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KonflikteUkraine

Baerbock: Ukrainische Drohnenangriffe sind legitim

Veröffentlicht 22. August 2023Zuletzt aktualisiert 22. August 2023

Außenministerin Baerbock hält mutmaßlich ukrainische Drohnenangriffe auf Moskau für legitim. Athen will ukrainische Piloten ausbilden und Putin bekräftigt seine Kritik am Getreideabkommen mit der Ukraine. Ein Überblick.

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Annalena Baerbock und Margus Tsahkna geben sich die Hand
Estlands Außenminister Margus Tsahkna und seine deutsche Kollegin Annalena Baerbock in Berlin Bild: TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images

Das Wichtigste in Kürze:

  • Baerbock verteidigt ukranische Drohnenangriffe
  • Balkanstaaten unterzeichnen Erklärung zur Unterstützung der Ukraine
  • Griechenland will ukrainische F-16-Piloten ausbilden
  • USA verkaufen für 2,5 Milliarden Dollar Hubschrauber nach Polen
  • Putin erneuert bei BRICS-Gipfel Kritik an Getreideabkommen

 

Deutschland und Estland halten die mittlerweile regelmäßigen mutmaßlich ukrainischen Drohnenangriffe auf die russische Hauptstadt Moskau für legitim. Russland habe die Ukraine angegriffen, und die Ukraine verteidige sich "im Rahmen des internationalen Rechts", sagte Bundesaußenministern Annalena Baerbock in Berlin vor Journalisten auf die Frage nach ihrer Einschätzung der Drohnenangriffe. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Außenminister Estlands, Margus Tsahkna, betonte dieser, Russland trage die Verantwortung für alles, was in der Ukraine geschehe.

Drohnen werden mittlerweile fast täglich über der russischen Hauptstadt gesichtet. Die Regierung in Kiew äußert sich aber nicht zu der Frage, ob es sich dabei um ukrainische Angriffe handelt.

Ukrainische Drohnen abgeschossen

Die russische Luftabwehr hat am frühen Dienstagmorgen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau vier ukrainische Drohnen abgewehrt. Zwei Drohnen seien über der Region Moskau zerstört worden, zwei weitere seien über der Grenzregion Brjansk im Südwesten des Landes abgestürzt, teilte das Ministerium bei Telegram mit. Es habe keine Toten oder Verletzten gegeben.Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Zuvor war der Flugbetrieb an allen drei Moskauer Flughäfen laut Tass in der Nacht vorübergehend ausgesetzt oder verzögert worden. Die Airports Domodedowo und Scheremetjewo nahmen nach einer kurzen Unterbrechung den Flugverkehr wieder auf. Wnukowo blieb vorerst noch geschlossen. 

Balkanstaaten unterzeichnen Erklärung zur Unterstützung der Ukraine

Die Staats- und Regierungschefs von elf Ländern der Balkanregion und Osteuropas haben ihre "unerschütterliche Unterstützung" für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt. Bei einem informellen Treffen in der griechischen Hauptstadt Athen unterzeichneten sie im Beisein des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine entsprechende Erklärung.

Griechenland, Athen | Ukraine - Griechenland - Balkan Treffen
Familienbild mit den Regierungsvertretern Bild: Stelios Misinas/REUTERS

Zu den Unterzeichnern der Athener Erklärung gehörten neben Selenskyj die Staats- und Regierungschefs von Serbien, Moldau, Montenegro, Rumänien, dem Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Bulgarien und Kroatien sowie der Gastgeber Griechenland. An dem Treffen nahmen auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel teil. 

Die elf Staaten bekräftigen zudem ihre "Unterstützung und Wertschätzung für die ernsthaften Bemühungen des ukrainischen Präsidenten", Grundsätze für einen möglichen Frieden "im Einklang mit der UN-Charta festzulegen". Sie bezogen sich dabei auf die von Selenskyj ausgearbeitete "Friedensfformel", die einen kompletten Abzug russischer Truppen aus der Ukraine fordert.

Athen bietet F-16-Training an

Bei seinem Besuch in Athen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von Premierminister Kyriakos Mitsotakis das Angebot erhalten, dass ukrainische Soldaten in Griechenland als F-16-Piloten ausgebildet werden könnten. Selenskyj bedankte sich und sagte, er nehme es gerne an. "Wir brauchen die Unterstützung Griechenlands bei der Vorbereitung unserer Piloten für die Flieger F-16", sagte er nach einem Gespräch mit Mitsotakis.

Griechenland, Athen | Selenskyj trifft Mitsotakis
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Mitte links) und der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis (Mitte rechts)Bild: Thanassis Stavrakis/AP/picture alliance

Der größte Teil der griechischen Luftwaffe besteht aus F-16-Jets, die Piloten gelten als äußerst erfahren. Erst am Sonntag hatten Dänemark und die Niederlande der Ukraine zugesagt, Dutzende F-16-Kampfflugzeuge für den Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer zu liefern. Voraussetzung ist aber, dass die Ausbildung ukrainischer Piloten abgeschlossen ist.

