1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Musik

Beethoven und das Corona-Jubiläumsjahr

Gaby Reucher
16. Dezember 2020

Ein Jahr lang hat die Welt Beethovens 250. Geburtstag gefeiert. Vieles konnte wegen Corona nicht stattfinden, anderes wurde erst in der Pandemie erdacht.

https://p.dw.com/p/3mkw8
250 Jahre Beethoven: Beethovenstatue mit Mundschutz
Beethoven im Jahr 2021Bild: Imago Images/R. Unkel

Orchester, Chöre und Solisten auf der ganzen Welt hatten besondere Konzerte vorbereitet, um das große Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 zu feiern. Doch wegen der Corona-Pandemie mussten Veranstaltungssäle schließen, Konzerte wurden abgesagt, verschoben oder konnten nur digital über die virtuelle Bühne gehen. Nur vor kleinem Publikum oder Open Air waren in Deutschland im Spätsommer noch Aufführungen möglich.

So fanden auch einige Konzerte der Pianistin Susanne Kessel statt, mit ihrem internationalen Projekt "250 Piano Pieces for Beethoven". Nur eine Uraufführung hätte ihr noch gefehlt zu den 260 Stücken, die es letztlich insgesamt geworden sind. Susanne Kessel hatte ausgewählte Komponisten verschiedener Genres aufgefordert, einen musikalischen Geburtstagsgruß für Beethoven zu schreiben.

250 Jahre Beethoven: Susanne Kessel spielt am Flügel vor wenigen Zuhörern
Susanne Kessel vor ausgedünntem Publikum im BeethovenhausBild: David Kremser

Jedes Werk hat die Bonner Pianistin selbst aufgeführt und dazu die jeweiligen Komponisten eingeladen. "In über 200 Konzerten waren über 150 Komponisten aus 47 Ländern persönlich anwesend", sagt Kessel im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Beethoven kann stolz sein, dass er etwas hinterlassen hat, das heute noch so viele Komponisten inspiriert."

Geschlossene Konzerthallen, abgebrochene Welttourneen

Mit Beethovens Klavierwerken, seiner Kammermusik oder seinen großen Sinfonien wollten viele berühmte Orchester und Solisten den Komponisten ehren. Die Stargeigerin Anne-Sophie Mutter war mit den bekanntesten Violinsonaten von Beethoven auf Welttournee. Nach ihrem Konzert in Japan musste sie ihre Konzertreise abbrechen. "Schon im März hat mich das Coronavirus selbst erwischt. Ich fühlte mich müde und musste dann zwei Wochen in Quarantäne." Danach brachen ihr die Konzerte weg. "Daraus wurde eine lange Pause. Ich habe erst wieder im September begonnen zu konzertieren", sagte sie im Interview mit der DW.

So wie ihr erging es vielen Musikern. Auch der estnische Stardirigent Paavo Järvi konnte seinen geplanten Beethoven-Sinfonienzyklus mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen nicht aufführen. "Das kam natürlich ganz unerwartet. Wir hatten noch gehofft, dass wir die Sinfonien zu einem späteren Zeitpunkt realisieren könnten, aber auch das ging nicht", sagte Paavo Järvi im Gespräch mit der DW. "Vielleicht sollte man auch darüber nachdenken, die selten gespielten Stücke von Beethoven mehr zur Geltung zu bringen. Aber noch haben wir keine Idee, wie wir wieder zurückfinden in die Musikindustrie. Im Moment sieht es da nicht so gut aus."

Paavo Järvi dirigiert
Dirigent mit Fingerspitzengefühl: Paavo JärviBild: DW/Fleischer

CDs statt Konzerte

Vor zehn Jahren hatte das Orchester für das "Beethoven-Projekt" nach und nach alle neun Sinfonien akribisch unter die Lupe genommen und neu eingespielt. Die Deutsche Welle hatte das Projekt mit der Kamera begleitet. Um die Corona-Zeit zu überbrücken, hat die Deutsche Kammerphilharmonie jetzt die Neun Sinfonien zusammen mit Beethovens Ouvertüren in einer CD-Jubiläums-Box veröffentlicht.

Wie und wann der Beethoven-Zyklus 2021 nachgeholt werden kann, weiß das Orchester noch nicht. "Es gibt im Moment einen solchen Rückstau all der Projekte, die nicht stattfinden konnten, dass wir abwarten müssen, was bei den einzelnen Organisationen noch realisiert werden kann", sagt Järvi. "Das wird sich in den nächsten Monaten entscheiden."

Mehr Beethoven als gedacht

Wo Konzerte in Ländern mit niedrigen Fallzahlen wie etwa Thailand stattfinden, werden sie fast ausschließlich von Musikern gestaltet, die vor Ort leben. Unter verschärften Hygieneregeln fand im November im russischen Jekaterinburg immerhin ein internationales Beethovenfest statt. In Beethovens Geburtsstadt Bonn war das Beethovenfest wegen der Corona-Pandemie ausgefallen.

