Trumps Top-Secret-Sammelsurium
27. August 2022Dass Ermittler das Haus eines Ex-Präsidenten durchsuchen, gilt als beispiellos. Dass wichtige Dokumente inmitten der Ermittlungen offiziell publik gemacht werden, auch. Das Justizministerium in Washington veröffentlichte jetzt ein Dokument, das die Begründung lieferte für die Durchsuchung des Mar-a-Lago-Anwesens von Donald Trump in Palm Beach in Florida am 8. August.
Die Veröffentlichung geschah auf Geheiß von Bundesrichter Bruce Reinhart aus Florida - angesichts des großen öffentlichen Interesses. Mehrere Medien hatten die Offenlegung vor Gericht beantragt. Die mehr als 30 Seiten, die das Justizministerium in Washington nun veröffentlicht hat, sind allerdings etwa zur Hälfte geschwärzt, um sensible Informationen zu schützen.
Vorgeschichte: Donald Trump hatte Anfang des Jahres dem Nationalarchiv 15 Kisten mit Material aus dem Weißen Haus übergeben, die er nach Ende seiner Amtszeit in Mar-a-Lago verwahrt hatte. Präsidenten der Vereinigten Staaten sind gesetzlich verpflichtet, nach dem Ausscheiden aus dem Amt Regierungsunterlagen dem Archiv auszuhändigen. Wie jetzt bekannt wurde, enthielten die zurückgegebenen Kisten offenbar ein Sammelsurium aus verschiedenen Zeitungen und Magazinen, persönlicher Korrespondenz und vielen, teils streng geheimen Unterlagen.
Durchsuchungsbeschluss nach Anfangsverdacht
Laut den 34 Seiten, die das Justizministerium veröffentlichen musste, enthielten 14 der 15 Kisten nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Unterlagen. 184 davon seien eingestuft gewesen: 67 als "vertraulich", 92 als "geheim" und 25 als "streng geheim". Auf einigen habe es handschriftliche Notizen gegeben - wohl von Trump selbst. Nachforschungen der Bundespolizei FBI hätten ergeben, dass eingestufte Dokumente, die offenbar auch Informationen mit Bezug zur nationalen Verteidigung enthielten, an einem nicht autorisierten Ort in Trumps Anwesen aufbewahrt worden seien, hieß es weiter.
Aufgrund eines Anfangsverdachts, dass sich weitere entsprechende Dokumente bei Trump in Mar-a-Lago befinden könnten, wurde ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss für das Anwesen erwirkt. Am 8. August schritten Fahnder des FBI zur Tat. Und offenbar wurden die Agenten bei Trump tatsächlich fündig und fanden weiteres brisantes Regierungsmaterial in der Obhut des Ex-Präsidenten.
Die Fahnder beschlagnahmten unter anderem einen Satz Dokumente der Geheimhaltungsstufe "Top Secret/SCI", die streng geheim sind und nur in besonderen Regierungseinrichtungen eingesehen werden dürfen. Vier Dokumenten-Sätze waren als "Top Secret" ("streng geheim") eingestuft, drei weitere als "geheim", die verbliebenen drei als "vertraulich".
Politisch heikle Ermittlungen
Die Durchsuchung hatte für großes Aufsehen gesorgt. Dass Ermittler das Haus eines früheren Präsidenten durchsuchen, gilt als beispiellos in der US-Geschichte. Noch dazu befeuert Trump seit Wochen Spekulationen, wonach er bald eine Bewerbung für die nächste Präsidentschaftswahl im November 2024 bekanntgeben könnte. Die Ermittlungen sind daher politisch doppelt heikel.
Der Ex-Präsident kritisiert das Vorgehen der Behörden als politisch motiviert und wehrt sich mit einer Klage. Auch an diesem Freitag äußerte er sich entrüstet und bezeichnete das Vorgehen gegen ihn einmal mehr als "Hexenjagd". Der Republikaner wertet die Durchsuchung als Versuch, ihn daran zu hindern, erneut anzutreten. Dies könnte ihm bei der Mobilisierung seiner Basis helfen: Schon in der Vergangenheit hat Trump versucht, politischen Nutzen zu ziehen aus der Rolle eines vermeintlichen Opfers, das vom "Establishment" und der politischen Konkurrenz schikaniert werde.
Zugleich steht das Justizministerium in diesem - noch nie dagewesenen - Fall unter besonderer Beobachtung. Es muss sich dem Vorwurf stellen, eine politische Agenda hinter den Ermittlungen zu haben.
So ungewöhnlich der Einsatz, so ungewöhnlich ist auch die Veröffentlichung wesentlicher Verfahrensdokumente - wenn auch wie nun in weiten Teilen geschwärzt. Insbesondere die jetzt veröffentlichte inhaltliche Begründung für den Durchsuchungsbefehl ist normalerweise nichts, was während laufender Ermittlungen nach außen dringt.
Trump gibt sich unschuldig
Da Donald Trump die Unterlagen in seinem privaten Anwesen aufbewahrte, könnte er gegen das Gesetz verstoßen haben. Dies wird nun untersucht. Trump weist die Vorwürfe von sich: Er behauptet, die Dokumente seien freigegeben und die Geheimhaltung aufgehoben gewesen.
Doch so einfach ist es nicht. Amtierende Präsidenten haben zwar weitreichende Befugnisse, Informationen freizugeben und die Geheimhaltung aufzuheben. Dafür gibt es aber ein formelles Verfahren, mitunter sind weitere Zustimmungen nötig. Außerdem spielt nicht zwangsläufig eine Rolle, ob die Dokumente freigegeben waren, da auch schon die ungenehmigte Aufbewahrung von Dokumenten mit Bezug zur nationalen Verteidigung strafbar sein kann. Das ist auch in dem nun veröffentlichen Dokument klargestellt - in einer Fußnote.
AR/wa (dpa, ap, afp, rtr)