Selenskyj war kurzfristig zu einem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs von Balkan- und osteuropäischen Ländern nach Athen gereist. Er verwies im Beisein von Mitsotakis auch auf das griechische Versprechen, die ukrainische Hafenstadt Odessa wieder aufzubauen. Das hatte Griechenland zugesagt, weil in Odessa viele Ukrainer griechischer Herkunft leben.

96 Apache-Hubschrauber für Polen

Das US-Außenministerium hat dem Verkauf von Militärhubschraubern an Polen zugestimmt, mit denen das EU- und NATO-Land seine Armee verstärken will. Die geschätzten Kosten für die 96 Helikopter des Herstellers Boeing und die dazugehörige Ausrüstung beliefen sich auf 12 Milliarden US-Dollar (rund 11 Milliarden Euro), teilte die zuständige US-Behörde, die Defense Security Cooperation Agency, mit.

Polen, Kielce | US-Apache Kampfhubschrauber
US-Soldat beobachtet polnische Kollegen auf einem Apache-Kampfhubschrauber bei einer Waffenschau in Kielce, Polen (Archiv)Bild: Janek Skarzynski/AFP/Getty Images

Das Rüstungsgeschäft werde die Sicherheit des NATO-Verbündeten verbessern und Polens Fähigkeit erhöhen, gegenwärtigen und künftigen Bedrohungen zu begegnen, hieß es in der Mitteilung. Warschau hatte den Kauf der Kampfhubschrauber vergangenes Jahr bei den USA beantragt.

Polen fühlt sich von Russland bedroht und rüstet massiv auf. In diesem Jahr will es vier Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Die NATO hatte sich in Friedenszeiten ein Ziel von zwei Prozent gesetzt.

Ranghoher russischer General Surowikin abgesetzt?

Zwei Monate nach dem Aufstand der Söldnertruppe Wagner ist der Chef der russischen Luft- und Raumfahrttruppen, General Sergej Surowikin, laut Medien seines Amtes enthoben worden. Surowikin werde abgesetzt, bleibe aber unter der Verfügungsgewalt des Verteidigungsministeriums, schrieb der Ex-Chefredakteur des aufgelösten liberalen Radiosenders Echo Moskwy, Alexej Wenediktow, auf seinem Telegram-Kanal unter Berufung auf einen offiziellen Erlass.

Der Erlass selbst wurde zunächst nicht veröffentlicht, allerdings berichteten auch mehrere nationalistische russische Militärblogs über die Ablösung Surowikins. Surowikin war von Oktober 2022 bis Januar 2023 Oberbefehlshaber der russischen Einheiten in der Ukraine. Im Herbst befahl er den Rückzug der Besatzungstruppen aus der südukrainischen Großstadt Cherson. Zugleich galt Surowikin als einer der wichtigsten Verbündeten von Söldnerchef Jewgeni Prigoschin in der regulären russischen Armee bei dessen Machtkampf mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow.

Moskau Befehlshaber der Luft- und Raumfahrtstreitkräfte Sergej Surowikin
Der Befehlshaber der Luft- und Raumfahrtstreitkräfte, Sergej Surowikin, musste laut Medien seinen Posten räumen (Archivbild)Bild: Sergei Bobylev/Tass/dpa/picture alliance

Putin erneuert bei BRICS-Gipfel Kritik an Getreideabkommen

Russlands Präsident Wladimir Putin hat das Aufkündigen des Getreideabkommens mit der Ukraine erneut mit scharfer Kritik am Westen und an Kiew gerechtfertigt. Keine der vertraglich festgehaltenen Bedingungen zur Erleichterung des Exports von russischem Getreide und Dünger sei erfüllt worden, klagte der Kremlchef bei einer per Video übertragenen Rede auf dem Gipfeltreffen der BRICS-Staaten in Südafrika. Moskau werde die Blockade ukrainischer Häfen erst dann wieder aufheben und zum Abkommen zurückkehren, wenn alle russischen Forderungen erfüllt seien, so Putin.

Mit Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine vor 18 Monaten hatte Russland auch eine Seeblockade gegenüber den Häfen des Nachbarlands verhängt. Da die Ukraine ein wichtiger Getreideexporteur ist, wuchs international die Sorge vor einer Lebensmittelkrise. Im Sommer 2022 beendete das unter Vermittlung der UN und der Türkei geschlossene Getreideabkommen die Blockade. Mehrfach wurde das ursprünglich für vier Monate geschlossene Abkommen verlängert. Im Juli lehnte Russland allerdings eine weitere Verlängerung ab.

