund ist die Zugehörigkeit zu einer illegalen Organisation. Ihnen drohen Freiheitsstrafen, wie sie gegen den Führer der "Jungen Front", Smizer Daschkewitsch verhängt wurde.

Daschkewitsch wurde bereits im April 2006 während einer Demonstration zum 20. Jahretags der Katastrophe von Tschernobyl verhaftet und wegen "Organisation einer nicht erlaubten Versammlung" zu 14 Tagen Haft verurteilt. Im September 2006 wurde er erneut verhaftet. Diesmal wurde er der "Organisation oder Teilnahme an unangemeldeten Versammlungen einer nicht registrierten Nichtregierungsorganisation" angeklagt. Dieser Artikel war im Dezember 2005 als Teil einer Serie von Gesetzesänderungen in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Nach einem kurzen Prozess, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wurde Daschkewitsch im November 2006 zu anderthalb Jahren Haft in einem Sicherheitsgefängnis verurteilt.

Gennadij Konstantinow
DW-RADIO/Belarus, 14.3.2007, Fokus Ost-Südost