Doch trotz aller Corona-Hindernisse konnten mehr Veranstaltungen stattfinden, als die Organisatoren des Beethoven Jubiläumsjahres gedacht hätten. 

Als großen Erfolg feierte die Jubiläums-Gesellschaft (BTHVN) im Juni das weltweite Pastorale Projekt, allerdings ohne Publikum. Es war von Anfang an digital konzipiert und orientiert sich an Beethovens 6. Sinfonie, der Pastorale, mit einem Lob auf die Natur und die ländliche Idylle. Künstler und Künstlerinnen aus aller Welt waren eingeladen, sich mit Gedanken über unsere Umwelt auseinanderzusetzen und ihr Video auf einer Plattform hochzuladen.

Broschüre zum Beethoven Pastoral Project
Beethoven liebte die NaturBild: Beethoven-Haus Bonn und solarseven/Shutterstock.co

Nur 20 Prozent der BTHVN-Projekte sind ausgefallen oder werden später nachgeholt. So wird zum Beispiel eine mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zu Ende komponierte Version der 10. Sinfonie erst 2021 zu hören sein. Das Beethovenjahr unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde in Deutschland bis September 2021 verlängert.

Beethoven hybrid und digital

Auch die Goethe-Institute weltweit haben sich in dem Projekt "Der andere Beethoven" mit dem Komponisten auseinandergesetzt. Konzerte und Installationen sollten auch in arabischen, afrikanischen und asiatischen Ländern stattfinden.

Um den Freiheitsgedanken geht es zum Beispiel bei Beethovens Oper Fidelio. Weil das Musiktheater "Fidelio bist Du!" in Rumänien nicht aufgeführt werden konnte, entschloss sich das dortige Goethe-Institut zu einem Filmprojekt, das im November digital gezeigt wurde und noch um die Welt gehen soll. 

Im Irak gehört Beethovens Egmont-Ouvertüre zum Standardrepertoire des Nationalorchesters. Deutsche und irakische Künstler und Künstlerinnen wollten ein Musikstück gegen Gewalt schaffen, aber das Projekt befindet sich aktuell im Wartemodus.

Global Ode to Joy

Ein Highlight sollte im Beethovenjahr das Projekt "All Together" der amerikanischen Dirigentin Marin Alsop werden. Sie ist unter anderem Musikdirektorin des Baltimore Symphony Orchestra und des Sao Paulo State Symphony Orchestra. Auf fünf Kontinenten hatte Alsop geplant, Beethovens Neunte Sinfonie mit Orchestern in Neuseeland, den USA, Brasilien, England, Österreich, Australien und Südafrika zu dirigieren. Der Schlusschor mit Schillers "Ode an die Freude" sollte dabei in den jeweiligen lokalen Sprachen der Ureinwohner gesungen werden. Als Zeichen der Verbrüderung der verschiedenen Kulturen.

Dirigentin Marin Alsop
Marin Alsop hat das Projekt "All Together" ins Leben gerufenBild: Osesp

Das Auftaktkonzert in Sao Paulo konnte noch stattfinden, alle anderen Konzerte wurden verschoben. "Wir haben darüber nachgedacht, welche digitale Form das Projekt annehmen könnte", erklärt Dirigentin Marin Alsop im Video.

Entstanden ist "Global Ode To Joy", das am 3. Dezember im Stream der Carnegie Hall in New York zu sehen war. Zu den Partnern der digitalen Version zählt auch die BTHVN-Jubiläumsgesellschaft. Der Geiger Daniel Hope, der seit März Präsident des Beethovenhauses in Bonn ist, präsentierte im selben Stream den neuen digitalen Rundgang durch das Museum mit Sonderausstellung zu Beethoven.

Das finale Video mit der globalen "Ode an die Freude", gespielt vom österreichischen Radiosinfonieorchester und gesungen von 1000 Sängern an den Bildschirmen wird bei Google Arts & Culture am 16.12. zu sehen sein,  "In diesem Moment, diesen unruhigen Zeiten, die wir gerade haben, in denen wir isoliert sind, gibt es trotzdem Leute, die freundlich ihre Arbeit machen und helfen", sagt Marin Alsop im Video. "Ich glaube, dass Beethoven begeistert wäre, dass seine "Ode an die Freude" eine Botschaft ist, die uns durch diese schwierige Zeit trägt."

Die Deutsche Welle bringt am 17.12. einen Thementag zu Ludwig van Beethovens 250. Geburtstag. Der Thementag ist im Media Center der DW über Live TV von 9 Uhr (MEZ) morgens am 17.12.2020 bis 9 Uhr (MEZ) morgens am 18.12. zu sehen. Am 17.12. um 20 Uhr 15 MEZ wird live das BTHVN-Jubiläumskonzert mit Daniel Barenboim und dem West-Eastern Divan Orchestra übertragen, mit einem Grußwort des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Alle Inhalte können Sie auch auf dem DW Youtube-Kanal verfolgen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen