Bekenntnis zum Sparkurs gefordert
15. Februar 2012Griechenland hat nicht geliefert – so ließ sich die Botschaft aus Brüssel kurz zusammenfassen. Weder den geforderten Plan über zusätzliche Einsparungen dieses Jahr in Höhe von 325 Millionen Euro, noch die politische Zusicherung, das Sparprogramm umzusetzen, hatte Athen bis Dienstag (14.2.2012) gegeben. Also wurde das für Mittwoch geplante Treffen der Finanzminister der Eurogruppe in eine Telefonkonferenz ohne verbindliche Entscheidung über neue Gelder umgewandelt. Und die Entscheidung über das neue Hilfspaket für Griechenland wird wohl erst kommenden Montag (20.2.2012) fallen.
Erst nach dieser Machtdemonstration aus Brüssel kam wieder Bewegung in die Athener Politik: Der Chef der konservativen Nea Dimokratia, Antonis Samaras, ließ verlauten, er wolle die geforderte Zustimmung geben. Ob da vielleicht doch die Schelte des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) an der Haltung der griechischen Konservativen gewirkt hat, ist unbekannt. Samaras ist schon im Herbst 2011, als die Griechenland-Krise akut wurde, von seinen konservativen europäischen Parteifreunden für seine starre, parteipolitisch motivierte Position kritisiert worden. Besonders beeindruckt hatte ihn das auch damals nicht.
Griechenland vor der Insolvenz?
Dabei hatte der amtierende Ministerpräsident und Ex-EZB-Banker Loukas Papademos deutliche Worte an die Abgeordneten gerichtet, als sie in der Nacht zum Montag (13.2.2012) über das neue Sparpaket abstimmten: "Von Ihnen und Ihrer Stimme hängt ab, ob Griechenland in der Eurozone bleibt oder in eine ungeordnete Insolvenz geführt wird," warnte der eigentlich eher nüchterne Wirtschaftswissenschaftler die Abgeordneten eindringlich. Ihre Zustimmung sei die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung im Land, so Papademos.
Doch der Bankrott rückt näher - ein wirtschaftlicher Aufschwung ist dagegen in weiter Ferne: Erst am Dienstag (14.2.2012) veröffentlichte die griechische Statistikbehörde die jüngsten Wirtschaftszahlen: Das Bruttoinlandsprodukt ist 2011 um 6,8 Prozent geschrumpft, jeder fünfte Grieche ist arbeitslos. Wirtschaftsexperten und Politiker bemängeln zunehmend, dass man zu sehr auf Sparen und zu wenig auf wirtschaftliche Entwicklung gesetzt habe. Auch aus dem EU-Parlament in Straßburg waren am Mittwoch (15.2.2012) Rufe nach Investitionsprogrammen für Griechenland zu hören.
Sparen, investieren, reformieren
Strukturelle Reformen fordert auch Brüssel - angefangen bei einem funktionierenden Steuersystem mit Beamten, die die Steuern auch tatsächlich eintreiben - und übt Druck aus auf Athen. Denn jedes Investitions – und Sparprogramm läuft ins Leere, wenn der Staat, der es verwaltet oder umsetzt, so korrupt, marode oder auch einfach nur ineffizient ist wie derzeit der griechische Staat. Wie man den alten Filz im Staatsapparat, der sich über Jahrzehnte entwickelt hat, vernichtet, wie man die Verwaltung von Grund auf erneuert und effizient gestaltet - diese Frage ist bislang unbeantwortet geblieben. Brüssel erwartet aber eine Antwort darauf von der politischen Führung in Athen.
Dass die Politiker in Griechenland diese Antwort suchen, glauben Beobachter eher nicht: Der griechischstämmige Ökonom Michael Haliassos von der Frankfurter Goethe-Universität verfügt über viel internationale Erfahrung in Wirtschaftsfragen, kennt aber auch die strukturellen und politischen Probleme seines Heimatlandes: In der griechischen Politik herrsche Stillstand, sagt Haliassos, niemand wolle den Bürgern wehtun, um ihre Stimmen bei der nächsten Wahl nicht zu verlieren. Die steht voraussichtlich im April an.
Der Brüsseler Druck wirkt nicht
Der Druck aus Brüssel wirkt wohl auch deshalb nur leicht auf die Athener Politik, weil der Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone eher als Drohkulisse fungiert denn als reale Alternative propagiert wird: Denn die Konsequenzen dessen - eine mögliche Massenpleite betroffener Banken, eine heftige Erschütterung der Finanzmärkte und der vielbeschworene Domino-Effekt auf andere europäische Krisenstaaten - kann niemand absehen. Wirtschafts- und Finanzfachleute wie Jörg Asmussen von Europäischen Zentralbank warnen vor solchen Risiken und wollen Griechenland in der Eurozone halten.
Autor: Daphne Grathwohl
Redaktion: Klaus Dahmann