Bedrohte Natur in Deutschland
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat die bisher umfassendste Bestandsaufnahme zu Tierarten und Lebensräumen in Deutschland vorgestellt. Fast ein Drittel ist bedroht.
Lebensraum in Gefahr
Rund 48.000 Tier- und 24.000 Pflanzen- und Pilzarten gibt es derzeit in Deutschland. Dass sich knapp ein Drittel davon in einem besorgniserregenden Zustand befindet, zeigt nun eine Analyse des Bundesumweltministeriums. In fast 12.000 Stichproben hat das Ministerium Fauna und Flora von den Bergen bis zur Küste analysiert - mit teils ernüchternden Ergebnissen.
Sumpfohreule
Die Erhebung geht unter anderem auf eine EU-Richtlinie zum Vogelschutz zurück. Mehr als 270 Arten gibt es in Deutschland. Schätzungen zufolge gehen die Bestände bei einem Drittel der Brutvögel zurück. Besonders schlecht sieht es für die Sumpfohreule aus. Sie ist in Deutschland vom Aussterben bedroht und steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.
Apollofalter
Besonders kritisch ist die Situation für Lebewesen in Süßgewässern und Mooren. Dort leben viele Schmetterlinge, wie der Apollofalter. Auch er steht auf der Roten Liste, die die International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) herausgibt. In Deutschland gilt das "Tier des Jahres 1995" als vom Aussterben bedroht.
Rotbauchunke
Die gefährdete Kröte lebt ebenfalls in Mooren und Feuchtgebieten. Die Rotbauchunke, zu erkennen an ihrem rot gefärbten Bauch, kommt hierzulande fast nur noch in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vor. Gefährdet ist sie vor allem durch Entwässerungen großer Flächen, Flussbegradigungen und Deichbau. Die Rotbauchunke steht auf der Roten Liste.
Feldhamster
Der Feldbewohner leidet besonders unter dem Einfluss der Menschen. Sein natürliches Verbreitungsgebiet geht durch industrielle Feldbewirtschaftung immer weiter zurück. Noch bis 1980 war er in Teilen der damaligen DDR so häufig, dass Prämien auf gefangene Tiere ausgesetzt wurden. Heute gehört der Feldhamster zu den geschützten Arten und wird in speziellen Programmen gezüchtet und ausgewildert.
Kleine Hufeisennase
Auch die kleinste Fledermausart Europas steht auf der Roten Liste. Sie kam in Deutschland einst häufig vor, seit Mitte des 20. Jahrhunderts gehen ihre Bestände aber drastisch zurück. 2007 sorgte das Tier für einen dreimonatigen Baustopp der Waldschlößchenbrücke in Dresden. Heute dürfen Autos dort während der Flugzeit der Fledermäuse höchstens mit 30 Kilometern pro Stunde fahren.
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
Doch warum sind so viele Arten vom Aussterben bedroht? Große Gefahren sind dem Bericht zufolge der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und die Überdüngung der Böden und Gewässer. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert deshalb eine Nachbesserung bei der Düngerverordnung und eine Verringerung des Pestizideinsatzes.
Flächenverbrauch führt zu Problemen
Generell sorgen eine intensive Landwirtschaft und der damit verbundene hohe Flächenverbrauch für große Probleme. Zum einen verlieren viele Tiere dadurch ihren natürlichen Lebensraum. Zum anderen zerschneiden neue Siedlungen, industrielle Landwirtschaftsflächen und Verkehrswege Lebensräume wie Wälder, Wiesen und Felder.
Buchenwälder als Lebensraum
Es gibt auch Positives zu berichten: Buchenwälder, wie der Hainich im Nordwesten Thüringens, der zum Teil ein Weltnaturerbe ist, sind wichtige Lebensräume für Wildtiere wie Wolf, Biber und Luchs. Vielerorts bewertet die Erhebung des Umweltministeriums den Zustand der Buchenwälder in Deutschland als gut. Das ist mit ein Grund dafür, dass sich manche Wildtiere dort in ihren Beständen erholen.
Luchs
Auch die größte Raubkatze Europas steht für positive Entwicklungen. Vor 150 Jahren war sie in Deutschland ausgerottet. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es nach Wiederbesiedlungsmaßnahmen wieder einige der Tiere in Deutschland. Im Harz und im Bayerischen Wald sind es rund 40. Offiziell gilt die Art nicht als vom Aussterben bedroht, noch ist der Luchs aber nicht gerettet.
Kegelrobbe
Ihr geht es noch besser als dem Luchs. In der Ostsee wurde sie einst beinahe ausgerottet, da die Fischer sie als direkte Konkurrenz ansahen. Zu Beginn der Achtzigerjahre war ihr Bestand im gesamten Binnenmeer von rund 100.000 auf 2500 geschrumpft. Mittlerweile hat sich der Bestand auf mehr als 24.000 Tiere erholt. Auch an der Küste trifft man nun wieder auf größere Gruppen der Robben.