Ukraine greift Ziele in Russland an 

Die Ukraine hat erneut Ziele tief auf russischem Staatsgebiet getroffen. Bei einem Angriff auf einen Militärflugplatz ist nach britischer Einschätzung ein Langstreckenbomber zerstört worden. Es habe sich um eine Maschine vom Typ Tupolew gehandelt, die ungenaue Marschflugkörper auf ukrainische Ziele abfeuern würde, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. In der Ukraine wiederum ist die Stadt Saporischschja laut Medienberichten in der Nacht mit Shahed-Drohnen angegriffen worden.

Russland meldet Zerstörung ukrainischer Schiffe

Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau erneut ein ukrainisches Boot im Schwarzen Meer zerstört. "Am 22. August gegen 11.00 Uhr Moskauer Zeit hat ein russisches Armeeflugzeug östlich der Schlangeninsel ein Willard Sea Force-Schnellboot aus US-amerikanischer Produktion mit einer ukrainischen Landetruppe an Bord zerstört", teilte das russische Verteidigungsministerium mit. 

Wenige Stunden zuvor hatte Moskau bereits die Zerstörung eines ukrainischen Aufklärungsboots nahe einer russischen Gas-Förderanlage im Schwarzen Meer gemeldet, ohne Einzelheiten zu nennen. Aus der Ukraine gab es zunächst keine Stellungnahme.

Angriffe beider Seiten haben im Schwarzen Meer zugenommen, seit Russland aus einem Abkommen ausgestiegen ist, das den sicheren Export von ukrainischem Getreide über Schwarzmeer-Häfen ermöglicht hatte. 

Jugendliche als Drohnenpiloten

Russische Jugendliche sollen ab dem im September beginnenden Schuljahr die Steuerung von Drohnen lernen. Ein vom Bildungsministerium veröffentlichter Lehrplan sieht vor, Schülern beizubringen, wie Drohnen militärisch eingesetzt werden und die Steuerung auch selbst praktisch zu üben.

Ausbilder erklärt einer jungen Frau am Computer das Steuern von Drohnen
Drohnen-Ausbildung in der russischen Hauptstadt Moskau (22.03.2023)Bild: Anton Denisov/SNA/IMAGO

Den Angaben zufolge soll es auch darum gehen, gegnerische Drohnen abzuwehren. Der Drohnenkurs richtet sich den Angaben zufolge an Schüler im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Er ist Teil des wiedereingeführten Militärunterrichts nach sowjetischem Vorbild an russischen Schulen ab dem Schuljahr 2023/2024. Der Militärunterricht beinhaltet demnach auch ein Modul für Kalaschnikow-Gewehre und Handgranaten.

ProAsyl: Schutzstatus für Kriegsflüchtlinge verlängern

Die rund vier Millionen ukrainischen Kriegsflüchtlinge in der Europäischen Union sollten nach Meinung von Experten weiter besonderen Schutz genießen. "Die EU-Innenminister und -Innenministerinnen müssen diese Entscheidung nun möglichst schnell offiziell treffen, damit die Menschen mehr Sicherheit haben und die Behörden sich entsprechend vorbereiten können", teilte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl der "Neuen Osnabrücker Zeitung" mit.

Auch Engelhard Mazanke, Chef von Deutschlands größter Ausländerbehörde in Berlin, fordert einen schnellen Entschluss. Seine Behörde brauche eine verbindliche Lösung, wie es nach Auslaufen der aktuellen Regelung am 4. März 2024 weitergehe. "Die hier lebenden Ukrainer wollen das jetzt wissen", sagte er der Zeitung. "Das ist auch nachvollziehbar, weil sie beispielsweise für einen Wohnberechtigungsschein eine Aufenthaltserlaubnis von einem Jahr brauchen."

Helmut Dedy
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen StädtetagsBild: Hendrik Schmidt/dpa/picture alliance

Ähnlich äußerte sich der Deutsche Städtetag. "Die Städte brauchen schnell die Sicherheit, dass die Verlängerung der EU-Massenzustromrichtlinie kommt und Rechtssicherheit über den Aufenthaltsstatus der Geflüchteten aus der Ukraine schafft", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Weiter forderte er eine automatische Anpassung der Geldzuschüsse an die steigenden Flüchtlingszahlen sowie eine dauerhafte Finanzierung der Integrationskosten. Nach der Ministerpräsidentenkonferenz im November müsse Schluss damit sein, "dass wir uns […] immer von einer temporären Lösung zur nächsten hangeln", forderte der Städtetagschef.

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine aktivierte die Europäische Union die sogenannte "Richtlinie zum vorübergehenden Schutz". Diese Verordnung sorgt dafür, dass Menschen im Falle einer großen Fluchtbewegung jenseits eines Asylverfahrens schnell und unbürokratisch einen Aufenthaltstitel erhalten. Zweimal wurde die Richtlinie bereits automatisch um je sechs Monate verlängert und gilt nun bis 4. März. Eine dritte Verlängerung sieht die Richtlinie nicht vor. Die EU-Innenminister müssen auf Vorschlag der EU-Kommission darüber abstimmen.

as/uh/se/kle/mak/wa (dpa, kna, afp, rtr)