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Bahn-Streik wie geplant ab Sonntagabend

12. Mai 2023

Bis in die Nacht wurde noch mal gerungen, doch die Deutsche Bahn kann den angekündigten Warnstreik auf der Schiene nicht verhindern. Ein Ultimatum bis Freitagmittag ließ sie nun ohne weiteres Angebot verstreichen.

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Vergebliches Warten auf den Zug: Eine Frau steht am Berliner Hauptbahnhof am Bahnsteig.
Vergebliches Warten auf den Zug: Eine Frau steht am Berliner Hauptbahnhof am Bahnsteig.Bild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hält an ihrem geplanten 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene ab Sonntagabend fest. Das teilte die Gewerkschaft am Freitag mit. Damit sind die Beschäftigten weiterhin aufgerufen, von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, die Arbeit niederzulegen und so den Bahnbetrieb lahmzulegen. Die Deutsche Bahn (DB) hatte bereits am Donnerstag angekündigt, dass im Streikfall für diesen Zeitraum der komplette Fernverkehr eingestellt werde, auch die Regionalzüge werden voraussichtlich fast alle ausfallen.

Auch bei DB Regio wird demnach kaum ein Zug fahren. Zum Warnstreik sind auch die sogenannten Fahrdienstleiter aufgerufen, die den täglichen Bahnverkehr auf dem gesamten deutschen Schienennetz koordinieren. Deshalb sind Bahn-Unternehmen betroffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind. Auch der Güterverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen.

Auch Güterverkehr wäre betroffen

Aus Sicht der Deutschen Bahn (DB) gibt es keinen Grund für den Warnstreik. "In intensiven Gesprächen bis zum späten Donnerstagabend" habe man der EVG zugesagt, ihrer vor Monaten erhobene Forderung nach einer Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns nachzukommen, teilte der Konzern gegen Mitternacht mit. Etwa 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen den Mindestlohn bislang nur über Zulagen. Insgesamt verhandelt die EVG für 180 000 Beschäftigte bei der DB und weitere 50 000 bei weiteren Bahn-Unternehmen. "Wir haben die Forderung zum Mindestlohn erfüllt, jetzt steht die EVG im Wort", hob DB-Personalvorstand Martin Seiler hervor. "Die EVG muss nun ihre Zusage einhalten und den 50-stündigen Warnstreik absagen." EVG-Verhandlungsführer Loroch sprach von einem "Scheinangebot" der Bahn. "Der Arbeitgeber hat am Ende nach langwierigen Gesprächen eine Lösungsoption auf den Tisch gelegt, die für uns diskussionswürdig war. Nachdem wir angefangen haben, diese zu diskutieren, hat er dann einen Rückzieher gemacht." 

Die Güter-Konkurrenten forderten die Deutsche Bahn auf, einen Notbetrieb zu organisieren. "Die nicht im Tarifkonflikt stehenden Unternehmen dürfen weder vorsätzlich noch fahrlässig indirekt geschädigt werden", heißt es in einem Schreiben des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen an die Bahn-Infrastruktursparte DB Netz. Grundsätzlich sei angesichts eines zweitägigen Warnstreiks auf der Schiene aber nicht zu erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in die Knie gezwungen werde, heißt es vom Güterbahn-Verband. Zwar gebe es Industriezweige, die zeitkritisch kalkulierten wie die Auto- oder die Mineralölindustrie. Doch auch dort dauere der Warnstreik für ernsthafte Auswirkungen nicht lang genug.

Warten auf die Forderung der Lokführer-Gewerkschaft

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, hält es für unnötig, dass die Bahn den Fernverkehr für 50 Stunden einstellt. "Die EVG ist bei der Netztochter DB Netz nicht so stark organisiert, dass die Deutsche Bahn gezwungen wäre, den Schienenverkehr einzustellen", sagte Weselsky dem Nachrichtenportal The Pioneer (Freitag). Die kleinere GDL rivalisiert im Bahn-Konzern mit der EVG um Mitglieder und Einfluss. Weselsky sagte: "Ich bin mir sicher, dass es keinen Abschluss geben wird, bevor wir unsere Forderungen aufgestellt haben." 

Die GDL verhandelt neue Tarifverträge für die bei ihr organisierten Lokomotivführer und das Zugpersonal ab Spätsommer. Am 5. Juni will die GDL ihre Forderungen offiziell verkünden. Ungeachtet wiederholter Warnstreiks hält das Interesse am Deutschlandticket an. Knapp ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger will es einer Umfrage zufolge im Laufe dieses Jahres kaufen. Unter den 14- bis 29-Jährigen wolle sogar knapp die Hälfte (49 Prozent) das Ticket erwerben, wie aus einer Befragung der Verbraucherzentrale hervorging, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Allerdings finden demnach auch 30 Prozent aller Befragten das Ticket zu teuer.

Für 49 Euro im Monat erlaubt es, bundesweit den Nah- und Regionalverkehr zu nutzen. "Wir brauchen ein günstigeres Angebot für Menschen mit geringem Einkommen. Es muss eine soziale Staffelung geben", sagte Ramona Pop, Vorständin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, der dpa. "Das Deutschlandticket muss auch für Familien attraktiv sein. Es muss ein übertragbares Familienticket angeboten und die kostenfreie Kindermitnahme bis 14 Jahre bundesweit geregelt werden." Nach Branchenangaben haben inzwischen rund sieben Millionen Menschen ein Abo für das neue Deutschlandticket abgeschlossen. Darunter sind etwa zwei Millionen Menschen, die vor der Einführung noch kein Abo für den öffentlichen Personenverkehr hatten.

hb/nm (dpa)